Geburtshilfe


Stethoskope (2)

"Antikes" DeLEE 

Mit dem Stethoskop nach Joseph Bolivar DELEE (1869-1942) können die fetalen HT ab der 18. SSW gehört werden, sowohl vom Arzt als auch von der Patientin selber oder dem Ehemann. Auch der Miterfinder David S. HILLIS (1873–1942) war amerikanischer Frauenarzt und Geburtshelfer.

 

1895 eröffnete DELEE in Chicago ein Entbindungszentrum für Arme, das „Chicago Lying in Dispensary“. Ihm folgte 1910 ein Zentrum, in dem er Geburtshelfer ausbildete, das „Chicago Lying in Hospital“. Von 1896 bis 1929 lehrte er an der “North Western University Medical School”. Als diese der ortlichen Universität einverleibt wurde, lehrte DELEE als Professor der Universität weiter (1929-34).


DeLee gilt vielen modernen Frauen als "Meister der sadomasochistischen Sprache" in der Geburtsmedizin:

"Die Wehen wurden, und von vielen wird dieser Glaube immer noch geteilt, als eine normale Funktion angesehen. Es trifft sowohl Ärzte als auch Laien und kommt ihnen bizarr vor, die Wehen als abnormale Funktion, als Krankheit anzusehen, und dennoch ist es entschieden ein pathologischer Prozeß. Natürlich hängt alles davon ab, was wir als normal bezeichnen. Wenn eine Frau in eine Heugabel hineinfällt, und ihr Perineum damit durchbohrt, dann nennen wir das pathologisch-abnormal, aber wenn ein großes Baby durch den Beckenboden gepreßt wird, dann sagen wir, daß das natürlich sei, und deshalb normal ist. Wenn ein Baby sich seinen Kopf sehr leicht anstößt, aber fest genug, um Blutungen im Gehirn hervorzurufen, würden wir entschieden feststellen, daß das pathologisch ist, aber wenn der Kopf eines Babys gegen einen straffen Beckenboden gequetscht wird, und eine Blutung im Gehirn tötet es, dann nennen wir das normal ... In beiden Fällen ist die Ursache des Schadens auch krankheitsverursachend, sowohl im Fall der Heugabel, und des Zusammenstosses mit der Tür ...".


Dann geht er vom Landleben zum Angeln über:

"…Ich habe mich oft gefragt, ob die Natur nicht vorsätzlich beabsichtigt, daß Frauen im Prozeß der Vermehrung aufgebraucht werden, auf eine Art und Weise analog zu den Lachsen, die nach dem Laichen sterben?"




 

Geburtshilfe


Stethoskope (3)

"Series 10" von ALLEN 

Eine Weiterentwicklung des von der Fa. Miltex in den USA hergestellten DeLEE-HILLIS-Stethoskops (Neuanschaffungspreis 145 US-Dollars) ist das preiswertere „SERIES 10 by ALLEN“, mit stirngestütztem Rohr (Neuanschaffungspreis 90 US-Dollars).

"The use of fetoscopes is a time honored method for evaluating fetal heart tones during pregnancy, labor and birth. Fetoscopes are non-invasive and provide all the information needed for the care of low-risk women. With a skilled ear, variations in babies' heart rates can be ascertained, even through contractions. Fetoscopes come in many varieties, giving the birth attendant choice in style, price and acoustics. Pinard Horns are beautifully crafted, and lend personality and intimacy to the process of listening to baby in utero. The Allen Series 10 is a professional style fetoscope with clear acoustics, making labor monitoring easier. (The unique Leff fetoscope has the best acoustics of all, but very heavy and must be warmed for the mother's comfort). When used with knowledge and understanding of fetal heart tones, any of the fetoscope styles are more than adequate for monitoring the baby in utero. The Series 10 Fetal Stethoscope is an outstanding, sensitive stethoscope with great acoustics that sets the standard for professional use fetoscopes. It features adjustable, 6", Y-shaped binaural tubes. This lightweight, compact fetoscope is made in the USA with high-quality materials and is backed by a five year warranty. Latex-free.
It is a unique, lightweight, compact unit with adjustable binaural tubes and no cumbersome head strap. Available with tube length of 12" overall only. All instruments carry a five year warranty and are completely U.S. made. All instruments are assembled in the Newport Beach, Ca. facility. Just talked to the company and it turns out it is a family business, talked to the wife of the inventor and owner of the business. That is neat."

Quelle:
www.1cascade.com/professional_products/fetal_stethoscopes_fetoscopes_fetascopes/allen/
www.birthwithlove.com/categories/itempage.asp?prodid=ALLEN+Series+10+Fetal+Stethoscope




Geburtshilfe


Storch als Kinderbringer

 

Kinder kamen aus dem Wasser, aus einer abgelegenen oder in einem Wald verborgenen Quelle, die man durchaus kannte, aus einem sehr tiefen Brunnen, der "mit dem Schoss der Erde" verbunden war. Im Norden und Osten Frankreichs und eigentlich in ganz West- und Mitteleuropa kannte man bis zur Jahrhundertwende solche Kinderquellen und Brunnen:

- der Kinderbrunnen im Strassburger Münster, der eine Verbindung zu einem grossen unteridischen See bildet, in dem Kinder "gemacht" wurden,

 

-   der Titisee bei Freiburg, von dem alle Kinder der Umgebung her kamen.

 

 

-   als "Kindlesbrunnen" galt auch der Schlossbrunnen auf Schloss Hellenstein in Heidesheim in der Schwäbischen Alb. Dort besorgte sich der Storch die kleinen Kinder: diese Vorstellungen führen (zit. de la Fontaine S.142) zurück auf den himmlischen Brunnen oder Garten der Mondgöttin, in deren freundlicher Gesellschaft die Seelen der noch nicht geborenen Kinder sich aufhalten. Von dort brachten der Storch, die Krähe oder der Schwan die Kinder und ließen sie durch den Kamin der Mutter ins Bett fallen.

 

 

 -  dass Hebammen kleine Kinder aus einem Brunnen fischten — oft bei sich daheim im Keller — kommt in alten Sagen vor. In Zirl bei Innsbruck warf eine Hebamme in einer solchen Erzählung die Kleinen dem Pfarrer zu, der sie auffing und in seinem Keller behielt, bis sie dort abgeholt wurden. Und in Rankweil kamen die jungen Paare und durften, wenn sie sich „in frommer Absicht dem Brunnen näherten“, daraus ein Kindlein empfangen.

   Lit.: https://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/vorarlberg/bregenzerwald/klausenstein.htm

  

 

-   Am verbreitesten in Mitteleuropa dürfte der Glaube sein, dass der Storch die kleinen Kinder bringt. Warum gerade dieser stelzige Vogel? Vielerorts begrüsst man den Storch als Frühjahrsboten*; der erste Storch, den man im Frühjahr fliegend sah, bedeutete Glück. Möglicherweise machte der Volksglaube eine Assoziation zwischen dem Lebensbeginne in der Natur und dem Beginn eines neuen Menschenlebens und wählte darum gerade diesen Vogel als Symbol aus für die Geburt. *Ciconia alba, der Weisse Storch verbringt die Wintermonate in den warmen Zonen, in Griechenland, Arabien, im Sinaigebirge, in Ägypten, vor allem aber in Afrika, wo er bis zum Kap der Guten Hoffnung fliegt, in der Hoffnung, hier einen reichgedeckten Tisch zu finden. Den Winter aber verbringt der Vogel an den Ufern des Rheines. In Norddeutschland erscheint er etwa Mitte März und weilt hier etwa bis Mitte August.

 

 

-   Bei zahlreichen Völkern genossen Störche hohes Ansehen, weil sich diese Zugvögel besonders liebevoll um ihren Nachwuchs kümmern - eine der vielen Ursachen, warum man den Storch mit dem Kindersegen in Verbindung brachte. Auch die lebenslange Treue der Storchenpaare prädestinierte sie als Sinnbilder von familiärem Glück.

 

 

 -   Noch 1958 wurde folgende Version erzählt: "Man muss abends Zucker auf die Fensterbank streuen, denn wenn morgens der Klapperstorch seine Runde fliegt, sieht er genau, welche Familien sich ein Baby und ein Geschwisterlein wünschen. Ich bin nicht müde geworden, Wochen und Monate Zucker zu streuen und morgens zu sehen, dass der Zucker weg war. Wenn es mir denn mal wieder zu lange dauerte, sagten meine Eltern: ,,Im Moment hat der Klapperstorch viel zu tun, aber er vergisst uns bestimmt nicht".

 

 

-   Der Legende nach soll er die Kinder aus einem Brunnen holen und anschliessend die Mutter ins Bein beissen, damit sie ins Bett muss, in welches er dann das Kind legt. Im Lande Brandenburg beisst der Storch die Schwangere ins Bein und macht so aus dem tierischen Wesen, welches sie am Tragen ist, einen Menschen: eine elegante Art, den Übergang vom animalischen Stadium des Embryos zum Stadium des Homo sapiens zu beschreiben.

 

 

-   Dass Kinder aus einem "Kasärestack" geboren werden, ist auch heute noch vielfach der Fall: jeder Luxemburger kennt den etwas derben Vergleich "ën Oosch ëwéi ë Kasärestack", wenn von einem besonders dicken Hintern die Rede geht..... Ich frage mich, ob sich nicht auch hinter dem berühmten "Kaabeskapp" ganz simpel das Symbol eines Frauengesässes verbirgt. Glichen nicht die unzähligen Lagen von übereinander getragenen Röcken und Unterröcken unserer Urahninnen (Unterhosen kannte man nicht) den übereinandergeschichteten Blättern des Kohlkopfes?. Auch die elsässisch-lothringische Folklore kannte seit langem die Geschichte vom Klapperstorch, der die Kinder bringt. "La légende considère la cigogne comme un oiseau de bon augure. Dans un vieux recueil de contes de matrones intitulé "les Evangiles des Quenouilles", imprimé à Bruges en 1475, on lit: "Quand une cigogne fait son nyd dessus une cheminée, c'est signe que le seigneur de l'ostel sera riche et vivra longuement". Les antiques croyances admettent que la cigogne protège la maison contre la foudre. C'était une bête sainte et dans certaines villes d'Allemagne, l'arrivée des cigognes, messagères du printemps, était annoncée par une fanfare du gardien de la tour de l'église. La légende va plus loin encore. Elle considère les cigognes comme l'incarnation des âmes des trépassés. En cette qualité d'hommes métamorphosés en bêtes, elles auraient pour mission d'aller chercher au fond des puits l'âme destinée à l'enfant qui vient de naître. Dans toute l'Allemagne du Nord et du Centre, chaque ville avait son puits aux enfants. Strasbourg avait son Kindelsbrunnen. Cette naïve croyance trouve sa source dans la mythologie qui fait de la cigigne, conjointement avec le paon, l'oiseau favori de Junon, déesse des relevailles" (M. Engelhard, Souvenirs d'Alsacen Berger-Levrault, 1890, zit. in/ Chantclair, Revue Artistique et Littéraire N° 241 janvier 1928).

 

-   "Luxemburg, 3. März. Heute wurde im Commandantur Garten ein Storch gesehen, der hierorts ein seltener Vogel ist. Die Ankunft der Störche in unseren Gegenden ist eine sichere Ankündigung des Frühlings" (L.W. vom 5.3.1865).

  

 

-   "In der deutschen Mythologie repräsentiert der Storch die regnerische winterliche Jahreszeit. Aus der Wolke oder dem Winter kommt die junge Sonne, das Heldenkind, heraus; daher der deutsche Kinderglaube, dass die Störche die Kinder aus dem Wasser bringen" (Meyers Konversationslexikon 1909). Nach dem Völkermischen 1870/71 verbreitete sich die Figur des

   "Adebar du guter

   bring mir einen Bruder,

   Adebar du bester,

   bring mir eine Schwester"

-   in den Nachbarregionen; (im Niederdeutschen bezeichnet Adebar/Adebär den Storch, insbesondere den Kinderbringer). Nach dem 2. WK setzte sich diese Art des Kinderbringens bei uns allgemein durch: der Kohl gehörte nun nicht mehr in jeden Garten, viele Eltern und Stadtkinder hatten den Bezug zu Gartenpflanzen verloren, und vielen "bessere Leit" erschien die Geburt im Kabbeskopf als zu vulgär. Hinzu kam, dass der Kohl nun als eine typisch deutsche Küchenpflanze in Verruf geriet. Da kam der edle französische Storch gerade recht: naître à la française. Dabei sah die Wirklichkeit gerade umgekehrt aus: die Deutschen wurden seit jeher vom Storch gebracht, eine Geburt im Kohlkopf war ihnen völlig fremd und wurde als typisch französich empfunden. Im Lothringischen macht man im Übrigen den feinen Unterschied: die Jungen werden im Kohl geboren, die kleinen Mädchen hingegen am Rosenstrauch (ob die grossen Mädchen deshalb so oft Krallen haben?). Wie unpoetisch hört sich dagegen die moderne "Mär" an, die in stadtnahen Ortschaften kursiert, und derzufolge die kleinen Kinder wagenweise per Bahn, auf Bestellung der Hebamme, herbeikommen (Hess, Luxemburger Volkskunde 1929, S. 167).

  

 

-    Manchmal vertut sich der Storch bei seinem Landeanflug bzw. er erleidet eine Bruchlandung, manchmal wächst der Kohl am falschen Ort, so bei dieser Geburt am Wegrand zwischen Hollerich und Bonneweg:   "27.7.1765: Sibilla Hackenspill epternacensis ... affirmavit se praedictam matrem [Catharina Wagner ex beiren patria Trevirensis] circa medium tertia matutinae diei supradictae in via inter Hollerich et Bonamviam in partu reperisse" (AVL LU I 32/53 fol 86v).

  

 

Epilog

Der Storch ist Symbolfigur am Lebensanfang. Auch am Ende der irdischen Tage taucht sein Schatten auf: seit ewigen Zeiten gilt er als Sinnbild der elterlichen Aufopferung für den Nachwuchs - in der Tat ist die Ausdauer der Eltern am Nest bemerkenswert. Es ist nur recht und billig, wenn die Kinder, wenn sie eines Tages gross sind, ihre inzwischen kranken und lahmen Eltern ihrerseits füttern. Dieser Gedanke inspirierte den Gesetzgeber von Athen einst, als er die "lex pelargonia" verfasste (pelargos, der Storch), der die Kinder dazu verpflichtet, im Alter für die Eltern zu sorgen.

  

 

Lit.:

Ed. de la Fontaine, Luxemburger Sitten und Bräuche, Neue Ausgabe, edition Krippler-Muller 1983, S. 142.

Jos. Hess, Luxemburger Volkskunde, Verlag Paul Faber, Grevenmacher 1929.

Karl Mersch, Die Luxemburger Kinderreime, Verl. V. Bück Luxemburg, 1884.

Marcel Simon, Echternach, liebe alte Stadt, in: An der Ucht 1955, S. 153-154.


© 2008 Dr. André Kugener
Kontakt: henri @ kugener.com (Leerzeichen löschen)
 

Geburtshilfe


Storch, Porzellan

Storch 1
 

 

 

Wie kamen die Tiroler Kinder zur Welt?

 

"In Tramin kommen sie aus dem Schmiedbach, aus dem sie die Hebamme birgt und den Eltern bringt. Beim Kloster Säben steht ein Baum. Dahin wandert die Hebamme von Klausen und schüttelt die Kinder herunter. Ebenso steht neben der Etsch bei Bozen ein Baum, von dem die Kinder ins Wasser fallen. Sie schwimmen den Fluß hinunter und werden für die Kurtatscher mit einer Angel herausgefischt. Gilt auch allgemein der Storch als Kinderbringer, so findet man sie im Oberen Gericht in der Quelle hinter der Pfarrkirche von St. Pantaleon zu Ried. Im Pustertal werden sie beim Brunecker Schießstand aus einer hohlen Esche in Empfang genommen. Im Ilmer Moor entdecken weidende Kühe die kleine Kinder und brüllen solange, bis Menschen sie entdecken und nach Hause bringen (..). Den Innsbruckern und Hallern brachte der Tuxer die Kinder aus seinen Wäldern und Bergen" (Fr. Haider, Tiroler Brau im Jahreslauf, Tyrolia-Verlag 1968 S.212-213).

 

 

Exponat

11 cm hohe Porzellanfigur eines Storchen, der ein Wickelkind im Schnabel trägt, keine Herstellerangaben.

Farben, wie sie bei der Fa. Wagner & Apel in Lippelsdorf/Thüringen üblich waren.

Herkunft: Flohmarkt "Hafen" in Innsbruck, 10/2018

Geburtshilfe


Taufspritze / Seringue de baptême

um 1850 

Bei schwierigen Geburten, bei denen das Leben der Kinder in Gefahr war, taufte die Hebamme ab dem 14. Jahrhundert das Kind, indem sie eine Spritze mit Weihwasser in die Scheide einführte, und das Wasser über den vorangehenden Teil des Kindes goß.
Das Reformkonzil von Trier hatte den Hebammen 1310 vorgeschrieben, bei einer Kopfgeburt, die aller Voraussicht nach nicht zu einem glücklichen Ende zu führen war, Wasser über den Kopf des Säuglings zu giessen; wie dies zu geschehen hatte, stand der Hebamme frei. 1480 finden wir erstmals in Brixen in Südtirol eine Nottaufe mittels Spritze: wenn sich abzeichnete, dass das Kind nicht überleben würde, sollte die Hebamme mittels einer mit Weihwasser gefüllten silbernen Taufspritze selbständig die Taufe vornehmen - eine Praxis, die noch nach dem 2. Weltkrieg von einer Hebamme aus dem Pustertal durchgeführt wurde, indem sie Weihwasser abkochte und mit einem Taufklistier in die Scheide der entbindenden Frau spritzte .

1825 gehörten die Taufspritzen zum Inventar jeder Hebammentasche. So lesen wir im "Schlafes Bruder" [Vorarlberger Tageszeitung] vom 19.9.1825:
"Die Zukunft eines schwierigen Berufes: Hebamme
Von Frederic Hellstern
Eschberg, 14.30. Uhr. Nach einstündiger Wanderung erreicht Amelie F. das kleine Dörfchen Eschberg, im tiefsten Vorarlberg. Sie ist 21 Jahre alt und seit vier Jahren vollausgebildete Hebamme. "Es war nie mein Traumberuf, ich bin da irgendwie reingeschlittert.", antwortet sie uns auf die Frage, warum sie sich gerade diesen Beruf ausgesucht hat. Nach kurzen Orientierungsschwierigkeiten tritt die Hebamme schwitzend in das Haus ein, in dem sie das Kind zur Welt bringen soll, schon das Dritte an diesem Tage. Der Hausherr überreicht der schnaufenden Hebamme die 20 Kreuzer, den Lohn, den sie für ihre Dienste erhält. Völlig freudlos und ohne die längst gebotene Eile macht sich die Hebamme an die Arbeit. Stets den Gedanken im Kopf, nach dieser Geburt den Beruf an den Nagel zu hängen und dem Gemeindediener die Kündigung einzureichen. Lustlos ordnet sie auf dem Waschtisch ihr Instrumentarium in der Reihenfolge, wie sie es auf der Hebammenschule gelernt hatte. Die Klistierspritze, daneben die Taufspritze, das Mutterrohr, die Wendungsschlinge, den Katheter und zum Schluss die Nabelschere. Währendessen schreit die werdende Mutter so furchtbar vor Schmerzen, dass sie noch weitab vom Haus zu hören ist. Nach einigen Minuten hält die Hebamme den blutbeklatschten Säugling in den Händen, in dem Wissen, dass dies die letzte Handlung in ihrem Beruf gewesen ist".

Vorgestellt wird ein Modell gemäß François MAURICEAU (Traité des maladies des femmes grosses, Paris 1759).

Lors d'accouchements difficiles la sage-femme jurée était tenue à "ondoyer" l'enfant en danger. Tout juste le baptême à 'eau bénite était autorisé, interdiction d'utiliser l'eau du robinet, la bière, le vin ... D'où infections intrautérines fréquentes, mortelles et pour le femme et pour l'enfant.

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Geburtshilfe


Uteruskatheter n. BOZEMAN

n°191

 

Gelegentlich liessen sich postpartuale Blutungen dadurch stoppen, dass man die Gebärmutterhöhle mit warmem (50°C) oder kaltem (5°C) Wasser ausspülte. Bei Endometris wurden Kreolin- (Wiener med.Wochenschrift 1878), Sublimat- (Wiener med. Wochenschrift 1886) und Ichthyllösungen (wiener med. Wochenschrift 1890) injiziert.

 

ZWEIFEL konnte 1909 experimentell nachweisen, dass wässrige Lösungen in grösserer Menge in der Regel in die Bauchhöhle übertraten, "wenn der Uterus überrascht wird, d.h. wenn das schlaffe Organ durch vorhergehende Manipulationen (Untersuchung, Verschorfung des Karzinoms usw.) nicht zur Kontraktion angeregt wird" (Zbl.f. Gyn 1909 S. 922).

 

 

Der Katheter wurde ausnahmweise benutzt, um - bei nicht sicher totem Kind - das Gehirn nach der Perforation des Kopfes zu zermalmen und es dann mittels 0,5%iger Lysollösung auszuspülen.

 

Exponat

Das  erste Modell unserer Sammlung ist 26 cm lang, Durchmesser 6 mm

Das zweite Modell mißt 36 cm Länge: es gab ihn in drei Kalibern. Unser Exemplar hat einen Durchmesser von 12 mm. Kompliziertere Sonden hatten nicht nur ein Rücklaufrohr, sondern gleich zwei, um ja einen Überdruck im Uterus - mit der Gefahr einer Lungenembolie - zu vermeiden...

 

 

 

Die Erfinder

Der von niederländischen Emigranten abstammenden SIMS'Schüler Nathan BOZEMAN (1825-1905) praktizierte in New York und tat sich, wie sein Meister, hervor in der Behandlung von Blasenscheidenfisteln. Um 1860 experimentierte er - mit Unterstützung des Prinzen Ernst von Sachsen-Coburg - an der Universität Heidelberg. Mehrfach finden wir seinen Namen in deutschsprachigen Zeitungen als Reisenden um 1875.


Nach Heinrich FRITSCH (1844-1915) ist ein Handgriff benannt, mit dem man puerperale Massenblutungen dadurch lindert, dass man mit der Rechten die Vulva zuhält und mit der Linken den Uterus von aussen ins Becken drückt...


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Uteruskatheter (2) n. BUDIN

 

Bei der Bekämpfung der Nachblutung führte der Geburtshelfer als Erstes eine Kürettage durch und spülte dann die Gebärmutter aus. Auch bei der Sepsis (Wochenbettfieber) wurde die Uterushöhle mehrfach am Tage ausgespült:
"Intra-Uterine Irrigation. This is used only to control haemorrhage after parturition, directly after curettement of the uterus, and for uterine sepsis. To stop uterine haemorrhage the temperature should be as high as can be borne, 125° or 130°. The solution used is physiologic saline or plain sterile water, with every precaution against sepsis taken, and with only a very gentle stream. If the procedure is to be successful it is usually evident inside of ten minutes. In a septic uterus weak antiseptic douches may be used several times a day" (Oliver T. Osborne, Introduction To Materia Medica And Pharmacology, Lea Brothers & Co, 1906).

Pierre Constant BUDIN (1846-1907) entwickelte eine vernickelte Sonde, deren gebogene Form einen ungestörten Abfluss der Spülflüssigkeit gewährleistete, die "Sonde en fer à cheval":
"Le liquide, après avoir pénétré dans l'utérus, peut sortir de la cavité de cet organe en suivant la dépression profonde qui existe le long de la sonde et qui est formée par la courbure interne, la courbure la plus petite du fer à cheval. De la sorte, si pendan l'injection l'utérus vient à se contracter, bien que son orifice interne soit exactement appliqué sur la sonde, il persiste toujoours, même au niveau de l'anneau musculaire qui étreint l'instrument, une ouverture qui permet l'écoulement du liquide. On adapte sur l'extrémité renflée un tube en caoutchouc communiquant avec le vase qui contient le liquide; l'autre extrémoité de la sonde, extrémité fermée, doit être très arrondie: près d'elle existent deux ou trois ouvertures assez larges par lesquelles le liquide pénêtre aisément dans l'utérus"

Ribemont-Dessaignes schreibt 1914 in seinem "Traité d'Obstétrique", dass die Sonde schwer zu reinigen war:
"La sonde Budin a l'inconvénient de ne pouvoir être facilement nettoyée à l'intérieur; plus pratique est la sonde construite sur le même principe par Collin".
Vorgestellt wird eine 26 cm lange "Sonde de BUDIN" aus dem Nachlass des ab 1923 in Diekirch niedergelassenen Arztes Paul HETTO (1890-1973). Das gleiche Instrument im Nachlass von Camille GLAESENER (1887-1952) - offenbar ein "muss".




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Vacuumextractor n. MALMSTRÖM

Vakkumextraktor
 

“In november 1705 i was called to deliver a woman 30 years old, who had 4 days labored in vain to bring forth her first child: the head being too big for the passage, stuck immoveable at os pubis; so that I could neither fasten a crochet, nor draw it out by a cupping-glass fixed to the scalp with air pump” (James Yonge, Philosophical Transactions of the Royal Society of London, 1706) – der Marinechirurg Seiner Majestät James YONGE (1646-1721) aus Plymouth auf Exkurs in die Geburtshilfe.

 

1794 träumte der Arzt Johann Friedrich SAEMANN "Wundarzt und Geburtshelfer zu Reichenbrand bei Chemnitz": "Es träumte mir letzhin, ich sähe eine Luftpumpe zur Geburtshülfe verfertigen, sie war von Messing, eine Viertel Elle in der Länge, im Durchschnitt 1½ Zoll, und hatte einen Ansatz von elastischem Gummi mit Ventils. Ich sähe selbige auch hernach anwenden: man gebrauchte selbige bei einer schweren Kopfgeburt, nachdem man selbige hatte an dem Kopf angepumpt, so konnte man den Kopf des Kindes damit fortziehen, denn durch das Anpumpen und Ziehen bekam der Kopf eine längliche Figur, und die Durchmesser des Kopfs wurden um vieles vermindert, und die Frau wurde ohne Nachtheil, und das Kind ohne Schaden leicht und gut entbunden. Da nun mancher Traum in Erfüllung gegangen, und nützlich geworden, so kann man nicht wissen, ob dieser Traum nicht ebenfalls von Nutzen werden könnte“ (Saemann, Archiv für Geburtshülfe, Frauenzimmer- und neugebohrner Kinderkrankheiten, Jena 1796).

 

1849 erfand James Young SIMPSON (1811-1870) die Saugglocke ein weiteres Mal.

 

1946 entwickelte der Franzose Yves COUZIGOU (1910-1989) den modernen Extraktor, auch wenn er weltweit durch den Schweden MALMSTRÖM verbreitet wurde und daher unrichtigerweise als seine Erfindung angesehen wird.

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Vater auf Urlaub

 

Abschliessend ein Bild, auf dem man - endlich - den Schöpfer der Kinderchen sieht: den fleissigen Vater....




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Vulvaspreizer n. STIEGLITZ (1)

um 1900 

Was ich längere Zeit für einen Spannrahmen hielt, um ein Tuch im Sinne einer "Schimmelbuschmaske aufzuspannen, ist in Wirklichkeit ein Vulvaspreizer - ein früher Stieglitz ...

Die Knöpfe (1.5 cm Durchmesser) stehen 4.5 cm über dem Ring (Mitte Ring bis Mitte Knopf) Durchmesser des Ring-Ovales 10 cm.

Im Gegensatz zu den meisten Spreizern (Gelpi, Friedmann, Plester, Richter, Weitlaner, Wullstein) war dieser völlig atraumatisch.

("Metzer Wunderkiste", um 1900).




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Vulvaspreizer n. STIEGLITZ (2)

 

Bei der Naht von Dammrissen und von Episiotomien benutzten die Ärzte in der Hausgeburtshilfe am liebsten als stillen Diener den Vulvaspreizer (écarteur pubien) nach STIEGLITZ (Katalog Martin S. 529). Ein anderes Instrument ist nach dem gleichen Chirurgen benannt: die Splitterpinzette n. Stieglitz.

Wer aber war dieser STIEGLITZ? Hier eine Liste möglicher Kandidaten:
A. Israel Stieglitz *10.3.1767 zu Arolsen als Sohn israelitischer Eltern; studierte die Heilkunde zu Göttingen, begann 1789 seine praktische Laufbahn in Hannover, wurde 1800 Protestant mit Vorname Johann Georg Ludwig Friedrich, da ohne christliche Taufe eine bürgerliche Karriere nicht möglich gewesen wäre: 1802 Hofmedicus, später erster Leibmedicus, 1832 Obermedicinalrath, Direktor des Obermedizinalkollegiums in Hannover und Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. "Keinem bestimmten der vielen damals en vogue befindlichen Systeme huldigend, war er ein Eklektiker im echten Sinne des Wortes und hielt sich nur an die Thatsachen in der Medizin" (Hirsch). Er starb am 31.10.1840 in Hannover, sein Grab ist auf dem Neustädter Friedhof erhalten.
Er schrieb:

  • Commentatio de morbis venereis larvatis, Göttingen 1789
  • Ueber das Zusammenseyn der Aerzte am Krankenbett und über ihre Verhältnisse unter sich überhaupt, 1798;
  • Versuch einer Prüfung und Verbesserung der jetzt gewöhnlichen Behandlung des Scharlachfiebers«, Hannover 1807;
  • Über den thierischen Magnetismus, Hannover 1814;
  • Pathologische Untersuchungen« 2 Bd. Hannover 1832;
  • Ueber die Homöopathie, Hannover 1835.


B. Johann Werner Anton Stieglitz war 1772 Chirurg in Bergisstübel (?) - eine verlorene Seele.

C. Als Teilnehmer einer Zusammenkunft von Chirurgen in Zuffenhausen im Jahre 1836 finden wir einen gew. STIEGLITZ "aus Esslingen" (Medizinisches Korrespondenzblatt des Württembergischen Ärztlichen Vereins). In Esslingen gibt es heutzutage eine Stieglitzstrasse ...

D. Ein STIEGLITZ publizierte eine Arbeit in: "Zeitschrift für Wundärzte und Geburtshelfer, No. 4, 1869, ref. in Virchows Jahresb".




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Wöchnerinnen-Schüssel

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Bis ins 20. Jahrhundert hinein war es in Deutschland Brauch, dass Nachbarinnen der Wöchnerin in der ersten Zeit täglich eine ordentliche Hühnerbrühe zur Rekonvaleszenz, aber auch Wein oder ein kräftiges Brot. So konnte die junge Mutter zu Kräften kommen, brauchte nicht zu kochen, und auch ihre Familie bekam oft etwas ab. Der Deckel dieser Schüsseln konnte auch als Teller benutzt werden. Diese Besonderheit weist auch unsere Suppenschüssel als Wöchnerinnenschüssel aus.

 

Die Bezeichnung Godenschüssel nimmt darauf Bezug, dass die Wöchnerinnenschüssel meist vom "Göd" oder der "Godl" als den zukünftigen Taufpaten geschenkt wurden.

 

Es ging noch bescheidener:
„Die Wöchnerin wird (..) mit Wecken, Kaffee und Zucker beschenkt. Ein solenner Gottischmaus ist mit diesem Besuch verknüpft. Bevor die Wöchnerin wieder ihre häusliche Arbeit übernimmt, erfolgt der Ausgang (Aussegnung in der Kirche)“ (J. J. Hoffmann, Schapbach und seine Bewohner, in: Alemannia, Zeitschrift für Sprache, Kunst und Altertum, besonders des alemannisch-schwäbischen Gebiets, Bonn 1895).

 

Für die Mutter galt es, nach der Geburt auch das Wochenbett zu überleben und wieder zu Kräften zu kommen. Exzesse gab es während des frühen 17. Jahrhunderts - der Zeit der „Versuche der Protestanten in Tirol einzudringen: „(..) Der Aufwand gewöhnlicher Wöchnerinnen, besonders in Dux, Brandenburg, Zillerthal (und Nachbarschaft) übersteigt alle Begriffe unserer Zeit. Jede derselben bedurfte zum Eßvorrathe während ihres Wochenbettes wenigstens 1 Ztr. ausgesottenes Schmalz, ½ Ztr. Butter, gegen 2000 Eier, 2 bis 3 Sta(a)r Weizen, 1 Fäßlein Traminerwein. Sie aß im Zeitraume eines Tages und einer Nacht 20 bis 28 Mal. Zu einer Speise wurden bei 12 Eier genommen und des Weines so viel mitgetrunken, daß oft die Amme und die Wöchnerin völlig berauscht waren. Die bürgerlichen Wochenfrauen kauften zum obgenannten Speisevorrath noch viel Kapäuner, die adeligen einen halben Zentner Zucker, Spezereien, Mandeln, Rosinen und andere süßliche Leckerkost“ (Neue Tiroler Stimmen, 15. Mai 1876). Fast der gleiche Bericht in: Innsbrucker Zeitung, 10. Sept. 1852)