Pharmazie


Schüttkännchen

Ol-zinci.png
 

 

Unter dem Namen „oleum zinci“ hat der deutsche Dermatologe Oskar LASSAR (1849-1907) im Jahre 1892 eine weiche, weisse Paste angegeben, welche aus einer Mischung von Zinkoxyd und Olivenöl besteht, die sich durch grösseren oder geringeren Gehalt an Zinkoxyd dicker oder flüssiger machen lässt. 

 

Zinköl ist ein Suspension aus Zinkoxid und Olivenöl und wird eingesetzt bei Windeldermatitis und andern Dermatitiden, zum Erweichen von Schuppenkrusten, zur Haut- und Wundbehandlung, beispielsweise bei Ulcus cruris, Ekzemen, Hautrötungen und -reizungen, Verbrennungen, Druckulkus (frz. escarre) sowie Fissuren und Rhagaden.

 

Hier ein Schüttkännchen (15.5 x 9 cm) aus Keramik (Fa. Bavaria, 20. Jh).

 

Anästhesie


Aether, Transportflasche

Secacornin
 

 

Caspar Carl KELLER (1851-1916) hatte ein Herstellungsverfahren angegeben für einen Fluidextrakt (Neuere Studien über die Bestandteile des Mutterkorn, Inaug.-Diss. Zürich 1897), der die Gesamtmenge der im Secale cornutum enthaltenen Alkaloide - unter Ausschluß der unwirksamen und schädlich wirkenden Stoffen - enthielt.

 

Ergotin

Jahrelang gehörte sein Ergotin zur Standardbehandlung von uterinen Blutungen – ein Mischpräparat also, das folgende Inhaltsstoffe hatte: "On trouve dans le sclérote de Secale cornutum les substances actives suivantes: l'acide ergotique; l'acide sphacélinique; la cornutine, sous forme d'ergotinine; la sécaline unie à la sphacélotoxine sous forme de sécalinetoxine; la spasmotine; la chrysotoxine (combi- naison de sphacélotoxine et d'ergochrysine); la sécalinetoxine; puis deux bases sans importance; la vernine et la choline, enfin la clavine" (Schaerges, C, Ueber Secornin (Ergotin Keller) und die wirksamen Bestandteile des Mutterkorns, in: Schweiz. Wschr. Chem. u. Pharm. XLIII. 1905, 46. S. 630-635).

 

1913 wurde Ergotin umbenannt

"Secacornin, nicht mehr Secornin, wird jetzt das bekannte Ergotin Keller der Firma Hoffmann-La Roche & Cie. in Basel genannt" (Georg Arends, Arnold Rathje, Neue Arzneimittel und Pharmazeutische Spezialitäten, Springerverlag 1913). "Unbestritten ist der große Wert des frischen Sekale und der verschiedenen Ergotinpräparate in der Nachgeburtszeit (Secacornin, Ergotin dialys. etc.)" (Rudolf Theodor von Jaschke, ‎Otto Pankow, ‎Max Runge, Lehrbuch der Geburtshilfe S. 423), Springerverlag 1923).

"Ein physiologisch ausgewertetes Mutterkornpräparat. Braune Flüssigkeit von typischem Mutterkorngeruch und –geschmack. 1 ccm = 4g Secale cornut. Schädlich wirkende Stoffe sind im Secacornin nicht mehr enthalten. Besonders in der Geburtshilfe bei Uterusatonie, Abort und Menorrhagie und klimakterischen Blutungen. Dann bei Magen-, Lungen- und Blasenblutungen. Als Injektion 1-2 ccm subcut. oder intramusk. in akuten Fällen." (Rudolf Franck, Moderne Therapie in innerer Medizin und Allgemeinpraxis, 1941).

 

Geschenk von Herrn Mag.Dr. Andreas Winkler - von hier aus mein Dank!

Pharmazie


Himbeersirup, Dispensierflasche

Himbeer Sirup Flasche

Himbeer-Sirup-Flasche

 

 

  Der Name Ida stammt vom Idagebirge in der Troas/ Anatolien, nicht vom Berge Ida auf Kreta, wo die Pflanze nicht heimisch ist. Die Himbeere wurde im Mittelalter in Klostergärten gezüchtet und veredelt. Der deutsche Name "Himbeere" erinnert an die Herkunft der Frucht – aus dem Wald, stammt der Name doch von "Beere der Hirschkuh" ab.

 

  Hildegard von Bingen, die im 12. Jahrhundert ihre Ernährungslehre verfasst hat, schätzte Himbeeren als gesundes Obst und Heilmittel und empfahl Himbeersaft mit Galgant bei fiebrigen Infekten. Himbeeren zählen damit zu den ältesten Kulturfrüchten in Deutschland.

 

Saft und Sirup aus den Beeren

Himbeersaft ist ein beliebtes Erfrischungsgetränk - nichts für kleine Kinder, deren Zähne von dem vielen Zucker Schaden nehmen können.

Der Sirup dient dem Apotheker als geschmacksverbessernde Beigabe zur „bitteren Arznei“ und der Färbung von Arzneimitteln. So kann Methadon in flüssiger Form verdünnt mit Himbeersirup oder Zuckerlösung eingenommen werden.

Dem Patienten dient er bei der Herstellung einer Krankenlimonade; seit alters her wird er (verdünnt) gern als durstlöschendes Getränk bei Fieber gegeben.. 

 

Herstellung des Sirups

1,5 kg. Himbeeren mit 1 l Wasser in einen Topf geben und aufkochen lassen; inzwischen 1,5 kg Zucker mit einer Messerspitze voll Einmachhilfe in eine Schüssel geben. Die gekochten Himbeeren durch ein Tuch in den Zucker seihen und diesen gleichmäßig rühren, damit er schmilzt. Die Flüssigkeit noch heiß in Flaschen füllen, gut verschließen.

 

Herkunft: Flohmarkt Völs / Innsbruck 7/2016. Höhe der Glasflasche 17.8 cm; Höhe mit aufgeschraubtem Becher:21.3 cm. Ausgiesser und Dosierkappe aus Plastik.

Pharmazie


Sirupflasche

Sirup
 

Mit der Entdeckung der Neuen Welt kamen eine Reihe von Medikamenten nach Europa, die zuvor von den Indianern Nordamerikas benutzt worden waren, darunter alte Bekannte wie das Beinwell, die Salbei, die Kamille, der Wacholder, die Weidenrinde und der Löwenzahn. Aber auch eine Reihe von Pflanzen, die nur in der Neuen Welt wuchsen:

- Hamamelis oder Zaubernuss

- die Klettenwurzel "Arctium lappa", die das Wachstum des Krebs verlangsamt

- der indianische Wasserdost "Eupatorium perforatum", der schweisstreibend war und gegen Fieberschübe wirksam war.

- die Traubensilberkerze zum Beruhigen, zur Therapie von Menstruationsbeschwerden und von Schlangenbissen.

Gegen ebendieselben Schlangenbisse war die in den Wäldern Nordamerikas und Kanadas heimische Kreuzblumengewächs Polygala Senecae L. (französisch: Polygale de Virginie; englisch: Seneca, snake-root) wirksam. Von den Seneca-Indianern (vom Stamme der Irokesen) wurde sie ob der Ähnlichkeit ihrer langen, verschlungenen Wurzel eingesetzt zur Behandlung von Schlangenbissen, daher die Bezeichnung der Pflanze als Klapperschlangenwurz.

 

Schon den Indianern war eine andere Wirkung bekannt: die schleimlösende und hustenstillende. Um 1735 kam die Pflanze in die europäischen Apotheken. Aus der Wurzel wird ein Sirup gewonnen, dem eine sekretolytische, also schleimlösende Wirkung nachgesagt wird. In der Tat enthält die Pflanze Triterpensaponine sowie Oligo- und Monosaccharide, Lipide, Xanthonderivate und geringe Mengen an aetherischem Oel und Salicylsäureverbindungen. Der bis zum 1. Weltkrieg in den Apotheken Europas erhältliche Sirup enthielt

- Eingestellten Senega-trockenextrakt

- Ethanol 96 %

- Gereinigtes Wasser

- Glycerol 85 %

- Ammoniak-Lösung 10 %

- Saccharose

 

Die vorgestellte Schüttflasche stammt von Marcel MILLE (1934-2004), von 1968 bis 2004 Apotheker in Kayl. Zweifelsohne hatte er sie von seinem Vater Joseph MILLE (1902-1977), der die Apotheke ab 1946 geführt hatte.

Pharmazie


Sistomensine

P1060430
 

 

Organotherapie im Allgemeinen

"Wenn im Altertum bei Epilepsie menschliches Schenkelknochenmark oder Hirn von kleinen Kindern verabreicht wurde, wenn bei den verschiedensten Erkrankungen der Organe die entsprechenden Organe von Opfertieren gegessen wurden und so, um nur einige Beispiele anzuführen, bei Kopfschmerzen das Hirn einer Krähe oder Eule, bei Krankheiten der Leber Eselsleber, bei Milzleiden Hundemilz oder zur Erhöhung der Potent die Geschlechtsorgane männlicher Tiere und zur Behebung der Unfruchtbarkeit Geschlechtsteile einer Häsin genossen werden mußten, so ist das eine "Organotherapie", die PARACELSUS durch die Signatur "similis similibus" richtig bezeichnete" (Dozent E. Herrmann, Hormontherapie in der Gynäkologie und Geburtshilfe, Wiener med. Wochenschrift 1923:45, 1994-1999).

 

Organotherapie im Speziellen

   Im Winter 1912/13 regte der aus Pfaffenhofen in Bayern stammende Ludwig SEITZ (1872-1961), seit 1910 Professor an der Universitäts-Frauenklinik Erlangen, zur Untersuchung der Hormone des Corpus luteums an. Die physiologisch-chemischen Arbeiten führte er zusammen mit seinen Assistenten durch, dem aus Speyer stammenden Hermann WINTZ (1887-1947) und dem aus Kalisz in Russland stammenden Leo FINGERHUT (1885-). Als Rohmaterial benutzten sie aus Kuh-Ovarien frisch ausgeschälte Corpora lutea (Die zerkleinerten Organe wurden der aufeinanderfolgenden Extraktion mit Alkohol und Aceton einerseits, Äther und Chloroform andererseits unterworfen. Dann mischten sie den eingedampften Acetonauszug mit den Alkoholauszügen, vereinigten die erhaltene Mischung mit dem Chloroformauszug, ggf. unter Verwendung eines Überschusses von Chloroform, trennten die sich bildenden zwei Schichten und trockneten sie).

 Dabei konnten zwei Fraktionen dargestellt werden, die SEITZ und WINTZ erst in Tier-, Selbst- und klinischen Versuchen testeten und dann 1915 an die Schweizer Fa. Ciba verkauften:

- eine wasserlösliche, die sie Lipamin nannten, nach ihrer Wirkungsweise benannte sie Ciba in AGOMENSIN um (von "ago" bringen).

- eine öl- und chloroformlösliche, die sie Luteolipoid nannten, nach ihrer Wirkungsweise wurde sie von Ciba als SISTOMENSIN bezeichnet (vom lateinischen "sistere" stoppen.

Agomensin verstärkte die Regelblutung, wohingegen Sistomensin blutungshemmende Eigenschaften hatte und imstande war, subcutan vor und während der Menses einverleibt, die Blutung zu vermindern und abzukürzen. In einem späteren Zusatzpatent (N°332165 vom 25.01.1916) gaben SEITZ und WINTZ eine vereinfachte Darstellung der beiden Komponenten aus Ovarien und aus Plazenta an. Die fabrikatorische Herstellung der Produkte übernahm die Gesellschaft für Chemische Industrie in Basel unter dem Namen Agomensin und Sistomensin.

 

Die ersten klinischen Ergebnisse konnte das Team um SEITZ schon im Juli 1914 veröffentlichen (Über die biologische Funktion des Corpus luteum, seine chemischen Bestandteile und deren therapeutische Verwendung bei Unregelmässigkeiten der Menstruation, in: Münch.med.Wochenschr. N°30 vom 28.7.1914, S.1657-1661). 1920 berichtete WINTZ über persönliche Erfahrungen (Arch.f.Gynäkol. Bd.113, S. 457), 1926 publizierte er seine Erfahrungen aus den vergangenen 18 Jahren (zit. Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie 1932 N°91 S.224–237).

 

Die Wirksamkeit des Präparates war von Anfang an umstritten, was aber auch damit zusammenhing, daß es keine einheitlichen Kriterien für die Testung gab. Erst 1928 entwickelten Corner und Allen am Kaninchenendometrium einen Test zur Bestimmung der Progesteron-Aktivität. Die Erfinder glaubten an einen Einfluss auf die Blutgerinnung, an einen Angriffspunkt am Endometrium dachten sie nicht - auch an Kontrazeption verschwendeten sie noch keinen Gedanken.

 

Markteinführung 1918: damit ist SISTOMENSIN das älteste im Handel befindliche wirksame, wenn auch nicht standardisierte und in seiner Wirkung schwankende Präparat mit gestagener Komponente.

 

Lit.:

A. Bethe, G.v. Bergmann, G. Embden, A. Ellinger, Handbuch der Normalen und Pathologischen Physiologie, Berlin Springerverlag 1926, Vierzehnter Band S. 405.

Braun, Walter, Über Ovarialhormone unter besonderer Berücksichtigung von Sistomensin und Agomensin, in: Dtsch.med.Wochenschr. 1926 Nr.40

Süss J, Simmer HH. [Historical retrospective. Lipamin (Agomensin) and Luteolipoid (Sistomensin). Animal experiments and preliminary clinical experiences], in: Geburtshilfe Frauenheilkd. 1987 Mai;47(5):351-6.

Christina Ratmoko, Damit die Chemie stimmt, Chronosverlag 2010.

 

Exponate:

1. Original-Karton (ungeöffnet) 6.7 x 4.9 x 2.8 cm mit Glasflasche (40 Tabletten) (Erworben in Thenezay, Poitou-Charentes).

2. Originalkarton mit Glasflasche 6.7 x 4.9 x 2.6 cm, jünger, da der Preis inzwischen von 6 auf 15 Frs angehoben worden war (rotes Etikett). (Erworben in Beziers, Languedoc-Roussillon).

Beide Behälter der Fa. CIBA wurden vertrieben von den Laboratoires O. Rolland, Lyon, 1 Place Morand. "En 1913, la société suisse CIBA s’associe avec le Docteur Rolland qui exploite quelques spécialités pour créer un laboratoire pharmaceutique sous la raison sociale Ciba et Rolland, situé 1 place Morand. En 1917, ils construisent une usine de production pharmaceutique au boulevard Vivier-Merle. En 1940, l’entreprise est rebaptisée Laboratoires CIBA" (zit. Société d'histoire de la Pharmacie).

"Les laboratoires Ciba sont implantés en France depuis 1910. C’est en 1913 que le docteur Rolland – qui exploitait quelques spécialités en officine – unit sa destinée à Ciba et s’implante en banlieue lyonnaise, à Saint-Fons. C’est ensuite dans Lyon même que les laboratoires furent transférés : place Morand et rue du Lac. » « L’exploitation des premières spécialités : entérovioforme, Coramine, Phytine, assura rapidement une expansion telle qu’il fallut quitter les locaux devenus exigus. En 1930, les laboratoires s’installent boulevard Vivier-Merle. (...) De nouveaux produits voient le jour. C’est le temps des hormones, puis le grand essor de la Privine, du Serpasil. Le personnel atteint rapidement 200 personnes. Des machines de conditionnements font leur apparition. L’usine, à l’étroit, finit par chasser le siège social qui s’exile à Paris. Un second bâtiment de production est construit en 1961, un bâtiment de stockage et de distribution en 1970. » « En 1980, l’usine de Lyon est spécialisée dans la production de formes solides : chaque année, plus d’un milliard et demi de comprimés, gélules, dragées et comprimés pelliculés classiques (...) sortent de l’usine". (Quuelle: Barthélémy DREVON – LA PHARMACIE, in: «LA MEDECINE A LYON. DES ORIGINES A NOS JOURS» (DIR. ALAIN BOUCHET), PARIS : EDITIONS HERVAS, 1987).

Möglicherweise handelt es sich beim Firmengründer um den Apotheker Jules Oscar ROLLAND (*1867 in Saint-Siméon de Bressieux, Ehemann von Olympe-Louise Cogne).

 

Pharmazie


Spalttablette

 

Der Berliner Industrielle in der Pharmabranche (und spätere Geheimrat) Maximilian Baginski (geb. am 7.6.1891, gest. am 19.3.1964, beigesetzt in Bad Soden) wünschte sich eine unverwechselbare Pille und beauftragte seinen Tabletten- meister:
"Sagense mal Meester, könn’se en Loch in ne Tablette machen, oder ne Kerbe oder sonst wat, det man im Dunkeln fühlen kann, wat es is".
Eine Kerbe in der Tablette - das war die Idee!

1932, im Todesjahr von MUCH, gründete Baginski die "Prof. Dr. Much AG" - als Erfinder der Spalttablette gilt daher Prof. Dr. med. Hans MUCH (1880-1932), ein Dichter, Tuberkuloseforscher, erklärter Vivisektionsgegner - und seinerzeit Direktor des Instituts für Serologie und experimentelle Therapie am Eppendorfer Krankenhaus in Hamburg.

Am 21.6.1932 wurde die Spalt- Tablette eingeführt. Das Unternehmen "Prof. Dr. Much AG" - erst in Berlin, dann in Bad Soden - startete noch im gleichen Jahr eine groß angelegte Werbekampagne: Jede Apotheke erhielt als Erstausstattung kostenlos zehn Zehner- und zehn Zwanziger-Packungen, die schnell vergriffen und nachbestellt wurden.

In den 30er Jahren kosteten

  • 10 Stück 62 Pf.
  • 20 Stück 1.16 RM
  • 60 Stück 2.85 RM (Nachgelesen bei Sabine Hering, Die unpässliche Frau, Mabuse Verlag 2002 S. 120).
    Werbung war grossgeschrieben - 1932 und 1933 gab die Much AG 60 Prozent des Umsatzes für die Spalt-Werbung aus. Das rechnete sich: 1938 war Spalt neben Aspirin und Togal eine der bekanntesten Schmerzmittelmarken. Ein „Schwindler“ aus Gelsenkirchen wollte 1949 am Ruhm teilhaben und stellte ebenfalls „Spalt-Tabletten“ aus einem wertlosen Gemisch her. Er ließ mittels einer kleinen Feile den Spalt in Handarbeit einfeilen. Doch die Polizei legte ihm das Handwerk, er wurde entsprechend bestraft. In den 1950er Jahren wurden die weißen Tabletten im damaligen Metallröhrchen mit der Aufschrift „nur echt mit diesem Spalt“ zur meist gebrauchten Schmerztablette Deutschlands.

    In der Zeit von 1932 - 1965 war die "Spalt-Schmerztablette" auf dem Markt in folgender Zusammensetzung (Auskunft der Firma Whitehall, mitgeteilt von Herrn Erwin Gruhn, dem ich von hier aus für seine Hilfe danke):
    Phenacetin: 276 mg
    Phenazonsalicylat: 166 mg
    Benzyl-DL-mandelat: 50 mg
    Coffein: 50 mg
    Die Zusammensetzung der Tablette wechselte allem Anschein nach mehrfach. So ist auch die Zusammensetzung
    Amidopyrin 0,1
    Phenacetin 0,3
    Bellzylsuccinat 0,05
    Coffein 0,05
    überliefert (Fa. Dr. BALLOWITZ & Co, Berlin-Pankow, Arkonastrasse 45-51, auf dem gleichen Gelände produzierten im Übrigen auch die Dr. MUCH-Werke). Heute besteht das Präparat aus Acetylsalicylsäure und Paracetamol.

    Die Spalt-Tablette wird heute vertrieben von der Firma Whitehall-Much GmbH / Münster - einer Tochter des Giganten Wyeth.

    Lit.:

  • Rainer Wirtz: Leben und Werk des Hamburger Arztes, Forschers und Schriftstellers Hans Much (1880-1932) unter besonderer Berücksichtigung seiner medizintheoretischen Schriften. Doctoral dissertation, Rheinisch-Westfälische technische Hochschule 22.03.1991. Zugl.: Studien zur Medizin-, Kunst- und Literaturgeschichte; Bd. 26. Herzogenrath 1991.
  • A.A. Friedländer: Hans Much. Münchener medizinische Wochenschrift, 1933, 80: 23-24.

Pharmazie


Spanschachtel

Spandose RICHTER

Spanschachtel, 1875

 

  

Zum Hersteller

Friedrich Adolf Richter (1846–1910) wurde in Herford als ältester Sohn des Bäckermeisters Friedrich Wilhelm Richter und dessen Frau Christine Margarethe Hasenpott geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums lernte er bei dem Drogisten Calvör. Als junger Kaufmann ging er nach Duisburg. Am 1. März 1869 gründete Richter in Duisburg eine Colonialwarenhandlung in der Heerstrasse. Später folgten weitere Filialen in der Schwanen- und Poststrasse.

 

Im Frühjahr 1873 siedelte Richter mit seiner Familie nach Luxemburg über, wo er mit Skepsis aufgenommen wurde – die Gründung einer Apotheke hätte der Zustimmung des Parlamentes bedurft. In dem folgenden Artikel fällt deshalb das Wort "officine" zwischen Gänsefüßchen auf:

"II s’est établi ici à Luxembourg une „officine“ qui paraît vouloir braver et notre académie de médecine en titre et répandre la santé à pleins bords sur les populations. Je ne sais si c’est un établissement de salubrité publique nouvellement fondé peut-être par l’autorité ou si c’est un philantrope qui est venu chez nous dans l’intention de nous guérir instantanément de toutes les maladies imaginables, mais ce qui est patent c’est que l’édifice existe, que le personnel manœuvre, que pour 6 gros on vous délivre dans la maison Wolff sur les glacis des recettes infaillibles contre toutes les douleurs et que les agents du Dr. Airy fournissent le plus gracieusement du monde: Pilules, Sarsapareillia, Pain-Expeller, Hair-Végor, Pastilles et Celebrated-Farinae. Le tout au prix les plus réduits: 1 ½ thalers, 17 ½ gr., 10 gr., 1 thaler, etc. Je précise pour inviter mes concitoyens à ne pas manquer l’occasion, car l’annonce de l’„Indépendance“ donne fausse adresse; elle porte erronément que le célèbre médecin et marchand de drogues infaillibles demeure à Trêves et qu’il suffit d’envoyer 6 groschen à la „Rheinische Verlags-Anstalt in Trier“ pour recevoir le livre des recettes. Or, il est avéré qu’heureusement le célèbre docteur et ses agents, MM. F. Ad. Richter et Cie, ne demeurent pas à Trêves, mais bien au milieu de nous, et que les lettres qu’on remet à la poste sous cette adresse ne sont pas dirigées sur Trêves, mais vers la maison Wolff, à deux pas de nous. Donnons-nous en donc, des pastilles, des recettes et des pillules, et demandons que nos autorités sachent affranchir de toutes les entraves l’établissement d’une industrie et d’un commerce aussi utiles" (L'Indépendance luxembourgeoise, 13.7.1873).

 

Zum Arzt Airy 

Hubert AIRY (1838-1903), M.D. Daß in diesem Artikel auf ihn verwiesen wird, hängt weniger mit dem gleichnamigen Produkt aus Richter's Apotheke zusammen, als mit einem Buch, für das (zufällig?) zu dieser Zeit in Luxemburg geworben wurde:

"Rettungslos siechen Tausende Kranke frühzeitig dah!n, die, wenn ihnen schnell die richtige Hilfe zu Theil geworden, ihre Gesundheit wiedererhalten hätten. Das berühmte, 160 Seiten starke Buch: „Dr. Airy’s Naturheilmethode“ gibt allen Kranken einfache bewährte Mittel an die Hand, um sich seIbst vom frühzeitigen Tode retten zu können. Es sollte deshalb kein Kranker versäumen, sich dies vorzügliche Buch gegen Einsendung von 6 Freimarken à 1 Sgr. von der Rheinischen Verlags-Anstalt in Trier kommen zu lassen" (L'Indépendance luxembourgeoise, 13.4.1873). Sein Parfum "Eau du Var" wurde in der Großgasse n°41 bei Frl. Hoffmann verkauft (L.W., 13.9.1873). Ein Jahr später zog das Unternehmen nach Nürnberg: "Alle, welche noch Forderungen an mich oder an die Fa. Ad. Richter u. Comp. haben, werden ersucht, die Rechnunge baldigst einreichen zu wollen. Dr. A. Richter auf dem Glacis bei Luxemburg" (L.W., 3.8.1874).

 

In Nürnberg gliederte Richter seinem chemisch-pharmazeutischen Unternehmen eine Lebkuchen-Fabrik an. Der Antrag auf eine Vergrößerung der Firma scheiterte. Er beschloss daraufhin, nach Rudolstadt in Thüringen überzusiedeln - 1876 erhielt er vom örtlichen Prinzen die Erlaubnis, im thüringischen Rudolstadt eine chemisch-pharmazeutische Fabrik zu bauen. In der Firma wurden pharmazeutische Präparate wie reine Kräuterextrakte, Koniferen-nadelextrakte, Hustensäfte und –tropfen, medizinische Bäder, Badezusätze und Linemente hergestellt. Zu den erfolgreichsten „Geheimmitteln“ gehörte der „Anker Pain Expeller“. Richter gründete in Europa und Übersee zahlreiche Filialen: 1877 Nijmegen Holland, 1878 Wien, 1880 Prag, 1887 London, Kopenhagen, Olten, 1894 New York und 1900 St. Petersburg und Salbino. In Luxemburg wurden 1889 die "bekannten Niederlagen in Esch a./Alz. bei Apotheker Welschbillig, in Fels bei Apotheker N. Tilmany" erwähnt (L.W., 12.9.1889).

 

Nach dem 1910 in Jena erfolgten Tod von F. Ad. Richter übernahmen vier Söhne und sein Bruder Friedrich Wilhelm Richter die Firma. Wegen Erbstreitigkeiten wurde das Unternehmen in die Aktiengesell-schaften 'F. Ad. Richter & Cie, Chemische Werke' und 'F. Ad. Richter & Cie AG, Baukastenfabrik' umgewandelt. Neben den Aktiengesellschaften bestand längere Zeit die 'Chemische Werke Rudolstadt GmbH'.

 

 

Exponat

Spanschachtel der Fa. F. Ad. Richter / Nürnberg von 1875, Migränemittel des Londoner Arztes AIRY.

"Calming Pastilles are thick, hard tablets, composed of sugar, with oil of anise, and coloured with liquorice juice" (Hager).

Pharmazie


Spiritus, Löffelkrautspiritus

 

Das Löffelkraut ist ein einheimisches Gewächs der Küsten Nord- und Mitteleuropas auf salzhaltigen Böden, selten auch auf salzhaltigen Böden im Binnenland. Es ist eine alte Heilpflanze, die noch vor 300 Jahren häufiger in unseren Gärten zu finden war. Die wildlebenden Pflanzen stehen unter Naturschutz und dürfen nicht gesammelt werden, sie sind durch eine Zerstörung ihres Lebensraumes selten geworden. Das Löffelkraut ist reich an Vitamin C, daher wurde es früher in große Fässer eingesalzen und auf größeren Schiffsreisen zur Vorbeugung von Skorbut an die Besatzung ausgegeben. Löffelkraut regt den Stoffwechsel, speziell Galle und Leber, und den Appetit an, reguliert die Verdauung und war daher bei lang andauernder Verstopfung ein gerne eingesetztes Mittel. Das Löffelkraut, wegen seines hohen Gehaltes an Vit. C bei Skorbut eingesetzt, heisst daher auch "Scharbockskraut".

Eine tägliche Dosis von 75 Milligramm Vitamin C braucht der Mensch, um der Mangelerkrankung, dem Skorbut, vorzubeugen. Die Symptome des Skorbut treten erst mehrere Monate nach Beginn des Mangels an Vitamin C auf. Symptome bei Skorbut sind:
• Zahnfleischbluten und Zahnausfall
• Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Frühstadium mit inneren Blutungen durch Arterienriss)
• Anfälligkeit gegen Infektionskrankheiten
• Erschöpfung und Müdigkeit
• schlechte Heilung von Wunden
• Gelenkentzündungen
• Muskelschwund
Im weiteren Verlauf führt Skorbut zum Tod durch Herzschwäche.

Zubereitung des Löffelkrautspiritus
"Man nimmt frisch gestoßenes Löffelkraut so viel man will, gießt den Saft von eben dieser Pflanze dazu, in welchem vorher etwas Sauerteig oder Bierhefen aufgelöset worden, und thut alsdann etwas Salz hinzu. Dieses alles wird gut vermischt, und in einem wohlverschlossenen Gefäße so lange in einen Keller gesetzt, bis es einen scharfen Geruch von sich gibt. Hierauf wird es aus einem Kolben im Wasserbade destillirt, wo man den Löffelkraut=Spiritus erhält. Hernach nimmt man frische Löffelkrautblätter, stößt sie und drückt vermittelst einer starken Presse den Saft aus denselben, reiniget ihn in einem wohlverschlossenen Gefäße oder Glase, und seihet ihn durch ein Löschpapier. Mit drey Theilen von diesem auf solche Welse gereinigten Safte vermischt man alsdann einen Theil von dem obbenannten Löffelkraut=Spiritus, und lässet es gehörig digeriren. Wenn man hierauf etwas Zucker zusetzt, so ist die Löffelkraut=Essenz fertig. Die Dosis ist eine bis zwey Unzen.
Es wird auch ein, wider den Scorbut sehr heilsamer Spiritus bereitet, wenn man einige Hände voll gestoßene Löffelkrautblätter und eben so viel Unzen geriebenen Meerrettig nimmt, solche mit einander vermischt, mit Löffelkrautsaft befeuchtet, vier und zwanzig Stunden weichen läßt, und endlich bey einem gelinden Feuer destilliret. Von diesem Spiritus kann man einen oder zwey Löffel mit Brühen oder Tränken, die wider den Scorbut dienen, vermischen"
(Oekonomische Encyklopädie, J.G. Krünitz (1773-1858).

Pharmazie


Standflaschen

um 1950 

 

Braunglasflaschen, mit handbeschriftetem emailliertem Herzschild.

a) Vinum Chinae. Um 1600 n.Chr. hatten die Indianer Peru's einem spanischen Missionar namens BARNABé de COBA verraten, dass die Rinde des sog. Chinabaumes (Yara-Churu), einer bis dahin nur in Südamerika vorkommenden Pflanze, ein wirksames Antidot gegen Fieber war:
- 1630 wurde der Spanier Don Juan Lopez de Canizares geheilt
- 1633 berichtete der Augustinermönch in Lima über sensationelle Heilerfolge
- ihre Konkurrenten "in domino", die Jesuiten, verbreiteten ab 1638 die Kenntnis davon, dass ein Aufguss von Chinarinde die Symptome milderte, worauf dieses Medikament ("Kina-Kina" d.h. Rinde der Rinde) lange Zeit als "Jesuitenpulver" bezeichnet wurde (siehe bei: Malaria).

 

Eher ins Reich der Legende scheint die Geschichte zu gehören derzufolge eine Peruanerin der an Malaria fiebernden Ana de Osorio, Comitissa del Chinchon (*1599), Gemahlin des spanischen Vizekönigs, das Geheimnis verriet, Chinarinde heile solches Fieber. Nach ihrer Rückkehr nach Spanien habe die edle Gräfin das Gräfinnenpulver "pulvis Comitissae" in Umlauf gebracht.

 

Die Mediziner Europas standen dem Mittel zunächst skeptisch gegenüber, war es doch mit ihren althergebrachten Vorstellungen. Als einer der Ersten übernahm der Engländer Thomas SYDENHAM (1624-1689) das Mittel. Bald sollte der Aufguss auch gegen andere Formen schweren Fiebers Anwendung finden: "Quinquina oder Chinam chinae" wurde am 28.10.1680 von dem Pariser Geburtshelfer MAURICEAU mit Erfolg gegen Fieber in der Schwangerschaft angewandt (Observ. 272). Er folgerte "daß schwangere Weiber diese Artzeney oder Mittel wider dergleichen Fieber auch sicher gebrauchen können als andere Personen und daß es weder der Mutter noch dem Kinde einen Schaden verursache".

 

Chinin in Arzneiweinen (Vina medicata).

Chinin wirkt vor allem fiebersenkend, aber auch schmerzstillend und bedingt betäubend. Desweiteren wirkt es in seiner Zubereitung als Chinisulfat krampflösend. Aus diesem Grund gilt es als optionale Behandlungsmöglichkeit bei nächtlichen Wadenkrämpfen - allerdings in bei weitem geringeren Dosen als in der Behandlung von Malaria. Dabei wirkt das Chinin am Verbindungspunkt zwischen Muskelfasern und Nerven. Die Muskelfunktion wird dabei nicht beeinträchtigt. Nach vier bis 18 Stunden gilt Chininsulfat als im Körper wieder abgebaut. 

Sowohl die rein bittern, als die flüchtigen und aromatischen heilsamen Stoffe verschiedener Kräuter, Blumen und Wurzeln, zieht der Wein vermöge seines Gehalts an Alkohol aus denselben und wird dadurch zu einer Arznei.Ab 1876widmete sich in Stuttgart der Apotheker Christian Heinrich BURK (1827-1891) der Herstellung von Salmiakpastillen, Codein-Tabletten und Arzneiweinen und betrieb zugleich eine Drogengroßhandlung (A. Wankmüller 1972). In Luxemburg besorgte man sich seinen Chininwein in der Apotheke: "BURK's CHINA-WEINE vorrätig in Luxemburg in der Mörserapotheke" (Luxemburger Wort, 9.4.1881).

 


b) Liquor Ferri sesquichlorati. Unter einem Liquor versteht der Apotheker eine Lösung "die vom Erfinder so genannt wurde", d.h. der Begriff ist nicht wirklich definiert. Der "Liquor ferri sesquichlorati" oder "Chlorure de fer hémostatique", [FeCl6], auch "Liqueur du Docteur PRAVAZ" war ein früher, besonders in Deutschland viel verwendetes Blutstillungsmittel, sowohl für den äusserlichen Gebrauch, als auch per os zur Behandlung diffuser Magenblutungen. Im Hautbereich kann die Lösung Ulcerationen hervorrufen. Bei Zervixbiopsien und blutenden Portioerosionen aber erspart sie auch heute noch manche Elektro- oder Thermocoagulation...

Pharmazie


Standgefäss

Standgefaess SAINT CLEMENT
Höhe 310 mm
 

 

Sogenannte Arzneimittelkrüge wurden im Mittelalter manchmal "gallipots" genannt, da sie auf Galeeren nach England kamen. Es gab sie in allen Varianten verzierter Keramik, beschriftet oder nur mit Dekor...


In der Zeit von 1823 bis gegen Ende des 19. Jh., als das Werk der Familie Thomas gehörte, wurden die Produkte der Lothringer Porzellanmanufaktur St. Clement bei Lunéville mit dem Namenszug des Werkes versehen, später mit K(leber) gekennzeichnet...

 

Exponat

Aus dieser Faïencerie St. Clement stammt das hier vorgestellte, 31 cm hohe, wohl Ende des 19. Jh. entstandene Standgefäss für RUSCUS-Extrakt

 

 

Ruscus aculeatus L.
Der "Stechender Mäusedorn", war Pflanze des Jahres 2002: ein zweihäusiger, immergrüner Halbstrauch mit zweizeilig angeordneten, blattartig verbreiterten, stechenden Zweigen. Darauf die grünlich-weissen unscheinbaren Blüten einzeln oder zu wenigen in der Achsel eines kleinen Hochblattes.
Frucht eine kleine rote Beere
Vo. Wälder und Gebüsche im Mittelmeer und Westeuropa
A: Harntreibende, ausserdem gefässverengende und entzündungshemmende Wirkung. In Fertigarzneien, insbesondere in Frankreich und in Italien, wird die Wurzel des Stechenden Mäusedorns gegen venöse Durchblutungsstörungen, Krampfadern, Haemorrhoiden u.ä. angewandt: 1 Teelöffel Wurzel in 250 ml kaltes Wasser geben. Aufkochen und 5-10 Minuten ziehen lassen. 2x täglich von dem Sud getrunken stärkt die Venen.

Pharmazie


Standgefäss für Teeblätter

Weissblech um 1850
Höhe 42 cm 

 

Dieses elegante Standgefäss eines Herboristen enthielt einst Teeblätter, die dann "en détail" an die Kunden verkauft wurden.

 

Das Weissblech wurde bei derartigen Behätnissen mit den unterschiedlichsten Bildern bemalt - Napoleon, Jeanne d'Arc, englisches Königshaus - auch mit klassischen Gemälden wie der "Milchfrau" von Vermeer auf dem hier vorgestellten Gefäss.

Pharmazie


Steinkruke

um 1840 

Dem Mangel an Trinkwasser in der Luxemburger Oberstadt verdankten die Wasserträger jahrhundertelang ihr tägliches Einkommen: von den Brunnen in den Vorstädten schleppten sie das wertvolle Nass zu den reichen Leuten in der Oberstadt. Ab dem 18. Jahrhundert kam der Import von natürlichen Mineralwässern hinzu - die Apotheker wussten geschickt, das wohlfeile lokale Angebot durch teure Importe zu ersetzen.

Im Mai 1605 hatte in Frankreich Henri IV festgelegt, dass Mineralwasser ein Therapeutikum darstellte - das folglich in die Kompetenz der Apotheker fiel. 1823 wurde den Apothekern ein Privileg auf diesen Mineralwassern zugestanden. Erst 1964, im Zuge der Neuregelung der Abfüllvorschriften, konnten viele Apotheker nicht mehr mithalten und gaben den Handel mit den Mineralwässern auf. Seit 1980 gelten die Mineralwässer in Frankreich NICHT mehr als Therapeutikum und finden sich in allen Supermärkten.

Der Apotheker DARGENT (Grand'rue 155 in Luxemburg) bot 1852 per Zeitungsannonce nicht weniger als 16 verschiedene Markenwässer an:
"Biresborn, Heppingen, Marienbad, Schwalbach, Selters, Vichy, Ems, Hombourg, Mondorff, Seidlitz, Spa, Fachingen, Kissingen/Ragozzi, Pilna, Seidschütz, Tönisstein und andere mehr".

Am 16.7.1856 annoncierte auch der Apotheker A. RICHARD:
"Limonade gazeuse, Eau de Seltz gazeuse et naturelle, Eaux minérales assorties et toutes fraiches".

Am 30.5.1858 annoncierte der Apotheker WECKBECKER-HELDENSTEIN:
"Toutes espèces d'Eaux minérales naturelles fraiches, et Limonade gazeuse".

Der Apotheker DARGENT investierte daraufhin in eine eigene Apparatur :
"Entrepot général d'Eaux minérales naturelles
Fabrique de Limonade gazeuse et Eaux de Seltz factices
L'acquisition d'une machine à haute pression m'a mis à même d'établir des prix beaucoup inférieurs à ceux auxquels ces produits étaient fournis jusqu'à présent".

Am 21.8.1864 bot die Apotheke WECKBECKER-HELDENSTEIN an:
"Eau de Schwalheim et toutes espèces d'autres eaux minérales fraiches".

Die Apotheke FISCHER-WURTH aus Luxemburg, Fleischerstr. 4 bot am 27.5.1875 an:
"Frisches natürliches Mineralwasser, Französische Spezialitäten: Thé Chambard, Eau de Mélisse des Carmes, Capsules de Goudron etc. Limonades gazeuses au citron et à l'orange".

 

Der Versand der Mineralgewässer erfolgte europaweit in Steinkruken, die mit Herkunftstempel versehen waren. Heutzutage wird nur noch der Steinhäger in derartigen Gefässen versandt. Vorgestellt wird eine soleglasierte Kruke aus dem Kannenbäckerland (westlicher Abhang des Westerwaldes, Region Wiesbaden), in der Wasser aus dem Herzogtum Nassau nach Luxemburg importiert wurde.

Lit.
Cécile Raynal, La vente des eaux minérales embouteillées, in: Rev Hist Pharm (Paris). 2004 ;52 (344):587-606.