Pharmazie


Kreuzstopfen (1)

Krezstopsel mix
 

Die recht auffällig geformten Glasstopfen könnten um 1932 in einer Innsbrucker Apotheke angeschafft worden sein. Der Vorteil dieser Stopfen: eine Schnur konnte um den Hals des Glases geschlungen und zum "Apothekerknoten" verknotet werden.

 

 

Alle Gläser enthalten "Separanda" - wie die roten Etiketts bezeugen, Mittel, die getrennt  von den andern Arzneimitteln und vorsichtig aufzubewahren waren. WAREN, weil diese Bestimmung über die besondere Etikettierung seit Inkrafttreten der Neuregelung der Lagerung von Gefahrenstoffen im Jahr 2012 nicht mehr in Kraft ist.

 

 

Offensichtlich haben wir es mit verschieden alten Gläsern zu tun:

- den älteren (um 1900/10?) mit geschwungenem Etikett (Airol, Protargol).

- den jüngeren (um 1920/30?) mit viereckigem Etikett mit "gestutzten Ecken".

 

 

- Airol war ein 1896 vom schweizerischen Pharmaunternehmen Roche eingeführtes Wundantiseptikum (Wundpulver) aus Bismut-oxid-iodid. "Ein erstes erfolgreiches Produkt lancierten zwei Mitarbeiter mit einem aus Wismuth und Jod kombinierten Wundpulver, das der junge Fabrikant unter dem Namen «Airol» patentieren liess. Sofort bemühte sich Hoffmann darum, ein Netz von Agenturen aufzubauen, um mit «Airol» auch im Ausland Fuss zu fassen. Innert Kürze fand er Partner in Wien, Paris, Mailand, London und Boston und entschied sich im Sommer 1896, im deutschen Grenzach eine eigene kleine Fabrik zu bauen". Hier stellten 7 Mitarbeiter Airol her, das allerdings nur zu einem mäßigen Verkaufserfolg wurde: beim Kontakt mit der Wunde verfärbt sich das grüne Wundpulver allmählich rot und verschreckte Arzt und Patient ...

- Antipyrin 2/6. In Erlangen gelangen 1884 die Synthese und die klinische Erprobung von Phenazon, dem ersten synthetischen Schmerz- und Fiebermittel. Unter dem Namen Antipyrin machte das von der späteren Hoechst AG vermarktete Medikament Weltkarriere.

- Ol. croton.Tiglii. Öl aus dem Samen von Croton tiglii, dem Crotonölbaum, einem in Südostasien heimischen Busch/Baum aus der Gattung Croton.

- Pilocarpin. hydrochl. Pilocarpin wurde 1875 beinahe gleichzeitig von E. Hardy in Frankreich und A. W. Gerrard in London entdeckt bzw. isoliert. Es wird vor allem in der Augenheilkunde bei einer Erhöhung des Augeninnendruckes („Grüner Star“) angewendet. Es wirkt einerseits direkt erregend auf den Musculus sphincter pupillae und löst somit eine Verkleinerung (Miosis) der Pupille aus. Andererseits wird der Abfluss des Kammerwassers durch Erweiterung der Abflusswege erleichtert, wodurch der Augeninnendruck sinkt. Pilocarpin wird dabei direkt am Auge angewendet, wodurch seine Wirkung lokal auf dieses begrenzt bleibt.

- Protargol. Proteinat Silber wirkt entzündungshemmend, adstringierend. Lit.: Stähler F., Ueber Protargol- und Hefebehandlung der weiblichen Gonorrhoe, in: Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie 1903;18:91–94.

- Theobrom.pur. Bestandteil von Herzmitteln. Gegen Koronare Insuffizienz.

 

Zur Datierung

Zwar war seit 1887 ein Arzt in Mühlau niedergelassen (Dr. Fr. PLANGGER, Innsbrucker Nachrichten, 19. Okt. 1887), ein Apotheker aber ließ lange auf sich warten: "Eine Apotheke in Mühlau. Der Landeshauptmann hat dem Mag. pharm. Johann HASLINGER die persönliche Konzession zum Betriebe einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in Mühlau erteilt" (I.N., 6. Juni 1932). HASLINGER richtete seine St.-Georgs-Apotheke Anton Rauchstr. 14 ein (Innsbrucker Nachrichten, 3. Sept. 1932). Momentan befindet sich die Apotheke am Mühlauer Platzl, Anton-Rauch-Straße 6.

- Vermutlich stammen die Gläser aus dieser Ersteinrichtung von 1932 und wurden bei der Übernahme durch Mag. pharm Klaus Falkensteiner 2016 bzw. vor der Renovierung des Hauses 2015/16 aussortiert. Expandierung: "Eine Saisonapotheke in Seefeld. Die Landeshauptmannschaft für Tirol hat dem Apotheker Haslinger in Mühlau die Konzession für eine Saisonapotheke in Seefeld verliehen. Die Apotheke wird mit heutigem Tags dem öffentlichen Verkehr übergeben" (Innsbrucker Nachrichten, 15. Dez. 1937). Nach Meinung des Verkäufers stammen die Gläser aus dieser Ersteinrichtung von 1932 und wurden bei der Übernahme durch Mag. pharm Klaus Falkensteiner 2016 bzw. vor der Renovierung des Hauses 2015/16 aussortiert.

 

- Nach Meinung von Dr. Andreas WINKLER stammen sie eher aus der Apotheke "Zur Mariahilf" und gehörten einem Verwandten, mag. Pharm Joseph MALFATTI (Allg.Tir.Anz. 15. Jan. 1938). "Trauungen. Am 8. Jänner fand in der Propsteikapelle die Trauung des Herrn Dr. iur. Paul Mahr, Sohn des Baumeisters Franz Mahr, und dessen Gemahlin Marie Mahr, geb. von Falser mit Fräulein Berta Malfatti, Tochter des Mr. Josef Malfatti, Apotheker und Hauptmann i.R. und dessen Gemahlin Therese Malfatti, geb. Gräfin von Sarntheim (Anm.: 1867-1946), statt. Die Trauung vollzog Weihbischof Tr. Sigmund Waitz" (Allg.Tir.Anz, 12. Jan. 1920).

 

Apothekenmuseum Winkler https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/kunst-kultur/museum/Museumsportal_Serviceteil/Serviceteil_DOKUMENTE/Archiv_Fachliteratur_AUFBEHALTEN/Archiv_MdM_2012.pdf

Die Apotheke wurde vor 2 Jahren verlegt  > Mag. pharm. Nabil SARWAT, Apotheke "Zur Mariahilf": Innstraße 5

 

 

Exponate

6 Apothekergläser mit eingeschliffenem, beschriftetem, kreuzförmigem Glasstöpsel. Rote Farbe heißt: dies ist ein Mittel der Kathegorie "Separanda", die besonders sicher aufzubewahren war.

Herkunft: Apotheke "Zur Mariahilf" / Innsbruck-St.Nikolaus, erworben auf dem Flohmarkt "Hafen" / Innsbruck 11/2018.