vaginal


Scheidendiaphragma (2)

Diaphragma n. MENSINGA, um 1980 

 

Das Diaphragma ist eines der ältesten Verhütungsmittel der Welt. Im Mittelalter schoben sich die Frauen eine Zitronenscheibe in die Scheide, in Osteuropa diente noch bis ins 20. Jahrhundert eine ausgepresste Zitronenhälfte als Diaphragma, wobei die Zitronensäure vermutlich als Spermizid wirkte.

 

Der niederl.-dt. Arzt Wilhelm Petrus Johannes MENSINGA [er schrieb gelegentlich unter dem Pseudonym Carl HASSE] (1836-1910), Landarzt in Flensburg, entwickelte gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Kappe "zur fakultativen Sterilität" aus Gummi. Er hatte seine Frau nach der Geburt des dritten Kindes durch Kindbettfieber verloren und wollte unter dem Schock dieses Ereignisses eine Methode entwickeln, die es Frauen ermöglichen sollte zu bestimmen, wann und wieviele Kinder sie bekommen würden.


Das ursprüngliche Diaphragma (1882) war eine Gummikappe mit Federring, vergleichbar dem heutigen Scheidenpessar. Karriere machte das Diaphragma jedoch nicht in seinem Erfindungsland, sondern in den USA. Dort kämpfte Margret Sanger (1883-1966) schon in den 30er Jahren des 20. Jahrhundert vehement für die Geburtenkontrolle. Noch heute findet das Diaphragma dort seine größte Verbreitung. Erst als die Pille in den 60er Jahren auf den Markt kam, wurden Diaphragma und Kondom von ihrer Spitzenposition verdrängt.

 

Anwendung
Ein Diaphragma muß vor der ersten Anwendung bzw. vor dem Kauf von einer sachkundigen Person (Ärztin, Hebamme, Krankenschwester, Pro Familia-Beraterin) ausgemessen und angepaßt werden. Nach dem 2. WK kamen die Scheidendiaphragmen vermehrt in Gebrauch - allerdings boten sie einen Schutz vor Schwangerschaft nur in Kombination mit spermiziden Gels.

- In Holland wurde das Diaphragma zur äusserst beliebten Form der Kontrazention. Dies führte alsbald zur angelsächsischen Bezeichnung des Diaphragmas als "Dutch cap".

- In Belgien, wo eine sehr restriktive Antikonzeptions-Gesetzgebung herrschte, wurde das Diaphragma nach 1952 durch den Arzt Jo BOUTE propagiert:
"A Bruxelles, plus précisément à la pharmacie Liberty, Porte Louise, une cliente privée d'un gynécologue travaillant à Saint-Pierre peut cependant se procurer des diaphragmes, importés clandestinement des Etats-Unis par le personnel navigant de la Sabena" - Import der Diaphragmen aus den USA durch das Personal der Luftfahrtgesellschaft der Sabena.
 

- 1965 ist Dr. Jorge BOUTE (1922-2000) Gründungsmitglied der "La Famille Heureuse" in Mons.

Ähnliche Zustände in Frankreich: "En France, la loi de 1920, qui avait pour but d'inciter à la natalité après les pertes en vies humaines à la suite de la Première Guerre mondiale, interdisait à la fois l'interruption de grossesse et la contraception. Les pionniers du "Mouvement Français pour le Planning Familial" durent importer clandestinement à partir de l'Angleterre les diaphragmes, seuls moyens contraceptifs féminins à l'époque" - Import der Diaphragmen aus England.

 

In Luxemburg setzten sich ab 1966 die Ärztes Robert ANGEL, Henri CLEES, M.P. Molitor-PEFFER und J.P. PUNDEL für die Liberalisierung der Kontrazention ein. Vermutlich wurden auch die ersten "luxemburger" Diaphragmen aus den USA importiert - auch in Luxemburg hatte die Sabena Landungsrechte...

 

Zur AIDSbekämpfung waren die Diaphragmen völlig ungeeignet. Und so verschwanden sie allmählich vom Markt, als diese Seuche sich auszubreiten begann. Die Firma ORTHO DIAPHRAGMA produziert die Pessare unbeirrt weiter.

 

Exponat

In meiner 25jährigen Praxistätigkeit habe ich nur zwei Diaphragmen gesehen - sie gehörten beide amerikanischen Touristinnen:

- ein Exemplar wanderte in meine Sammlung,

- das andere war "top secret", da es auf beiden Seiten ein Dutzend Unterschriften von "Exlovers" trug - es blieb verständlicherweise Eigentum der jungen Dame. Früher schrieben die Männer die Namen aller Frauen, mit denen sie eine engere Bindung hatten, in ihren Hosenlatz, heute signieren sie das Diaphragma...

 

Lit.:

Kolhorst, Christa, Dr. Wilhelm Mensinga, in: Kleine Reihe der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte Nr. 12, 56-78, 1985.