Geburtshilfe


Schmerzbekämpfung (3), Aetherinhalator n. BENNETT

 

Aether in der Geburtshilfe
Am 19. Januar 1847 leitete James Young SIMPSON (1811-1870) in Edinburgh die weltweit erste Geburt unter Äthernarkose. Das Ergebnis seiner Bemühungen war allerdings ... eine Totgeburt. Der schottische Professor für Geburtshilfe entfachte damit erneut die Diskussion über die Zulässigkeit der Schmerzbekämpfung insbesondere in der Geburtshilfe. Theologen wandten ein, eine Geburt unter Narkose stehe im Widerspruch zu dem über Eva verhängten biblischen Fluch
„Und zum Weibe sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären“ (1.Mose 3.16).
Nachdem aber die englische Königin Victoria, als Oberhaupt der englischen und schottischen Kirche, zwei ihrer Kinder unter Narkose (allerdings unter Chloroformnarkose) entbunden hatte, verstummten die Kritiker.

Der 1818 geborene und in Mannheim als Armenarzt arbeitende Adam HAMMER (1818-1878) hat am 18. Februar 1847 als Erster im deutschsprachigen Raum zur Schmerzbekämpfung bei Geburten Schwefeläther angewandt. Nachdem er in Mannheim, einer Hochburg des badischen Liberalismus und späteren Radikalismus, mit Gleichgesinnten im April 1848 die Abschaffung der Monarchie und die Einführung einer demokratischen Republik gefordert hatte, emigrierte er nach der Niederschlagung des Aufstandes in die Vereinigten Staaten und ließ sich in St. Louis/Missouri als Arzt nieder.

1873 demonstrierte Alexander BENNETT in Edinburgh in seiner Doktoratsthese die anaesthetischen Eigenschaften des Kokains bei Labortieren. Der uns hier interessierende Anaesthesist ist Thomas Linwood BENNETT – er gilt als der erste amerikanische Arzt, der ausschliesslich von der Anesthesie lebte.
„In 1905 a Dr. Thomas Bennett of New York City was described by James Tayloe Gwathmey, M.D., as the first American “practicing anesthetics” exclusively. At that time, the administration of anesthetics as a specialty was recognized in only a few of the larger cities".

“Bennett, originally from Kansas, was on the staff of both the Roosevelt Hospital and the Hospital for the Relief of the Ruptured and Crippled (today known as the Hospital for Special Surgery), and would eventually be placed in charge of anesthesia at the Presbyterian Hospital“.

Nach einem Todesfall bei einer Operation im Jahr 1898 beschloss die Ärzteschaft des Mt Sinai-Hospial in New York, die Narkosen in Zukunft von zwei anstelle von einem einzigen Arzt durchführen zu lassen. Diese Massnahme schien den Direktoren ungenügend. Man beschloss im März 1902, offiziell die Stelle eines Anaesthesisten zu schaffen: binnen eines Monates wurden zwei Ärzte eingestellt, die jeweils für 6 Monate im Jahr als „instructors of anesthetics“ im Hospital fungieren sollten. Anaesthesist für 6 Monate, dann wieder Tätigkeit als Allgemeinmediziner resp. als Chirurg ! Es waren dies die Ärzte M.L. MADURO und C.P. DENTON, beide Verfechter der Narkose mit einem Aether-Lachgasgemisch. Nach drei Jahren wurde die Mannschaft durch einen „Nur-Anaesthesisten“ erweitert:
„In 1905, Thomas Bennett was appointed Anesthetist. He was well known for his development of the Bennett apparatus for the administration of nitrous oxide and ether gas. He remained on the staff until his death in 1931”.
1905 wurde er in New York im Mt. Sinai-Hospital angestellt - am 14. Juni 1911 berichtete die New York Times, dass Dr. Thomas Linwood Bennett die diplomierte Krankenschwester Ethel Hope geheiratet habe, die er in einem New Yorker Krankenhaus kennengelernt habe. BENNETT blieb am Mt. Sinai Hospital bis zu seinem Tode 1932/31.

Er schrieb

  • Bennett TL. Anaesthesia: Gas and ether. Med Record 1898; 53:296–298.
  • Bennett TL. Remarks on general anaesthesia in operations involving the upper air passages. Laryngoscope 1903; 13:262–267.
  • Bennett TL. Chloroform syncope and its treatment. Year Book Med Assoc. Greater City of NY 1903:177–181.

    Von diesem BENNETT stammt der hier vorgestellte Aether-Inhalator, bestehend aus einem Metallbehälter, den man aufschrauben kann um die im Griff enthaltene Watte mit Aether zu tränken, und zwei starren Metallröhrchen, durch die die Aetherdämpfe in die Nase inhaliert wurden. Dazu zwei Adapter aus Gutta-Percha...

    Es versteht sich von selber, dass diese handlichen Geräte nicht nur in Kreisssälen benutzt wurden, sondern auch auf dem Schlachtfeld:
    "rare Bennett's field anaesthetic inhaler. Made by the J.F. Hartz Co. from bright steel or tin, it has a perforated removeable end cap with absorbent cotton and two perfect nasal prongs made of gutta percha. Later examples were all metal. Late 19th/early 20th century. Minor dent of end cap (see photo). Overall length 170 mm. with a diameter of 18 mm. For field administration of ether or other anaesthetic agent"

    Zum Fabrikanten
    Angefangen hat alles mit dem Rohstoff Eisen, der reichlich vorhanden war. Er wurde seit 1696 im Ludwigstal gewonnen und zog viele Messerschmiede nach Tuttlingen. Von zwei ortsansässigen Handwerkern zu Beginn des 18. Jahrhunderts stieg die Zahl bis 1866 auf 112 Messerschmiede. Die sogenannten "Krauterer" produzierten schließlich mehr als in Tuttlingen gebraucht wurde. Sie gingen deshalb zu Fuß auf schlechten Straßen und Waldwegen auf die Märkte nach Baden und in die Schweiz - oft sogar bis Zürich und Chur.
    Gottfried Jetter spezialisierte sich 1867 auf die Herstellung chirurgischer Geräte. Vom Messerschmied wurde er zum Instrumentenmacher. Er gründete einen Handwerksbetrieb. Neue Entdeckungen und Entwicklungen in der Medizin trugen ihren Teil dazu bei, dass sich der Betrieb ständig erweitern konnte. Auf der Weltausstellung in Wien 1873 bekam Gottfried Jetter eine Verdienst-Medaille in der Rubrik "Wissenschaftliche Instrumente" verliehen. Jetter hatte die Aufmerksamkeit der Fachleute auf sich gezogen und damit den Grundstein für seine aufstrebende Fabrik gelegt. Außer Jetter stellte das Tuttlinger Messer-schmiede-Kollektiv in Wien aus. In dieser Gruppe waren auch drei Messerschmiede, die chirurgische Instrumente zeigten: Gustav Bofinger, Jakob Link und Adam Storz. Vom Augeninstrument bis hin zur Geburtszange reichte deren Repertoire.
    1887 wurden Wilhelm und Karl Christian Scheerer, die beiden Schwager von Gottfried Jetter, zu gleichberechtigten Teilhabern – wurde die Firma in "Jetter & Scheerer" umbenannt. Richard Kny hatte 1888 in New York eine Eisenwarenhandlung eröffnet. Als die Firma von Gottfried Jetter und Wilhelm Scheerer 1893 die Weltausstellung in Chicago beschickte, wurde dies zum Anlass genommen, um 1898 mit dem lokalen Geschäftsmann Kny zu fusionieren resp. eine Zweigniederlassung in New York zu gründen, die "Kny-Scheerer Co.", die den deutschen Instrumenten einen ausgedehnten Absatzmarkt weit über die Grenzen der USA sicherte. Ein neuer Kontinent war erreicht und die Wege für Tuttlingen als Weltzentrum der Medizintechnik waren geebnet. Als aber das Deutsche Generalgouvernement im September 1914 den Export von Stahl unterband, bedeutete dies das vorübergehende Aus für die amerikanische Niederlassung, die erst mit Kriegsende an die alten Märkte anknüpfen und den US-Markt wieder mit deutschen Metallprodukten beliefern konnte...

    Vorgestellt wird ein aus Clarksville / Tennessee (USA) importiertes Selbst-Narkoseapparat für Aether [Abbildung im Kny-Scheerer-Katalog (New York und Germany) von 1920], mit einem Werksstempel am Griff "SKLAR Germany".

    Ein Link der allemal einen Besuch lohnt:
    www.phisick.com/zmed.htm