Zahnheilkunde


Zahnwurzelspülspritze

Zahnwurzelspülspritze
 

 

 Bei den Begriffen Spritze und Zahnarzt, denk jeder an die Betäubungsspritze. Doch gibt es eine 2. Form der zahnärztlichen Spritze: die Wurzel-Spül-Spritze.

 

  Bei Pierre FAUCHARD (1678-1761) finden sich erste Hinweise zum Herausholen der Wurzelpulpa aus dem Wurzelkanal. Die dazu notwendige Extirpationsnadel entwickelte Edward MAYNARD (1813-1891) 1833, indem er eine Uhrfeder zu einer einseitig gezackten Reibahle von der Stärke eines Pferdehaars umarbeitete. Die 1847 von Adolf WITZEL (1847-1906) beschriebene Methode, auf die eröffnete Pulpa ein Arsenpräparat zu legen, um zu einer dauerhaften Konservierung der Weichgewebe im Wurzelkanal zu kommen, konnte nur der damaligen Unmöglichkeit der bildlichen Darstellung geschuldet sein. Witzels Hoffnung erfüllte sich nicht. Zwar wurde zunächst der pulpitische Schmerz durch Herbeiführung einer Pulpennekrose beseitigt, es begann aber unmittelbar darauf die Entzündung im Kieferknochen an der Wurzelspitze des Zahnes als Reaktion auf das nekrotische und bakteriell infizierte Gewebe. Meistens führte diese nach wenigen Wochen erneut zu Zahnschmerzen, welche dann nur durch Zahnextraktion beseitigt werden konnten.

 

Mit der Begründung der modernen Bakteriologie durch Robert KOCH (1843-1910) hielten die Prinzipien der Antisepsis auch in der Zahnheilkunde Einzug. 1873 beschrieb Witzel die Sterilisation der Wurzelkanäle mit Carbolsäure und Phenol; andere Autoren empfahlen Formaldehyd, Schwefelsäure und Salzsäure.

 

CHKM

1905 führte Otto WALKHOFF (1860-1934) die noch heute verwendete Mischung aus Chlorphenol, Kampfer und Menthol (CHKM) in die zahnärztliche Praxis ein, sie macht den typischen Geruch einer Zahnarztpraxis aus.

"Phenolkampfer-Mischungen wurden als sog. „bakterienschädigende Mittel“ in der Medizin bereits um 1880 angewendet. In die Zahnheilkunde wurden sie 1905 von Otto Walkhoff eingeführt. Dieser hatte bereits 1882 die Anwendung von Chlorphenol zur Therapie von Pulpaerkrankungen empfohlen. Die seinerzeit am häufigsten verwendeten Mischungen enthielten 30-40% Phenol und 60-70% Kampfer. Chlorphenole, besonders Parachlorphenol, wurde in sehr ausgedehntem Maße zur Desinfektion von Wurzelkanälen sowie als lokal anästhesierendes Mittel teils in konzentriertem Zustand und teilweise in alkoholischer Lösung angewendet. Chlorphenolkampfer-Lösungen kamen aber auch bei der sog. „Durchspülungstherapie“ von Fistelgängen zum Einsatz. Hierbei wurde eine Spülkanüle möglichst tief in den Wurzelkanal eingeführt, die Kavität provisorisch verschlossen und mit moderatem Druck die Spüllösung via Fistelgang nach außen gepresst. War keine Fistelöffnung vorhanden, wurde nicht selten eine solche mittels Trokar künstlich geschaffen. Selbst noch in den 1970er Jahren wurden Chlorphenol-Kampfer-Menthol-Gemische (CHKM) neben der Verwendung als medikamentöse Einlage (mit CHKM getränkter Wattefaden) auch zum „Aus- und Durchspritzen“ von Wurzelkanälen eingesetzt. Heutzutage werden diese Präparate, wenn überhaupt, vorrangig zur medikamentösen temporären Versorgung von Wurzelkanälen verwendet" (Jens Versümer, Michael Hülsmann, Die Anwendung von Chlorphenol-Präparaten als medikamentöse Einlage“ in: Endodontie 2003; 12: 165-178).

 

Mischt man 27 % Parachlorphenol, 72% Kampfer und 1% Menthol ist das Resultat Chlorphenol-Kampfer-Menthol, ein sehr wirkungsvolles Desinfektions- und Betäubungsmittel, welches bevorzugt bei Wurzelkanälen zum Einsatz gelangt, in dessen noch so abgelegene und verästelte Regionen es problemlos vordringen kann und dabei selbst Keime beseitigt, die sich anderen Desinfektionen entziehen, Im Handel vor allem erhältlich als von der Firma Haupt in Würzburg hergestelltes "Original ChKM-Lösung nach Prof. Walkhoff".

 

NaClO

Die Kombination des seit 1818 verwendeten Wasserstoffperoxids und des seit 1915 zur Wunddesinfektion gebrauchten Natriumhypochlorits (Chlorbleichlauge) wurde 1943 von Louis Irwin GROSSMANN (1901-1988) zur Wurzelkanalspülung beschrieben. Diese Kombinations-anwendung ist bis heute ebenso wie das CHKM in den Zahnarztpraxen zu finden.

 

Exponat

Von der englischen Fa. ASH & Sons hergestellte, 20 m lange Spritze mit einer Sprungfeder, die den Kolben automatisch nach oben zieht. Herkunft: 2017 aufgelöste Praxis des Kollegen Gerhard Münster aus Innsbruck.