Zahnheilkunde


A card to start

 

Von Rassismus sprechen wir, wenn wegen bestimmter Merkmale oder der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe auf das Verhalten einer Person geschlossen wird und die Person deshalb benachteiligt, unterdrückt, beleidigt oder angegriffen wird. Bestimmte Merkmale sind zum Beispiel: Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Sprache.
Ist die hier vorgestellte Werbekarte bereits Rassismus? Eine Karte, wohl aus den 30er Jahren, mit der die Firma CHLORODONT für ihre Zahnpaste warb: die Schwarze Frau rollte bedeutungsvoll und durchaus beeindruckend ihre grossen Kulleraugen, wenn sie ihre grossen weissen Zähne bürstete - dazu musste der Betrachter den kleinen Hebel an der Unterseite der Karte hin und her schieben (Bild re/li) ...

 

Im Mai 1907 hatte der Apotheker Dr. phil. Ottomar Heinsius v. MAYENBURG (1865-1932) damit begonnen, in dem kleinen "LEO-Laboratorium" auf dem Dachboden seiner Löwenapotheke am Dresdner Altmarkt, die von ihm entwickelte Zahnpaste herzustellen. In seiner auf wissenschaftlicher Grundlage entwickelten Zahnpaste sah er eine glückliche Verbindung von Zahnpulver und Mundwasser: als unersetzliches Grundmaterial diente Naturkalkstein, welcher auf chemischem Wege in ein mikroskopisch feines Pulver von höchster Reinheit umgewandelt wurde. Dank diesem 'sensiblen' Putzkern beseitigte Chlorodont-Zahnpaste schädigende Beläge, ohne dabei den schützenden Zahnschmelz anzugreifen. Des weiteren waren ätherische Öle und sauerstoffhaltige Salze enthalten, um den Speichelfluß anzuregen, welcher die Zähne auf natürliche Weise schützt. Pfefferminz verhalf dem Ganzen zu seinem frischen Geschmack. Schließlich wurde die fertige Chlorodont-Zahnpaste in biegsame Metalltuben abgefüllt, weil sich diese im alltäglichen Gebrauch als praktisch erwiesen hatten.

 

Der Produktname war gut gewählt und versprach einen frischespendenden Atem und gesunde Beisser: "Chloros" (gr. grün, resp. frisch), "dont" (gr. Zahn). Nicht zuletzt dank intensiver Werbekampagnen eroberte CHLORODONT schnell den Markt - schon auf der I. Internationalen Hygiene-Ausstellung 1911 in München wurde die Chlorodont-Zahnpasta mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.

 

Es wird angenommen dass der Architekt und Grafiker Georg Heinsius von Mayenburg (1870-1930) nach dem Ersten Weltkrieg als Werbemanager für die Firma "Chlorodont- Mayenburg" tätig war.

 

Zur Datierung der Karte
Die gestrichelte Umrandung findet sich auf Verpackungen und Werbeaufstellern um 1920. Auch ein Neger taucht auf einem Werbeplakat der Firma auf, das 1925 in Jugoslavien belegt ist (Gubig Th, S. Köpcke, Alles begann mit Chlorodont, 2007 S. 38). Bekannter als unsere Negerfrau ist in der Chlorodont-werbung die "Chlorodontfrau", eine feine Dame mit roter Kappe und einem in Pelz gehüllten langen Hals. Der Maler Henri Dumont hatte das Motiv bereits vor 1915 entworfen. Es blieb in den folgenden zwanzig Jahren unverändertes Plakatmotiv...

 

1977 erwarb die Hans Schwarzkopf GmbH mehrheitlich Anteile an den Leo-Werken und wurde Markeninhaber von Chlorodont. Zur Zeit bemüht sich das Unternehmen Dental-Kosmetik GmbH & Co KG (Nachfolgeunternehmen der Leo Werke) um den Aufbau eines Werkarchivs und den Rückerwerb der Chlorodont Markenrechte.

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A more card: KALODONT-Reklamekarte

 

So wie die Firma CHLORODONT nutzten viele andere Fabrikanten von Pflegeprodukten die Möglichkeiten der Ansichtskarte, um sich auf dem Markte zu positionieren.

Vorgestellt werden zwei Werbekarten der Fa. F.A.SARG, die zwei forsche Soldaten darstellen, im Kampf gegen die Feinde Frankreichs, und nicht abgeneigt, auch eine Schönheit zu erobern... Wo bleibt der Bezug zur Gesundheit der Zähne? Auch der Name der Zahnpaste KALODONT überrascht, benutzen die Franzosen doch eher marginal den Buchstaben K. Die Erklärung ist einfach: KALODONT ist das Produkt einer Österreichischen Firma, die später von dem Tschechen Johann Schicht aufgekauft wurde!

- 1886 wurden erste Versuche unternommen, Zahnpaste in eine Tube abzufüllen.
- 1887 brachte der Österreicher Carl SARG (Liesing/NÖ) sein "KALODONT in der Tube" auf den Markt - Tuben aus Zinn, wie sie seit 1858 von der Malfarbenindustrie benutzt wurden!
- 1896 - 9 Jahre (!) nach SARG, brachte auch COLGATE eine Zahnpaste in der Tube auf den Markt...

Sogar die grosse Schauspielerin Sarah Bernhardt (1844-1923) wurde bemüht, um für die Paste zu werben:
"Paris 5 avril 1890
Je déclare que cette pâte dentifrice KALODONT est saine, agréable au goût et qu'elle réalise le problème rèvé, car elle donne à la bouche la beauté, le parfum et la santé".

Die sehr subtil gestochenen Karten sind signiert L. VALLET. Louis Vallet (1856-1940) hatte in der Kavallerie gedient, bevor er sich als Zeichner ausbilden liess. Seine humoristischen Zeichnungen waren in der "Belle Epoque" sehr gefragt ...
"cofondateur de la Société des humoristes, se fit connaître comme illustrateur pour Maupassant, la Vie parisienne, le Frou frou, Fémina, l’Amour, le Sourire".

Zahnheilkunde


Abdrucklöffel (1)

Abdrucklöffel 1
 

 

In unserer Sammlung befinden sich zwei Abdrucklöffel.

 

Der erste stammt aus dem Nachlass des Landarztes Guillaume KOENER (siehe Beitrag: Landarzt als Zahnarzt).

 

Modell: "A la Cloche" A3. Hersteller: JG&S (Krone), um 1880.

 

"John Grinsell & Sons, Sheffield". (John Grinsell was one of the foremost Sheffield silversmiths in the late 1800's), das Unternehmen hatte auch Betriebe in London und Birmingham). Unter dem Namen "John Grinsell & Sons" arbeitete das Unternehmen von 1871 – 1905.

 

 

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Abdrucklöffel

 

 

Abhängig vom Verwendungszweck, werden konfektionierte oder individuelle Löffel angewendet:


- Konfektionierte Löffel Hierbei handelt es sich um fabrikgefertigte Abdrucklöffel. Sie werden für die Abdrucknahme bei Ersatzbrücken, Situationsmodellen und bei normalen Kieferverhältnissen für Arbeitsmodelle verwendet.


- Individuelle Löffel Diese Abformlöffel werden auf Modellen des Patienten individuell für diesen angefertigt. Mit Hilfe dieser individuellen Löffel können genaueste Abdrücke genommen werden. Sie finden auch bei teilbezahnten und zahnlosen Kiefern ("Funktionslöffel") Verwendung.

 

 

Zum Erfinder

Der Abdrucklöffel (frz. „porte-empreinte“) wurde erstmals 1820 von Christophe François DELABARRE (1784-1862) angegeben. Geboren in Lisieux als Sohn eines Zahnarztes, promovierte er 1806 in Paris. Ab 1815 versuchte er Fehlstellungen zu ergründen und systematisierte deren Behandlung. Die Erhaltung von Milchzähnen erschien ihm besonders wichtig. Auch die Bedeutung des 6-Jahres-Molaren wurde bereits von ihm erkannt. Ab 1815 stellte er künstliche Zähne her, die er am 24.7.1819 öffentlich vorführte

[pâte à porcelaine: un gros, et de l’oxyde de fer: deux grains. Après avoir broyé les deux substances, il y rajoute divers oxydes de fer, et recouvre la surface supérieure avec de l’émail à porcelaine ou couverte. Il admettra cependant que " jusqu’à ce qu’on soit arrivé à la perfection il faut préférer les dents naturelles, lorsqu’il ne faut en remplacer que quelques-unes; mais s’il s’agit d’un dentier complet, la porcelaine est préférable, parce que la personne n’ayant plus de dents, il n’existe alors aucun sujet de comparaison "].


Ab 1817 erteilte er Unterricht. Delabarre ist auch der Erfinder des 'Sirop Delabarre', der mehr als ein Jahrhundert lang die Zahnungsschmerzen der Kleinkinder linderte… Er wurde "Médecin-Dentiste de l'Hôpital des Enfans et de l'Hospice des Orphelins" und "Professeur de Maladies de la Bouche à l'Administration générale des Hôpitaux" und "Médecin-Dentiste du Lycée, des Hospices, et du Dépôt de Mendicité de Rouen", schliesslich "Chirurgien-Dentiste de la Cour" am Hofe von Louis XVIII.

 

Bibliographie

- Chr.Fr. DELABARRE, Odontologie, ou observations sur les dents humaines, suivies de quelques idées nouvelles sur le mécanisme des dentiers artificiels. Paris 1815. Mit 4 gefalt. altkol. Kupfertaf. mit jeweils 1 Erklärungsbl. 1 Bl., S. V-X, 1 Bl., 75 S.
- Chr.Fr.DELABARRE, Traité de la seconde dentition, et méthode naturelle de la diriger; suivis d'un aperçu de séméiotique buccale. Paris, Couturier for the author, Méquignon-Marvis & Gabon, 1819. With 52 illustrations on 22 lithographed plates. XVI, 311 pp.
- Chr.Fr. DELABARRE, Traité de la Partie Mécanique de l'Art du Chirurgien-Dentiste, Ouvrage orné de 42 Planches, Paris, l'Auteur, chez Crouillebois, Gabon, Méquignon-Marvis, 1820. in-8 : pp. 323-498 ; 42 planches in-fine.

 

Exponat
Vorgestellt wird ein Löffel, erstanden am 26.2.2005 auf einem Trödelmarkt in Libramont/Belgien. Grösse C3 (nach EICHNER für den unbezahnten Kiefer).

 

Karl EICHNER war 1949/50 Student an der Humboldt-Universität und der FU. Er habilitierte 1961 in Berlin, war Gastprofessor in Chicago, kehrte als apl. Professor an die FU zurück und wurde 1970 auf den Lehrstuhl für Zahnärztliche Prothetik berufen, den er bis zur Emeritierung 1991 innehatte. Er war mehrfach Dekan des damaligen Fachbereiches Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Im Jahre 1990 erhielt er von der Universität Jena den Dr. honoris causa für seine besonderen Verdienste um die Zusammenarbeit beider Universitäten auf dem Gebiet der metallurgischen Forschung während der Zeit der DDR. Seit 1991 war er Träger des Bundesverdienstkreuzes. Er starb am 27.5.2000 im Alter von 74 Jahren.

 

Lit.:
Eichner K., Über eine Gruppeneinteilung der Lückengebisse für die Prothetik, in: Dtsch Zahnärztl Z 10 (1955), S.1831-1834

 

Zahnheilkunde


Amalgampistolen

Amalgam Stopfer
 

 

Seit 1820 (!) wird Amalgam massenhaft als Füllungsmaterial verwendet. Schon 1833 brach der "Amalgamkrieg" aus, der noch heute anhält. 1926 warnte ein deutscher Professor vor dem Amalgam:

"Die Gefahren der Amalgam-Zahnfüllung. Professor Alfred Stock, der Direktor des Kaiser Wilhelm-lnstitutes für Chemie in Dahlem, macht aus persönlichen Erfahrungen heraus auf die „heimtückische Furchtbarkeit des Quecksilbers" aufmerksam. Seine Untersuchungen brachten ihn seit 25 Jahren vielfach mit Quecksilber in Berührung, Fast ebensolange hatte er über mannigfache Beschwerden zu klagen, die im Laufe der Jahre ständig zunahmen; Kopfschmerzen, heftiges Schwindelgefühl, Schlafstörungen, Entzündungen der Augen und der Mundschleimhaut, vor allem aber Unlust zur Arbeit und starkes Nachlassen des Gedächtnisses. Auch bei seinen Arbeitern machen sich diese Symptome die auf eine sch!eichende Vergiftung schließen ließen, in stärkerem oder geringerem Maße geltend. Spät erst kam man zu der Erkenntnis daß das verdampfende Quecksilber, das sich in tausendstel und hundertstel Milligramm in der Laboratoriumsluft feststellen ließ, die Ursache all dieser physischen Störungen war. Nachdem man entsprechende Maßnahmen getroffen, kamen alle diese Erscheinungen bei den davon Befallenen allmählich zum Verschwinden, Die vielfach verwerdeten Amalgam-Zahnfüllungen enthalten auch Quecksilber und Professor Stock ist der Ansicht daß dieses im Munde langsam verdampft und durch seine Einatmung zu einer allmählichen Quecksilbervergiftung fübrt. Er rät daher dringend, daß die Zahnheilkunde künftig auf die Verwendung der gefahrbringenden Amalgamfüllung verzichtet" (Luxemburger Wort, 22.5.1926).

 

Heute ist Quecksilber auf der Liste der gefährlichen Substanzen angelangt, wird aber immer noch zur Zahnfüllung eingesetzt.

 

 

Exponat

Zwei Amalgam-Pistolen, die Untere mit Holzgriff und der Gravur "ASH". Diese Firma wurde 1829 von dem Silberschmied und Juvelier Claudius ASH (1792-1854) gegründet und besteht noch heute. Metall, vernickel. Hartgummi-Zwischenstücke. Über den Knopf am Ende des Gerätes wird ein runder Stempel herausgedrückt, damit wird die Füllung in den Zahn gepresst. Marke: ´D.R.G. 347250´ Fa. Claudius Ash & Sons, England und Berlin. L.: 14,5 cm

Ende 19.Jh.

 

 

Zahnheilkunde


Apollonia

 

Zahnschmerzen werden geheilt, wenn man im Beinhaus einen Zahn, den man einem Totenkopf ausbrechen muss, holt und in den Mund nimmt, aber um Mitternacht soll es geschehen! Auch wurde bei Zahnweh empfohlen, in ein Steinkreuz zu beißen. Ungefährlicher für die Zähne waren fromme Gebete: angerufen wurden u.a. St. Medardus († 560), St. Blasius († 316), häufiger St. Apollonia († 249).

"Derjenige, der zum Gedächtnis der heiligen Märtyrerin und Jungfrau Apollonia betet, wird an jenem Tag nicht von Zahnschmerz befallen" - das versprach die heilige römische Kirche. Und so trat im 13. und 14. Jahrhundert die Heilige Apollonia ihren Siegeszug als Schutzheilige der Zahnleiden an. Falls alles Beten nicht half, riet der Volksglaube "Bei Zahnschmerzen den Zahn einer Leiche zu berühren."

Vom Volksmund „hèllegt Plunni“ genannt, wurde St. Apollonia in vielen Pfarreien des Luxemburger Landes verehrt.

Bauernregeln
"Ist's an Apollonia feucht, der Winter [meist] [erst] [oft] sehr spät entfleucht [entweicht]".
"Kommt die [Jung]frau Apollonia, sind [auch bald] die Lerchen wieder da".
« À Sainte-Apolline, l'hiver s'achemine ou touche à sa fin. Présage certain : garde l'assurance, s'il avance [s'il est sur sa fin], que l'été sera mouillé. Mais s'il se renfrogne, après sa grogne, nous aurons mois ensoleillée ».
»Jour de Sainte-Apolline renfrogné, c'est trois beaux mois d'été qu'elle nous a gardés ».
« A la sainte apoline ne fait rien qui te ruine ».
« A la Sainte-Apolline,
Présage certain,
L'hiver s'achemine
Ou touche à sa fin ».

Erste Kirchenpatronin ist sie in
- Kalborn (lux. Kaalber) in der Gemeinde Heinerscheid und
- Rollingen bei Mersch. Die erste Kapelle von Rollingen stammt aus dem Jahre 1735 und hatte 2 Patrozinien: die hl. Apollonia und die hl Kosmas und Damianus.

Zweite Kirchenpatronin ist sie in
- Alzingen. Dazu der Bericht in der Tagespresse: „Alzingen, 10. Febr. Gestern wurde hier das Fest unserer Patronin der Hl. Apollonia unter sehr starker Betheilung gefeiert. Der hochwürdige Professor Stein von Luxemburg hielt die Festpredigt“ (Luxemburger Wort vom 10.2.1890).
- Bech-Macher. „Bech-Kleinmacher. 9. Febr. Heute wurde das Fest der hl. Apollonia hier in grösster Feierlichkeit begangen. Diese Heilige wurd bekanntlich für Linderung und Heilung von Zahnschmerzen verehrt. Eine grosse Anzahl von frommen Wallern waren von Fern und Nah zusammengekommen und erbauten sich an dem schönen Gottesdienste in der herrlich geschmückten Kirche, die seit verflossenem Jahre um eine schöne Emporbühne reicher und grösser geworden ist“ (Obermoselzeitung vom 12.2.1892)
- Bettemburg
- Greisch. „Rodt, 11,. Febr. Am letzten Sonntag wurde in dem benachbarten Greisch das Wallfahrtsfest der heiligen Apollonia gefeiert, und wegen des schönen Wetters waren von allen Seiten zahlreiche Pilger zusammengeströmt“ (Luxemburger Wort vom 12.2.1890).
- Niederkorn
- Pintsch (lux. Pënsch). Statue auf dem echten Nebenaltar. Dazu die Notiz: "Letzten Sonntag wurde in Pintsch das Fest der hl. Apollonia gefeiert. Die zu spät eintreffenden Pilger konnten in der grossen Pfarrkirche kein Plätzchen mehr erobern, derart war die Kirche mit frommen Betern besetzt, die den Schutz der hl. Apollonia für Zahnschmerzen erstrebten" (Obermoselzeitung vom 16.2.1892).
- Reisdorf
- Roullingen (lux. Rulljen) bei Wiltz
- Sandweiler (Kirchenfenster links in der Kirche)
- Welscheid
- Wormeldingen

Statuen in Luxemburg
- seit 1571 pilgerten die Luxemburger am Pfingstmontag nach der Kastel-Kapelle in Altwies, wo der „Saint-Sauveur“, aber auch die hl. Apollonia verehrt wurde ... gegen Zahnschmerzen
- Hünsdorf
- Körich: auf der linken Durchgangstür zur Sakristei Darstellung der Heiligen mit Zange und Zahn.
- Schieren
- Vianden (Kapelle)
- Hostert / Rambrouch. Zu dieser Ortschaft die Zeitungsnotiz: "Am besagten Tage eilen von allen Seiten, namentlich aus den ördlichen Teilen des Kantons Redingen und aus den benachbarten Ortschaften Pilger herbei, um entweder Abhilfe von furchtbaren Zahnschmerzen zu erflehen, oder aber um für empfangene Hilfe in diesem schrecklichen Leiden Gott dem Herrn und seiner treuen Dienerin Dank abzustatten. Seit undenklichen Zeiten ist für diesen Tag (9.2.) ein Votivamt zu Ehren der hl. Appolonia vor ausgestelltenm hochwürdigsten Gute gestiftet. Gegen 10 Uhr Morgens wird dasselbe denn auch alljährlich durch den zu Hostert residierenden Kaplan, oder den Pfarrer von Folscheid abgesungen" (Martin Blum, Wallfahrten in der Pfarrei Folscheid, in: Das Luxemburger Land, vom 13.4.1884).
An die 250-300 Pilger kamen um 1884 am 2. Februar zu dem Hochamt, es wären mehr gewesen, hätte nicht zur gleichen Zeit in Buschrodt eine Messe zur gleichen Heiligen stattgefunden...

Konnte St. Plunni nicht helfen, so konnte meist nur noch der Zähnereißer helfen. Diese Berufsgruppe nahm ihre chirurgischen Eingriffe auf Jahrmärkten vor, meist begleitet von Musik, Witzen und Zaubertricks.

Moderner Kult in Luxemburg
"Wie bereits an dieser Stelle angekündigt worden war, hatte die “Association des Patrons-Mecaniciens-Dentistes du Grand-Duché de Luxembourg" am verflossenen Sonntag, den 12. Februar 1950, ihre Mitglieder nebst Familienangehörigen vereinigt, um zum ersten Male das Fest ihrer Schutzpatronin feierlich zu begehen und dadurch diesen schönen, alten Handwerksbrauch auch in dem erst relativ jungen Zahntechnikerhandwerksverband einleben zu lassen. Trotz unfreundlicher und naßkalter Witterung war es eine recht stattliche Zahl von Teilnehmern, die morgens um 9 Uhr die Hauptstadt in Richtung Koerich verließ. In der Dekanatskirche dieses stillen und anheimelnden Landörtchens ist nämlich eines der wenigen, hier im Lande befindlichen Abbilder der Schutzpatronin erhalten. Aus dieser Ursache fand dort das eigens bestellte Hochamt, das von gesanglichen Einlagen und einer sinnvollen Predigt des Herrn Dechanten Faltz bereichert wurde, statt" (E.T. vom 2.3.1950).

Vorgestellt wird eine 60 cm hohe Gipsstatue, erworben im August 2007 in einem Antikladen in Gap.

Zahnheilkunde


Beissring (1)

 

 

    Um die Zahnungsschmerzen zu reduzieren, indem die Durchblutung desselben durch den Kaudruck minimisiert wurde, gaben die Mütter ihren Kleinkindern früher gGegenstände zum Draufbeissen – in meinem Falle war es ein abgeflachtes Holzpflöckchen, das ich an einer Schnur um den Hals trug. Die Ringe oder Stäbe hatten darüberhinaus die angenehme Eigenschaft, das Zahnen zu beschleunigen!

 

  1845 konnte man in Trier im Buchladen von Herrn F.A. Gall Zahnperlen kaufen „Sicheres Mittel, Kindern das Zahnen ausserordentlich zu erleichtern, erfunden von Dr. RANCAIS, Arzt und Geburtshelfer zu Paris“ (Anzeige Luxemburger Zeitung vom 10.4.1845).

 

Exponat

Vorgestellt wird ein in Luxemburg beliebtes Modell, das in den 50er Jahren oft als Taufgeschenk herhalten musste, ein Kunststoffring mit daran baumelndem Glöckchen. Der Hase gilt allgemein als Symbol der Fruchtbarkeit. Der Hasenmann treibt es mit 3-4 Häsinnen, diese treiben es zur Zeit ihrer Empfänglichkeit jede mit mehreren "Rammlern", die Folgen bleiben nicht aus: sie werfen 4 mal jährlich, bis zu 10 Junghasen pro Wurf. Der Osterhase wurde erstmals 1682 aktenkundig, als der Heidelberger Arzt Georg Franck von Frankenau (1644-1704) in seinen "Satyriae medicae" schrieb, man mache einfältigen Leuten und Kindern weis, der Osterhase brüte die Ostereier aus.

Zahnheilkunde


Beissring (2): Prätschendes Kind

Am Hals trägt dieses weinende Kind einen weissen Beissring. 

 

Zahnheilkunde


Docteur PIERRE

Rechnung, 1927

Die Hartseifen und Crèmes zum Scheuern der Zähne wurden in kleinen Steinguttöpfen und in Blechschachteln (s.o.) gehandelt. Dass alle Familienmitglieder ihre Zahnbürtse in demselben Porzellantopf durch die Zahn- crème zogen oder über demselben Zahnstein zum Schäumen brachten, war äusserst unhygienisch.

Dabei hatte man schon 1830 in einem Apothekerhandbuch eine Anleitung angegeben zum Befüllen von Zinntuben – mangels Gewinde musste eine derartige Tube allerdings durch Falten verschlossen werden.

Wiedererfunden wurde die Tube dann 1841 von John Goffe RAND (1801-1873), einem zu diesem Zeitpunkt in England lebenden amerikanischen Maler, um Farben aufzubewahren. Um 1850/54 setzte in Frankreich die Produktion von Tuben ein (M. Richard) – ein zweifelhaftes Unterfangen, hatte doch RAND seine Erfindung korrekt patentiren lassen. Auch in Wien wurden bald Tuben hergestellt, und der amerikanische Instrumentenhersteller A.H. WIRZ, der die Metropole 1870 besuchte, erkannte sofort den wirtschaftlichen Impakt. Er besorgte sich Baupläne, eine Presse, und eröffnete in den USA eine erste industrielle Fabrikationskette, wo er Kosmetiksalben abgefüllte. Es sollte bis 1892 dauern, bevor der Tube eine medizinische Bedeutung zukam. In diesem Jahr hörte der Zahnarzt Washington Wentworth SHEFFIELD aus New London / Connecticut, dass man in Europa Nahrungsmittelpasten in Tuben abfüllte und folgerte daraus, dass man auch Zahnpasten auf diese Weise abfüllen könne. Er aufte daraufhin Tuben [ulkigerweise in Soissons / Frankreich, nicht bei einem US-Produzenten], um die von ihm entwickelten Zahnpasten in den Handel zu bringen. Ab 1896 verkaufte die Fa. Colgate, die seit 1873 Zahnseifen und Crèmes in grosser Menge produzierte, Zahnpaste in Zinn-Tuben. 1896 führte auch die Fa.Beiersdorf/ Hamburg die Tube ein für seine Zahnpasta "Pebeco". Wer 1896 Tesa verlangte, erhielt am Ladentisch keinen Klebestreifen - nein, Tesa war der Markenname für die Patent-Tube der Zahnpasta Pebeco, verkaufstechnisch ein absoluter Flopp. Der Name Tesa war die Erfindung der Beiersdorf-Sekretärin und Kontoristin "Tesmer, Elsa", die bis 1908 in der Firma arbeitet.

1922 war auch die Zahnpaste der Fa. GLYCODONT in der Tube abgefüllt (Anzeige im Luxemburger Wort vom 14.6.1922). In Nanterre war die Firma Docteur PIERRE niedergelassen und produzierte Paste in industriellem Massstab. Das Werk hiess später FORVIL, und war vor allem bekannt für seine Brillantine…

Im April 1927 kaufte der frisch etablierte Apotheker Pierre BERTOGNE (1897-1990) für seine Drogerie in der Grand-rue in Luxemburg bei „Docteur Pierre“ Ware im Werte von 540 Franken – eine damals gewaltige Summe…

Zahnheilkunde


Eugenolflasche

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         Gewürznelken (eugenia caryophyllata) haben nichts mit unseren heimischen Nelken zu tun. Sie sind vielmehr die Blütenknospen eines immergrünen Baumes (Syzygium aromaticum), der zu den Myrtengewächsen zählt und dessen ursprüngliche Heimat die Molukken im Osten Indonesiens sind. Obwohl das Gewürz schon den Römern bekannt war, brachten es  die Araber im Mittelalter ein weiteres Mal nach Europa, wo die Kräuterbuch-autoren ihnm alsbald magen- und darmstärkende Wirkungen zuschrieben: im 13. Jahrhundert waren Gewürznelken fester Bestandteil der Klosterheilkunde.

Nelkenpulver aufs Haupt gestreut, sollte nach TABERNAEMONTANUS kalte Füße vertreiben. Ihres Aromas wegen waren die Gewürznelken ein wichtiger Bestandteil von Pestmitteln. Zum Schutz gegen Ungeziefer und Krankheitserreger wurden sie an Kinderbettchen befestigt – in Brahms Wiegenlied heißt es "Guten Abend, gut’ Nacht, mit Rosen bedacht, mit Näglein besteckt, schlupf unter die Deck' - ein uraltes Liedchen, das ins 15. Jahrhundert zurückgeht und damals lautete: "Got geb euch eine gute nacht, von rosen ein dach, von liligen ein pet, von feyal ein deck, von muschschat ein tuer, von negellein ein rigelien dar für (von Rosen ein Dach, von Lilien ein Bett, von Veilchen eine Decke, von Muskat eine Tür, von Nägelein ein Riegelein davor)". Ein Riegel aus Nelkenköpfen - etwa ein alter Abwehrzauber mit Nägeln aus Christi Kreuz, denen die Nelken-Nägel so ähneln?

 

Zum Nelken-Öl

15 % der Masse eines Nelkenkopfes besteht aus einem Öl, dessen schmerzlindernde Eigenschaften schon den alten Römern bekannt war.

Aus Nelkenköpfen gepresstes Öl enthält bis zu 95% Eugenol, welches durch Ausschütteln mit einer fünfprozentiger Kaliumhydroxidlösung in reiner Form dargestellt werden kann.

- Früher wurde dieses Eugenol in großem Umfang als Zusatz für Wurzelkanal-füllmaterialien eingesetzt. Wegen seiner ausgeprägten desinfizierenden Wirkung benutzen es Zahnärzte noch heute zu Behandlung der Pulpitis. In provisorischen Zementen und Füllmaterialien (Zinkoxid-Eugenol-Zement) kommt es, zusammen mit Eugenolether, Eugenolbenzoat, Eugenolcinnamat, Eugenolacetat, noch heute in den Handel.

- In der Geburtshilfe wurde das Öl als wehenförderndes Mittel eingesetzt. Eine Warnung an Schwangere, zuviel von dem Gewürz zu sich zu nehmen.

- Nelkenöl kann bei Blähungen und Durchfällen verabreicht werden.

 

Exponat

Braunes viereckiges Fläschchen (Höhe 7.5 cm, Kantenlänge 4.3cm) mit einer interessanten Vorrichtung, die eine Lockerung des eingeschliffenen Glaskorkens verhindert!

Zahnheilkunde


Extraktionszange (1)

 

Dieses Instrument ist der Schrecken aller Patienten: die Zahnzange (frz. „le davier“).
Schon die Römer kannten eine besondere Zangen zum Extrahieren der Zähne, die Kneif- resp. Dentalzange „odontagra“. 1545 zeichnete Walter RYFF (1500-1558) mehrere Zangenmodelle. Ambroise PARE (1517?-1590) perfektionierte die Extraktions-instrumente und nannte eines davon „daviet“. SCULTETUS bildete Zangen ab mit einer Schraube zwischen den Griffen, mit deren Hilfe er den maximalen Druck einstellen konnte. Zangen und Pelikane rivalisierten über Jahrhunderte: die Zange lag frei in der Hand, der Pelikan stützte sich mit einem Arm auf das Zahnfleisch und hob mit dem andern den Zahn aus der Alveole. Pierre FAUCHARD (1678-1761) hielt die Extraktionszangen für weniger effektiv, allerdings auch weniger gefährlich für den Patienten. Für jeden Zahn gab es bald eine besondere Zange. Man unterschied einfache französische Scharniere, runde englische und durchgesteckte amerikanische Schlösser...

Der englische Chirurg James SNELL fertigte 1832 den ersten Zahnarztstuhl an mit verstellbarer Rückenlehne. Der Stuhl war gepolstert und verfügte über eine geschickt angebrachte Spirituslampe mit Spiegel, mit der man Licht in den Mund werfen und spiegeln konnte. Von diesem SNELL stammt die Idee (1831), einen der Griffe hakenförmig zu biegen, damit der kleine Finger des Operateurs besser gehalten sei und „bei warmem und feuchtem Wetter“ weniger abrutsche.
Eine grundlegende Veränderung erfuhren die Extraktionsinstrumente durch die von dem Zahnarzt John TOMES (1815-1895) im Jahr 1841 konstruierte, den anatomischen Verhältnissen angepassten, Zahnzangen, die Pelikan und Schlüssel überflüssig machten.

 

"Peter der Große besuchte während seines Aufenthaltes in Holland sehr oft das anatomische Theater des Arztes Boerhave und er lernte dort das Seciren von Leichen sowie kleinere chirurgische Operationen. Noch seiner Rückkehr nach Rußland verwerthete er die erlernten Kenntnisse namentlich als Zahnarztspecialist, zum Besten seines Hofstaates und seiner Unterthanen. Gaißfuß und Zahnzangen hatte er immer in der Tasche. Wenn irgend jemand in seiner Umgebung Zahnschmerzen oder einen schlechten Zahn hatte, so bethätigte er dem Leidenden seine fürstliche Gunst und Kunst durch herausziehen des Zahnes. Ja das Zähneheransziehen wurde schließlich für ihn so zur Passion, daß er sogar zum Tode verurtheilte Verbrecher vor ihrer Hinrichtung noch von den schlechten Zähnen befreite oder, wenn Mangel an Patienten vorhanden war, auf einem Spaziergange in irgendein Haus trat und die Bewohner desselben heran marschiren ließ. Waren kranke Zahnen zn finden, so mußte der Besitzer derselben sich auf die Erde setzen; der Czar klemmte dessen Kopf zwischen seine Knie und operirte nach Herzenslust. Zeigte sich der Patient sehr wehleidig, so wurde er nicht etwa chloroformirt, wie dies heutzutage üblich ist, sondern der Kaiserliche Zahnarzt prügelte ihn eigenhändig durch, bis er stille hielt"(Obermoselzeitung, 28.3.1885).

 

Exponat

Vorgestellt wird eine Zange n°51 (7-93) mit „amerikanischer Form“ und nach aussen gebogenem Griff. Zusätzliche Riffelung der Griffe um die Griffigkeit zu erhöhen (Abb. im Katalog des „Medinischen Waarenhauses Berlin“ von 1900 S. 210). Der Hersteller hat seinen Namen auf das Schloβ graviert. Benjamin CODMAN kaufte 1845 das Lager des Drogisten Joseph BURNETT auf und eröffnete ein „Dental Depot“ in der Tremont’ street in Boston / Ohio. 1853 erweiterte er die Palette seines Firmenangebotes um medizinische Instrumente, die er vermutlich nach der Strasse benannte, in der sein Betrieb beheimatet war.
Nota: eine quasi identische Zange hatte schon 1867 die Firma Dentalfirma S.S. White in ihrem Katalog geführt.

Zahnheilkunde


Extraktionszange (2)

 

Briefmarken haben eine Unmenge Zähne, brauchen aber nie zum Zahnarzt! Anders die Menschen, die seit jeher unter Zahnschmerzen leiden. In der Antike sollen ein Grossteil der Selbstmorde auf unerträgliche Zahnschmerzen zurückzuführen gewesen sein …

Konservative Methoden brachten füher wenig. Daher wurde nicht lange gefackelt: ein kranker Zahn musste raus! Schon GALEN beschreibt in extenso die Technik des Zähneziehens, die Gefahr des Wurzelabbruchs usw.

Zähneziehen ist eine Frage des korrekten Materials – für jeden Zahn eine Zange: Weisheits-, Wurzel-, Molaren-. Prämolaren- und Frontzahnzange. Spezialzange für Milchzahn-extraktion. Dabei wird der Zahn mit drehenden und kippenden Bewegungen gelockert, und dann gezogen.

Zu den Exponaten: was Sie, werter Besucher, heute als "zu neu" einstufen, wird morgen ein gesuchter Ausstellungsgegenstand sein, weil niemand es für nötig befand, das "Zeug" aufzubewahren …