Zahnheilkunde


Extraktionszange (1)

 

Dieses Instrument ist der Schrecken aller Patienten: die Zahnzange (frz. „le davier“).
Schon die Römer kannten eine besondere Zangen zum Extrahieren der Zähne, die Kneif- resp. Dentalzange „odontagra“. 1545 zeichnete Walter RYFF (1500-1558) mehrere Zangenmodelle. Ambroise PARE (1517?-1590) perfektionierte die Extraktions-instrumente und nannte eines davon „daviet“. SCULTETUS bildete Zangen ab mit einer Schraube zwischen den Griffen, mit deren Hilfe er den maximalen Druck einstellen konnte. Zangen und Pelikane rivalisierten über Jahrhunderte: die Zange lag frei in der Hand, der Pelikan stützte sich mit einem Arm auf das Zahnfleisch und hob mit dem andern den Zahn aus der Alveole. Pierre FAUCHARD (1678-1761) hielt die Extraktionszangen für weniger effektiv, allerdings auch weniger gefährlich für den Patienten. Für jeden Zahn gab es bald eine besondere Zange. Man unterschied einfache französische Scharniere, runde englische und durchgesteckte amerikanische Schlösser...

Der englische Chirurg James SNELL fertigte 1832 den ersten Zahnarztstuhl an mit verstellbarer Rückenlehne. Der Stuhl war gepolstert und verfügte über eine geschickt angebrachte Spirituslampe mit Spiegel, mit der man Licht in den Mund werfen und spiegeln konnte. Von diesem SNELL stammt die Idee (1831), einen der Griffe hakenförmig zu biegen, damit der kleine Finger des Operateurs besser gehalten sei und „bei warmem und feuchtem Wetter“ weniger abrutsche.
Eine grundlegende Veränderung erfuhren die Extraktionsinstrumente durch die von dem Zahnarzt John TOMES (1815-1895) im Jahr 1841 konstruierte, den anatomischen Verhältnissen angepassten, Zahnzangen, die Pelikan und Schlüssel überflüssig machten.

 

"Peter der Große besuchte während seines Aufenthaltes in Holland sehr oft das anatomische Theater des Arztes Boerhave und er lernte dort das Seciren von Leichen sowie kleinere chirurgische Operationen. Noch seiner Rückkehr nach Rußland verwerthete er die erlernten Kenntnisse namentlich als Zahnarztspecialist, zum Besten seines Hofstaates und seiner Unterthanen. Gaißfuß und Zahnzangen hatte er immer in der Tasche. Wenn irgend jemand in seiner Umgebung Zahnschmerzen oder einen schlechten Zahn hatte, so bethätigte er dem Leidenden seine fürstliche Gunst und Kunst durch herausziehen des Zahnes. Ja das Zähneheransziehen wurde schließlich für ihn so zur Passion, daß er sogar zum Tode verurtheilte Verbrecher vor ihrer Hinrichtung noch von den schlechten Zähnen befreite oder, wenn Mangel an Patienten vorhanden war, auf einem Spaziergange in irgendein Haus trat und die Bewohner desselben heran marschiren ließ. Waren kranke Zahnen zn finden, so mußte der Besitzer derselben sich auf die Erde setzen; der Czar klemmte dessen Kopf zwischen seine Knie und operirte nach Herzenslust. Zeigte sich der Patient sehr wehleidig, so wurde er nicht etwa chloroformirt, wie dies heutzutage üblich ist, sondern der Kaiserliche Zahnarzt prügelte ihn eigenhändig durch, bis er stille hielt"(Obermoselzeitung, 28.3.1885).

 

Exponat

Vorgestellt wird eine Zange n°51 (7-93) mit „amerikanischer Form“ und nach aussen gebogenem Griff. Zusätzliche Riffelung der Griffe um die Griffigkeit zu erhöhen (Abb. im Katalog des „Medinischen Waarenhauses Berlin“ von 1900 S. 210). Der Hersteller hat seinen Namen auf das Schloβ graviert. Benjamin CODMAN kaufte 1845 das Lager des Drogisten Joseph BURNETT auf und eröffnete ein „Dental Depot“ in der Tremont’ street in Boston / Ohio. 1853 erweiterte er die Palette seines Firmenangebotes um medizinische Instrumente, die er vermutlich nach der Strasse benannte, in der sein Betrieb beheimatet war.
Nota: eine quasi identische Zange hatte schon 1867 die Firma Dentalfirma S.S. White in ihrem Katalog geführt.