Zahnheilkunde


Docteur PIERRE

Rechnung, 1927

Die Hartseifen und Crèmes zum Scheuern der Zähne wurden in kleinen Steinguttöpfen und in Blechschachteln (s.o.) gehandelt. Dass alle Familienmitglieder ihre Zahnbürtse in demselben Porzellantopf durch die Zahn- crème zogen oder über demselben Zahnstein zum Schäumen brachten, war äusserst unhygienisch.

Dabei hatte man schon 1830 in einem Apothekerhandbuch eine Anleitung angegeben zum Befüllen von Zinntuben – mangels Gewinde musste eine derartige Tube allerdings durch Falten verschlossen werden.

Wiedererfunden wurde die Tube dann 1841 von John Goffe RAND (1801-1873), einem zu diesem Zeitpunkt in England lebenden amerikanischen Maler, um Farben aufzubewahren. Um 1850/54 setzte in Frankreich die Produktion von Tuben ein (M. Richard) – ein zweifelhaftes Unterfangen, hatte doch RAND seine Erfindung korrekt patentiren lassen. Auch in Wien wurden bald Tuben hergestellt, und der amerikanische Instrumentenhersteller A.H. WIRZ, der die Metropole 1870 besuchte, erkannte sofort den wirtschaftlichen Impakt. Er besorgte sich Baupläne, eine Presse, und eröffnete in den USA eine erste industrielle Fabrikationskette, wo er Kosmetiksalben abgefüllte. Es sollte bis 1892 dauern, bevor der Tube eine medizinische Bedeutung zukam. In diesem Jahr hörte der Zahnarzt Washington Wentworth SHEFFIELD aus New London / Connecticut, dass man in Europa Nahrungsmittelpasten in Tuben abfüllte und folgerte daraus, dass man auch Zahnpasten auf diese Weise abfüllen könne. Er aufte daraufhin Tuben [ulkigerweise in Soissons / Frankreich, nicht bei einem US-Produzenten], um die von ihm entwickelten Zahnpasten in den Handel zu bringen. Ab 1896 verkaufte die Fa. Colgate, die seit 1873 Zahnseifen und Crèmes in grosser Menge produzierte, Zahnpaste in Zinn-Tuben. 1896 führte auch die Fa.Beiersdorf/ Hamburg die Tube ein für seine Zahnpasta "Pebeco". Wer 1896 Tesa verlangte, erhielt am Ladentisch keinen Klebestreifen - nein, Tesa war der Markenname für die Patent-Tube der Zahnpasta Pebeco, verkaufstechnisch ein absoluter Flopp. Der Name Tesa war die Erfindung der Beiersdorf-Sekretärin und Kontoristin "Tesmer, Elsa", die bis 1908 in der Firma arbeitet.

1922 war auch die Zahnpaste der Fa. GLYCODONT in der Tube abgefüllt (Anzeige im Luxemburger Wort vom 14.6.1922). In Nanterre war die Firma Docteur PIERRE niedergelassen und produzierte Paste in industriellem Massstab. Das Werk hiess später FORVIL, und war vor allem bekannt für seine Brillantine…

Im April 1927 kaufte der frisch etablierte Apotheker Pierre BERTOGNE (1897-1990) für seine Drogerie in der Grand-rue in Luxemburg bei „Docteur Pierre“ Ware im Werte von 540 Franken – eine damals gewaltige Summe…