Zahnheilkunde


Zahnstocher, römisch

Römischer Zahnstocher aus Trier 

Die Römer litten oft unter Zahnschmerzen. So kamen sie auf besonders seltsame Einfälle: Frösche wurden in Essig gekocht, mit der Brühe spülte man sich den Mund aus. Es gab sogar den Aberglauben, dass der Urin von kleinen Jungen gut für die Zähne wäre.

 

Das lateinische Wort "dentiscalpium" beweist, dass die alten Römer ein Gerät kannten, mit dem sie die Zähne putzen konnten. In seinem Werke "Das Gastmahl", Teil eines 16-bändigen Opus, beschreibt Petronius ARBITER, ein Zeitgenosse Neros, wie der Gastgeber seine Zähne schon vor [sic] dem Essen mit einer "Spica argentea", einem silbernen Stocher putzte. Dies scheint allerdings die einzige römische Textstelle zu sein, in der ein metallener Gegenstand als Zahnstocher benutzt wurde. Im Allgemeinen benutzten die Römer Naturprodukte zur Mundpflege Mastixholz, Federkiele): M. Valerius MARTIALIS, der von 40-103 n.Chr. lebte, hat in seinen Werken des Zahnstochers nicht weniger als 4 mal gedacht. So hat er uns im 14. Buche seiner "Epigrammaton libri" eine Art Vokabularium hinterlassen, in dem er unter der Rubrik "Dentiscalpium" zu melden weiss, dass man in Ermangelung eines Hölzchens aus Laubholz auch eine Feder zum Reinigen der Zähne benutzen dürfe:

 

Lentiscus melius: sed si tibi frondea cuspis
Defuerit, debtes pinna levare potest.

 

Vermutlich wurde der metallene Zahnstocher mit anderen Geräten der Körperreinigung (Zungenschaber, Ohrlöffelchen oder  Kopfkratzer) zu einem Bund zusammengefasst. Das hier vorgestellte Instrumentarium aus einer Kupferlegierung wurde 1999 anlässlich einer Privatgrabung (Ursulinenstrasse) in Trier gefunden. Der Ring hat einen Durchmesser von 36 mm, der Zahn(?)schaber hat eine Länge von 67 mm, der abgebrochene Stocher (?) resp. der Rest eines Ohrlöffelchens (?) hat nur noch 40 mm Länge. Wenn das Besteck auch anfänglich kein Zahnstocher war, so wurde es dazu , als der Löffel resp. das andere Teil abbrachen: "recycling" anno dazumal.

 

Zu Beginn der Neuzeit wurde der  Stocher ein unentbehrliches Accessoire: im Nachlass des 1768 verstorbenen Händlers Lucas Reiff aus Luxemburg finden wir „Un cure-dent, se trouve d’or, pèse 3 quintels à 7 patacons le lot“ (N. van Werveke, Kulturgeschichte des lux. Landes III, Luxemburg 1926 S. 72).

 

Literatur:

  • Hans Sachs, Der Zahnstocher und seine Geschichte. Eine kulturgeschichtlich-kunstgewerbliche Studie (Reihe: Kulturgeschichte der Zahnheilkunde in Einzeldarstellungen, Band 1, 62 S Orig.Leinen kl4°; mit 87 Abbildungen und 1 Tafel, Berlin 1913
  • Hirschfelder, Gunther, Europäische Esskultur. Geschichte der Ernährung von der Steinzeit bis Heute. 2001, 327 S. ISBN: 3593368153