Ansichtskarten


Backhaus-Kindermilch

 

Im 19. Jahrhunderts gelang es mehreren Forschergruppen (Liebig 1865; Nestlé 1869; Biedert 1874 ), Kuhmilch in industriellem MasStab der Muttermilch anzugleichen. 1898 entstand die modifizierte Kuhmilch nach Backhaus, indem dieser lösliche Abkömmlinge des Hühnereiweisses an die Stelle des Caseins setzte. Aus der Frühzeit dieser Milch stammt die folgende Werbekarte. Nur schade, dass das Kind im Text nicht dank der Backhausmilch zunahm, sondern dank Zwiebacksuppen!

Backhaus Kindermilch
Lith. Eckstein & Stähle, Stuttgart


"Meine Lieben! Nachdem wir heute unsere Hedwig gewogen haben, will / ich Euch die erfreuliche Mitteilung machen, dass sie / in der letzten Woche um ein ganzes Pfund zu= / genommen hat. Sie ist jetzt gerade so schwer, / wie Else in demselben Alter war. Die / Zwiebacksuppen haben also ihre Wirkung gethan! / Wenn sie wacht ist sie immer vergnügt / & lacht einen an, so bald man mit ihr / spricht. - Vorliegende Karte haben wir von unserem / Milchlieferanten bekommen (5 Stück gratis) / Es grüssen Euch herzlch Wilhelm, Luise, Else und Hedwig Geisslingen den 27.XI.98"

Alexander Backhaus (*28.7.1865 in Doberan (Mecklenburg), † 15.6.1927 in Rostock) wurde 1891 Professor der Landwirtschaft an der Universität Göttingen, 1896 Direktor des landwirtschaftlichen Instituts der Universität Königsberg, 1904 Leiter der städtischen Rieselgüter in Berlin, 1906 Direktor der landwirtschaftlichen Hochschule Montevideo und 1913 Professor an der Universität Königsberg. Während des 1. Weltkrieges war er Referent im Kriegsministerium in Berlin und seit 1919 Besitzer und Leiter des Lehr- und Versuchsgutes Bollhagen (Mecklenburg). - Er erfand ein Verfahren zur Herstellung künstlicher Muttermilch (Backhaus-Milch), errichtete in Montevideo das erste moderne staatliche Lehr- und Forschungsinstitut für Landwirtschaft, einige Landwirtschafts-schulen und Versuchsstationen. Auf seinem eigenen Gut Quednau brachte er neue Ideen zur Durchführung. Backhaus gilt als Mitbegründer der neuzeitlichen angewandten landwirtschaftlichen Betriebslehre (Wikipedia).

Lit.:

  • Kolisko, Alfred: Versuche mit Backhaus'scher. Kindermilch, in: Archiv für Kinderheilkunde, 26 (1899), S. 349 ff.
  • Biringer, Fritz, Über Ernahrung von Säuglingen mit der neuen Backhausmilch (Trypsinmilch), Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, Bonn, Med. Diss. v. [23. Juli] 1898, in: Jahrbuch f. Kinderheilkunde, N. F., Bd 49.
  • Backhaus und R. Braun, Das Milcheiweiss als Nahrungsmittel, in: Berichte des landwirtschaftlichen Instituts der Universität Königsberg i.Pr., Impr. Paul Percy 1900.
  • Olig AL., Ueber die Backhaus'sche Kindermilch, in: Zeitschrift für Untersuchung der Nahrungs- und Genußmittel, sowie der Gebrauchsgegenstände, Volume 4, Number 12 (1901), 541-543.

    Mit der industriellen Fabrikation war zugleich das grösste Problem der "normalen" Milchzufuhr gelöst: die Übertragung der Tuberkulose:
    "Kindermilch. — Wie aus dem Annoncentheile ersichtlich, bringt die CentralMolkerei auf dem Bahnhofe jetzt auch sterilisilte Kindermilch zum Verkauf. Mit Bezug hierauf theilen wir unsern Lesern folgende Notiz mit: „Das Laboratorium der Stadt Paris hat die zum Verlauf angebotene Milch einer bakteriologischen Untersuchung unterworfen. Dabei wurde festgestellt, dass von zehn Proben vier Tuberkelbaccillen enthalten. Es ist demnach unumgänglich notwendig. Kindern und Kranken, welche für solche Krankheiten viel empfänglicher sind, nur sterilisirte Milch zu geben." (Bulletin municipal officiel de la ville de Paris du 23 novembre 1896)" (Luxemburger Wort vom 26.4.1897).