Pharmazie


Hopfenmehl

Hopfen
 

 

    Humulus lupulus – echter Hopfen war die Arzneimittelpflanze des Jahres 2007. Angeblich wurde der Hopfenanbau erstmals 736 n.Chr. bei Geisenfeld in der Hallertau erwähnt. Die weiblichen Blütenstände sind die 2,5x5 cm großen sog. Hopfenzapfen (Lupuli strobulus), welche die trockenhäutigen Deckblätter tragen. Diese wiederum sind auf der Unterseite von sandkorngroßen Drüsenhaaren besetzt, die den Bitterstoff Lupulin und ein gelbes bis rötliches Harz beinhalten. Das Harz befindet sich also im Hopfenmehl (Hopfenstaub), welches durch Abklopfen oder Schütteln der Hopfenzapfen gewonnen wird.

 

Pharmazeutisch verwendete Drogen sind

- die Hopfenzapfen (Lupuli flos, Strobuli Lupuli, Strobulus Lupuli), bei denen es sich um die getrockneten, vollständigen weiblichen Blütenstände handelt. Zubereitungen aus Hopfenzapfen werden als leichtes Einschlaf- und Beruhigungsmittel genutzt. Der persische Arzt Mesue der Jüngere nutzte die Blüten der Kletterpflanze gegen Depressionen, Fieber, Entzündungen sowie Leber- und Milzleiden.

- die Hopfendrüsen (Lupuli glandula, Hopfenmehl, Lupulin), die von den Fruchtständen abgesiebten Drüsenhaare. Hopfendrüsen stellen ein grüngelbes klebriges Pulver dar, das aromatisch riecht und würzig bitter schmeckt. Sie werden durch das Ausklopfen der Hopfenzapfen gewonnen. In gepresster Form werden sie als Hopfenhasch (Lupu-Hash) als Räucherwerk oder zum Rauchen verwendet. 

 

Lupulin

Die Strobuli bestehen aus sitzenden, sich dachziegelartig deckenden, eiförmig zugespitzten, trockenhäutigen Fruchtschuppen, in deren Achse meist je zwei mit einem kurzgestielten dünnhäutigen Deckblättchen umhüllte Blüten stehen. Blüten- und Deckblättchen sind reichlich, Zapfenachse und Fruchtschuppen spärlich mit Drüsenhaaren besetzt. Diese Drüsen bilden die Droge LUPULIN. Sie wird aus den bei Trocknung in den Darren sich öffnenden Blütenständen durch Sieben gewonnen. LUPULIN stellt ein grüngelbes Pulver dar, das neben Fett, Wachs, Pentosanen, Eiweiß und Mineralsubstanzen 1-3% ätherisches Öl, gegen 50% Harzsubstanzen und das Alkaloid Hopein enthält.

 

Hopein, ein Phytohormon

Interessant für die Frauenheilkunde wurde Hopfen erst mit der Beobachtung unerklärbarer Zyklusstörungen unter Hopfenpflückerinnen und dem Nachweis seiner polyphenolischen Inhaltsstoffe mit außerordentlichem östrogenem Potenzial. In den 1960erJahren beobachtete man, daß junge Hopfenpflückerinnen verfrüht ihre erste Menstruation bekamen, gestandene Frauen kriegten alle innerhalb von 2 Tagen ihre "Tage" – in Belgien hatte dieses Phänomen der Regelsynchronisierung sogar einen eignenen Namen. Man nannte es "démon du houblon". Auch von gehäuften Zwischenblutungen ("3Regeln im Monat") wird berichtet! Die diesem Phänomen zugrunde liegende östrogene Wirkung des Hopfens geht hauptsächlich auf den Gehalt an Hopein (8-Prenylnaringenin) zurück, ein stimmungsaufhellendes Morphin (!), das nur in den weiblichen Blüten des Hopfens vorkommt. Der Stoff wirkt als Agonist am Estrogenrezeptor. Hopein gilt als das stärkste Phytoöstrogen mit agonistischer Wirkung an den Östrogenrezeptoren und, bei besonderer Affinität zum -ER, als natürliches SERM. Hopfenzupfen - eine natürliche Art der Empfängnisverhütung!

- bei Frauen soll es die Libido steigern, vasomotorische Hitzewallungen reduzieren und kardiovaskulären Schutz und protektive Effekte für die Knochendichte bringen.

- bei Männern führt die Einnahme von Hopein und anderen Hopfenbestandteilen ebenfalls zu östrogenartigen Effekten: äußerlich zur Gynäkomastie und zum Bierbauch, innerlich zu einer „Besänftigung“ von Trieben und Bedürfnissen, die durch das männliche Geschlechtshormon Testosteron angefeuert werden. Und genau dies war es, was die im Zölibat lebenden Mönche im Mittelalter brauchten: Präparate, die ihre sexuellen Triebe und Lüste dämpften (sie kannten neben Hopfen übrigens noch andere solche Wirkstoffe – allesamt mit hormonellen Wirkungen wie zum Beispiel „Keusch-Lamm“ oder „Mönchspfeffer“). Ganz in diesem Sinne wurde Jungen zum Unterdrücken des Onanierens früher Hopfentee verabreicht.

 

Hopfenanbau in Luxemburg

Nachweislich wird seit 1560 Hopfen in der Eifel angebaut. In Luxemburg brauten die Mönche im gesamten Mittelalter Bier und setzten ihm Hopfen als Würzmittel zu. Irgendwann verlor sich die Gewohnheit, den Hopfen vor Ort selber anzupflanzen - man zog es vor, ausländischen Hopfen anzukaufen. Nur sporadisch wird Hopfenanbau erwähnt, so 1851, als einem gew. Fischer aus Cessingen eine Medaille verliehen wurde im "Concours Hopfen" (Der Wächter an der Sauer, 1.10.1851). Erst nach dem 2. Weltkrieg kam man auf die Idee, es wieder mit dem Anbau von Hopfen zu versuchen. Da im Mittelalter ausschließlich Mönche sich um Anbau und Ernte des Hopfens gekümmert hatten, besaß man hierzulande keinerlei Erfahrung mit Zyklusanomalien, die mit dieser Pflanze und ihrer Ernte in Zusammenhang stehen:

"Aus dem Sauertal. Auf Anregung des Professorenkorps der Ackerbauschule werden heuer in unserem Lande erstmalig Hopfenanbauversuche durchgeführt und zwar von nachstehenden Landwirten: Henri Faltz-Weydert aus Gilsdorf, Jos. Goerens aus Schieren, Bernard Meyers-Turpel aus Bettendorf, Nic. Roeder-Raminger aus Möstroff und Nic. Schmit-Wenkin aus Bastendorf. Auffallend in diesen sogen. Hopfengärten sind die bis 6 m langen Hopfenstangen, die 2 m auf 1,60 m Abstand haben und an denen sich die Schlingpflanzen mit ihren Klimmhaaren hochwinden. Als Anbauort kommen nur tiefgründige, sandige Lehmböden in windgeschützten und sonnigen Lagen in Betracht. Bereits im Herbst wurde der Boden bei reichlicher Stallmist-, Thomasmehl- und Kalidüngung tief umgegraben. Sodann wurden im Frühjahr die aus Belgien bezogenen etwa 10 cm langen Stecklinge der hochwertigen Halertosorte gepflanzt. Allerdings kann erst im 2. oder 3. Anbaujahr mit einen lohnenswerten Ertrag der 12 bis 15 Jahre ausdauernden Pflanzen gerechnet werden. Es werden nur weibliche Pflanzen angebaut, aus deren Fruchtständen grünlichgelbe Zapfen entstehen. Die sommersüber auftretenden Krankheiten (z. B. Meltau und Rost) und tierischen Schädlinge (Hopfenkäfer, Milbe u. a.) müssen mit geeigneten Spritzmitteln bekämpft werden. Wenn die Fruchtzapfen Ende August oder Anfang September sich hart anfühlen, werden sie gepflückt und auf Hürden oder luftigen Dachböden getrocknet. Sie liefern das Hopfenmehl (Lupulin), das wegen seines Gehaltes an Bitterstoffen bei der Herstellung des Bieres Verwendung findet Die erwähnten Anbauversuche, deren Ergebnisse man erst abwarten wird, bezwecken die Hopfenkultur hierlands einzuführen um unsere Bierbrauereien, welche in dieser Hinsicht bisher ausschließlich auf das Ausland angewiesen waren, mit Bitterstoffen beliefern zu können, und um unseren Landwirten eine neue Erwerbsquelle zu erschließen. Da für die getrockneten Zapfen verhältnismäßig hohe Preise bezahlt werden, verspricht der Hopfenanbau eine lohnende Beschäftigung zu werden. Selbstverständlich kommen für die neue Kultur, die viel Fleiß und Sorgfalt erfordert, nur solche landwirtschaftlichenBetriebe in Betracht, die über genügend Arbeitskräfte verfügen. Es ist zu begrüßen, daß unsere einheimischen Bierbrauereien sich für die Neuanlagen interessieren und die lobenswerte Initiative finanziell unterstützen. Die Diekircher Brauereigesellschaft wird im nächsten Herbst in zuvorkommender Weise das Trocknen der Fruchtzapfen besorgen und einen Brauversuch damit anstellen" (Obermoselzeitung, 27.6.1947).

"Aus dem SauertaI. Die in diesem Jahr durchgeführten Hopfenanbauversuche in 5 verschiedenen Ortschaften (Schieren, Gilsdorf, Bettendorf, Moestroff und Bastendorf) haben ein befriedigendes Ergebnis gebracht. In den letzten Wochen wurden die Fruchtzapfen geerntet und an eine belgische Brauerei unweit Dinant verkauft, welche das Dörren der Zapfen besorgt und einen Brauereiversuch damit anstellen wird" (D'Unio'n, 3.10.1947).