Pharmazie


Tinktur, Kappenflasche

Apothekenflasche mit "bell cover", Glockenbecher als Abdeckhaube 

 

Unter Tinktur versteht der Apotheker einen Extrakt aus pflanzlichen oder tierischen Grundstoffen, der mit Ethanol (meist 70 %ig, auch Äther, Spiritus aethereus, Aceton oder Wasser) hergestellt wurde. Die beiden verschiedenen Herstellungsverfahren heißen Mazeration und Perkolation. Daneben werden auch alkoholische Lösungen solcher oder anderer Grundstoffe als Tinktur bezeichnet (z. B. Iodtinktur).

 

1531 machten die spanischen Eroberer in Peru die Bekanntschaft mit dem - für die Eingeborenen heiligen - Kokastrauch. Der Saft der Blätter half den Bewohnern der Hochgebirge, die dünne Luft besser zu ertragen. Tinctura Cocae wird aus dieser Kokapflanze gewonnen. Eine braune, leicht bitter schmeckende Substanz, die am Gehirn stimulierend und am Magen beruhigend wirkt.

 

1859 liess sich der Göttinger Arzt und Chemiker Friedrich WÖHLER (1800-1882) von dem Weltreisenden und Naturforscher Karl von SCHERZER (1821-1903) Kokablätter schicken und übergab sie seinem Doktoranten Albert NIEMANN (1834-1861) zur Analyse, um den Wirkstoff zu ermitteln. Dieser hatte Erfolg und konnte 1860 mit seinen Untersuchungen promovieren - und den kristallin sauber dargestellten Wirkstoff "Kokain" taufen. Die Bezeichnung „Kokain“ gibt es also streng genommen erst, seit die Wirksubstanz in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts chemisch isoliert werden konnte. Der Konsum von Kokain aber reicht de facto bis zu den Inkas, sehr wahrscheinlich sogar noch weiter zurück.

 

In Europa brach eine wahre Hysterie aus, alle nur erdenklichen Krankheiten meinte man mit Kokablättern therapieren zu können. Schon bald nach ihrer Reindarstellung wurde Kokain zur Behandlung von Depressionen und zur lokalen Betäubung vor allem bei Augenoperationen eingesetzt - schon NIEMANN hatte dessen lokalanaesthetische Wirkung auf die Zungenschleimhaut erkannt.

 

Gut 25 Jahre nach ihrer Entdeckung wurde Kokain in den USA einem Getränk zugesetzt, das unter dem Namen Coca-Cola als Allheilmittel vermarktet wurde - bis 1903 enthielt 1 Liter Coca Cola etwa 250 mg Kokain! Aufgrund der sich häufenden Todesfälle im Zusammenhang mit kokainhaltigen Getränken wurde der Kokainzusatz in Getränken jedoch 1914 gesetzlich verboten.

 

 

Exponat

Vorgestellt wird ein 220 mm hohe Kappenflasche für Koka-tinktur.