Pharmazie


Rezeptbuch

 

In Frankreich war 1902 ein standardisiertes Register eingeführt worden, in dem die Apotheker die eingehenden Rezepte eintragen mussten - dieses Register nahm 1915/16 den Namen "ordonnancier" an und wurde durch Gesetz vom 14. September 1916 offiziallisiert. Visiert waren vor allem die Magistralen Rezepturen - giftige, toxische, aber auch banale Alltagsmixturen.


Am 8. Dezember 1917 wurde in Luxemburg ein entsprechendes Rezeptbuch eingeführt - die Ausführungsbestimmungen des Gesetzes wurden, nach einer kriegsbedingten Latenz von 5 Jahren, 1922 veröffentlicht:
"Beschluss vom 19. Mai 1922, betreffend die pharmaceutische Buchführung auf Grund von Art. 31 des allgemeinen Lastenheftes für die Einrichtung und den Betrieb von Apotheken.
Der Generaldirektor der Finanzen:
Nach Einsicht des Ministerialbeschlusses vom 19. September 1905, betreffend Veröffentlichung eines allgemeinen Lastenheftes für die Einrichtung und den Betrieb von Apotheken, in Ausführung des Grossh. Beschlusses vom 25. Juni 1905, sowie des Ministerialbeschlusses vom 8. Januar 1914, betreffend Abänderung des Art. 31 des durch vorerwähnten Beschluss veröffentlichten allgemeinen Lastenheftes;
Nach Einsicht des Ministerialbeschlusses vom 1. Dezember 1917, betreffend die pharmaceutische Buchführung auf Grund des Art. 31 des allgemeinen Lastenheftes für die Einrichtung und den Betrieb von Apotheken;
Nach Einsicht der Art. 7 und 16 des Grossh. Beschlusses vom 25. Juni 1905, betreffend Ausführung des Gesetzes vom 28. Februar 1905 über das Apothekenwesen;
Nach Einsicht der Art. 8 und 9 des IV. der Königl. Grossh. Ordonnanz vom 12. Oktober 1841 angefügten Reglements;
Nach Einsicht der Vorschläge des Medizinalkollegiums;
Beschliesst:
Art. 1. Die durch Art 31 des als Anlage zum Ministerialbeschlusses vom 19. September 1905 veröffentlichten allgemeinen Lastenheftes, sowie durch die Beschlüsse vom 8. Januar 1914 und 1. Dezember 1917 vorgesehenen Geschäftsbücher sind vom 1. Juni künftig ab gemäss den dem Beschluss vom 1. Dezember 1917 als Muster beigefügten Anlagen zu führen.
In das Rezeptbuch werden, Tag für Tag unter einer laufenden Nummer und unter Angabe der Verkaufspreise, sämtliche Anweisungen und Verordnungen von Medizinalpersonen eingetragen.
Enthält eine Anweisung oder ein Rezept zu gleicher Zeit zwei oder mehrere Verordnungen, so muss eine jede dieser Verordnungen unter einer besonderen Nummer eingetragen werden.
Die Wiederholungen sind als neue Anweisung anzusehen und deshalb neuerdings unter einer neuen Nummer an dem Tage einzutragen, an dem die Wiederholung stattgefunden hat.
Die im Rezeptbuch eingetragene laufende Nummer muss auf den Originalrezepten, die die Apotheker gemäss Art. 9 des IV. Reglements vom 12. Oktober 1841 aufbewahren müssen, sowie auf der Etiquette der Flasche, des Kartons, des Gefässes oder des Behälters, worin das Medikament enthalten ist, vermerkt werden.
Das Rezeptbuch ist monatlich abzuschliessen; die monatlichen Ergebnisse sind auf ein besonderes Blatt, das beim Umsatzbuch die letzte Seite bildet, zu übertragen und am Ende des Jahres zusammenzuziehen.
Eine genaue und vom Apothekervorstand als richtig zu bescheinigende Abschrift der Jahreszusammenstellung ist der Regierung jedes Jahr vor dem 20. Januar zu unterbreiten.
Art. 2.
Art. 3
Luxemburg den 19. Mai 1922. Der General-Direktor der Finanzen A. Neyens"
(Memorial des Grossherzogtums Luxemburg N°38 vom 23. Mai 1922).


Vorgestellt wird ein französisches Rezeptbuch der Apotheke GALY, 1 Grande Rue in Alençon/Orne aus den Jahren 1944/45. Für den Medizin- und Pharmaziehistoriker sind diese Register wertvolle Zeugen der medizinischen Praxis früherer Jahre. Man kann das Kommen und Gehen bestimmter Rezepturen verfolgen - mal eine Modeerscheinung, mal Ausdruck medizinischen Fortschrittes. In dem vorliegenden Register tauchen heute gänzlich vergessene Substanzen auf wie das Laudanum Sydenham (Morphium) und die desinfizierenden Silberlotionen, deren Bedeutung mit der Verbreitung des Penicillin schnell abnahmen:

  • Collargol, pommade (fol.0v),
  • Argyrol, collyre (fol.2r),
  • Nitrate d'argent, collyre (fol.4v),
  • Protargol, solution (fol.47r).

    Den Gynaekologen amüsieren "cachets aux extraits ovariens et de corps jaune" (fol 38v), extraits mammaires (fol 39r) und die "cachets d'ovarine" (fol.89v)