Pharmazie


PRONTOSIL-Röhrchen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Seit den Arbeiten von Paul EHRLICH mit Trypanrot wurden alle Farbstoffe auf eine eventuelle antibakterielle Wirkung getestet. Dazu stellten die Bayer-Werke 1927 eigens einen Mitarbeiter der Universität Münster ein, Dr. Gerhard DOMAGK (1895-1964). Im Dezember 1932 wurde in den Laboratorien der Bayer AG von den Chemikern Fritz Mietsch (1896-1958) und Josef Klarer (1898-1953) das Produkt "Sulfonamido-chrysoidine" synthetisiert mit dem Ziel, Woll-Textilien, Seide und Leder orangerot zu färben – unter dem Namen "Prontosil rubrum" kam das zuvor unter der Versuchsnummer D 4145 getestete Färbemittel in den Handel. Seit den Arbeiten von Philipp Heinrich HÖRLEIN (1882-1954) im Jahre 1909 war gewusst, dass Sulfonamid-Gruppen zu einer besseren Haftung von Azo-Farbstoffen an Wolle führte. Wenn Sulfonamide an Wolle hafteten, warum nicht auch an Bakterien – immerhin bestanden beide aus Eiweiss! In Bakterienkulturen erwies sich die Substanz als quasi unwirksam. Aus bislang ungeklärten Gründen testete DOMAGK die Substanz dennoch weiter. Und siehe da: bei Mäusen entwickelte die neue Substanz eine starke antibiotische Wirksamkeit gegen Streptokokken!


- als seine einzige Tochter, die 6jährige Hildegard im Februar 1933 nach einer Stichverletzung mit einer Nähnadel mit einer Lymphangitis sprich "Blutvergiftung" schwer erkrankte, setzte DOMAGK das bislang kaum am Menschen getestete D4145 ein: die Tochter genas (nach mehrmaligen Injektionen von jeweils 10 Gramm), ohne dass der Arm amputiert werden musste. Die Nachricht von dem Wundermittel sickerte durch.


- der Düsseldorfer Arzt Robert FOERSTER setzte D4145 im Mai 1933 per os bei einem 10 Monate alten Säugling ein, der an Staphylokokkensepsis litt und berichtete am 17. Mai vor der Düsseldorfer Dermatologischen Gesellschaft. Auch andere Ärzte des Ruhrgebietes scheinen mit kleinen Dosen beliefert worden zu sein. (https://de.winelib.com/wiki/Sulfonamide).


- nach mehrjährigen klinischen Experimenten der Substanz (unter der Bezeichnung "Streptozon") im Klinikum Wuppertal/Elberfeld (1932) und an den Universitätskliniken Düsseldorf (1933), publizierte er seine bahnbrechende Arbeit: Ein Beitrag zur Chemotherapie der bakteriellen Infektionen, in: Deutsche Medizinische Wochenschrift 1935. Bd. 61, S. 250. Im Sommer 1934 erzielte Domagk mit einer Molekülveränderung an D4145 eine bessere Löslichkeit um auch schwerste Streptokokkeninfektionen mit den nötigen hohen Dosen behandeln zu können. Diese neue Substanz nannte er "Prontosil" (Andreas Dutly, Gerhard Johannes Paul Domagk, 2002).

 

Somit stand den Ärzten ab 1935 - unter dem Namen "Prontosil" resp. Rubiazol - ein gegen Streptokokkeninfektionen wirksames Arzneimittel zur Verfügung. Am 11.9.1943 schrieb das "Luxemburger Wort" in einem Artikel "Die Deutsche Medizin", dass "von den Deutschen Domagk, Klarer und Mietzsch" im Prontosil ein wirksames chemotherapeutisches Heilmittel gegen Kindbettfieber gefunden" worden sei. 2 Monate später kam der Autor zur Welt – seine Mutter konnte voll auf deutsches Prontosil vertrauen …

 

Bayer's Fritz malt alle Keime bunt,
Sein Prontosil färbt sie schön rot.
So kommen viele auf den Hund
und manche enden mausetot.
Die Moral aus der Geschicht:
Bist du ein bös' Erregerlein
Trau keinem Apotheker nicht
und malt er noch so hübsch dich fein.

HK