Pharmazie


Opotherapie

 

1906 stellten der Franzose Paul CARNOT (1869-1957) und seine Mitarbeiterin Catherine Deflandre die Hypothese auf, dass ein humoraler Faktor die Blutbildung regele. Ihre Hypothese gründet auf Experimenten, bei denen das Blutserum von Kaninchen, die zuvor durch Aderlass anämisch gemacht wurden, nach Injektion in gesunde Kaninchen bei diesen die Anzahl roter Blutkörperchen deutlich erhöht.
"En 1906 le docteur CARNOT, professeur de thérapeutique à la Faculté de Médecine de Paris et médecin des Hôpitaux, communiquait au monde savant, en conclusion d'une série de travaux de laboratoire et d'applications pratiques, que le traitement de tous les états anémiques allait, hors d'un empirisme souvent grossier, être orienté, à son tour, dans la voie féconde de la Sérothérapie: en administrant à un organisme anémisé du sérum d'animaux mis, par saignée préalable, en pleine crise de régénération hématique, c'est-à-dire du "sérum hémopoïétique", on provoque une augmentation rapide et durable du nombre des globules rouges et de leur richesse en hémoglobine" (Werbung der Fa. ROUSSEL).

1909 griff der seit 1903 in Paris lebende Tierarzt Gaston ROUSSEL (1877-1947) aus Auxerre die Idee CARNOT's auf. Aus Kaninchen liess sich kein industrielles Produkt darstellen ! So wandte sich ROUSSEL den Pferden des Fuhrbetriebs in Pantin zu, der "Compagnie générale des Omnibus", deren medizinische Überwachung ihm oblag. An den Pferden bestätigte ROUSSEL die Beobachtung, die CARNOT an Kaninchen gemacht hatte - dass das Serum aus dem zweiten Aderlass eine besondere Wirkung gegen die Blutarmut aufwies.

Wie also dieses Wundermittel in industriellen Mengen produzieren? 1920 begründete ROUSSEL, zusammen mit den Kollegen A. Caldairon und A. Lindeboom das "Seruminstitut", dessen Stallungen (1920 nur 100, 1926 an die 1.000 Pferde) ausserhalb von Paris verlegt wurden, in die Gemeinde Romainville.

Bei dem Präparat "HEMOSTYL" handelt es sich nicht um die Reindarstellung eines Wirkprinzips, sondern um eine "Opothérapie sérique", eine Therapie mit einem Gesamt-Organ-präparat. Wirkprinzip des HEMOSTYL ist - aus heutiger Sicht - das in der Niere produzierte Hormon EPO - berühmt-berüchtigt als Dopingmittel.


Der Inhalt der HEMOSTYL-Ampullen konnte sowohl per os, als auch rectal, subcutan (durch einen Arzt) oder lokal verabreicht werden.

Auch als Sirop in reich genoppten Flaschen im Handel sowie in Tablettenform.

1928 wurde im gleichen Romainville die Fa. Uclaf gegründet "Usines Chimiques des Laboratoires Français", 1961 Gründung des Unternehmens ROUSSEL-Uclaf.
Ab 1968 beteiligte sich Hoechst am Firmenkapital, und sollte von nun an nicht mehr locker lassen: 1974 übernahm Hoechst die Aktienmehrheit, 1993 wurden die Betriebe Hoechst und ROUSSEL zusammengelegt (OPA !).

Siehe auch unter Werbung.
Vorgestellt werden eine Werbeschachtel (Arztmuster, 4 Amp.), eine Verkaufspackung (6 Amp) sowie eine Originalampulle aus der Werbeschachtel.

Lit.:
- Clotilde Camille Deflandre, Les applications du sérum hémopoïétique, dissertation, 1910.
- M. Hecquet, Le sérum hémopoïétique: son action dans les anémies tuberculeuses (Université de Lille), 1912.