Pharmazie


Herbarium (1)

 

Pflanzen sind seit Jahrtausenden wichtige Heilmittelquellen, weshalb Apotheker und Drogisten sie früher in der freien Natur, später auch in eigens dafür angelegten Kräutergärten, sammelten. Für ihre Arbeit war es absolut notwendig zu wissen, wie eine Heilpflanze aussieht und wie sie wirkt. Deshalb gingen sowohl die Apotheker- als auch die Drogistenlehrlinge vor einigen Jahrzehnten noch mit der Schule ins Grüne, um Kräuter zu bestimmen, zu pressen und zu trocknen. Mit den auf diese Weie gesammelten Heilpflanzen legten sie ein so genanntes „Herbarium“ an: eine Art Katalog mit getrockneten Pflanzen und zusätzlichen Informationen wie dem lateinischen Pflanzennamen, dem Vorkommen, der Wirkung und Verwendung.

1578 gründete der Pariser Apotheker Nicolas Houel (1520-1584) innerhalb des von ihm initiierten "Hôpital de la Charité" in der rue de l’Oursine (heute rue Broca) eine private Schule für angehende Apotheker, die "Ecole des jeunes apothicaires" und gliederte ihr einen botanischen Garten in der r. de l'Arbalète an, in dem an die 1.000 einheimische und exotische "simples" gezüchtet wurden. 1624 wurde in der rue de l’Arbalète die "Ecole de pharmacie" gegründet, die folglich die Gärten der Vorgängerinstitution übernehmen konnte.
Es gab also die Möglichkeit, Pharmazie in einer Schule zu erlernen. In der Regel allerdings wurde der Beruf des Apothekers in der Apotheke des Vaters, des Onkels oder auf einer "Gesellentour" quer durch die Lande erlernt. Erst die Französische Revolution sollte diese Verhältnisse grundlegend ändern: das Gesetz vom 21. germinal an 11 (11 avril 1803) schuf eine landesweit einheitliche und staatlich geregelte Berufsausbildung der Apotheker.
Am 8. Oktober 1803 wurde die entsprechende "Ecole de pharmacie de Paris" gegründet - die bald aus allen Nähten platzte. 1876 wurde daher neues Bauland aufgekauft, die Schule zog 1882 in die Neubauten um - im Hauptgebäude wurde ein "Musée de Matière médicale de la Faculté de Pharmacie de Paris" eingerichtet, das noch heute jeden Sammler vor Neid erblassen lässt (die alten Gebäude wurden vom Institut national agronomique übernommen), in den Gärten des einstigen Kartaeuserklosters wurde ein neuer botanischer Garten angelegt, der noch heute besteht ... Der Garten des Karthäuserklosters, die "pépinière du monastère des Chartreux de Paris" belieferte im Mittelalter ganz Frankreich mit Obst-Neuzüchtungen - aus diesen Gärten gingen auch der "verger du Luxembourg" hervorging ...

Früher entstanden Medikamente durch Verarbeiten von Pflanzen- und Tierteilen sowie von Mineralien. Nichts ist daher natürlicher, als die angehenden Apotheker in die antike Kunst der Botanik einzuführen, um Ihnen ein Gespür zu vermitteln für die Pflanzen, die den Reichtum ihrer Vorfahren begründeten. So unterhält die Pharmazeutische Fakultät der Universität Paris für ihre Studenten einen kleinen botanischen Garten, im 6. Arrondissement gelegen (Eingang über die n°4 der r. de l'Observatoire, der Baumallée entlang gehen, dann nach rechts einbiegen). Ein kleines Gewächshaus und ein Teich mit Goldfischen ergänzen die Idylle im Herzen von Paris. Am Ende des 2. Studienjahres erwartet die Pharmaziestudenten alljährlich die "épreuve de reconnaissances de plantes" im Garten der Fakultät ...

Dieser Park sollte nicht verwechselt werden mit dem 1626 angelegten "Jardin du Roy", der durch Edikt von Mai 1635 "Jardin Royal des Plantes Médicinales" wurde: Guy de la Brosse, Arzt des Königsi Louis XIII, empfahl letzterem, einen botanischen Garten anzulegen, in dem die Medizinstudenten das Pflanzenreich erforschen sollten. Seit 1650 öffentlich zugängig, 28 ha gross, befindet sich der "Jardin des Plantes" mit seinen tropischen Treibhäusern, dem kleinen Zoo und seinen zahllosen Denkmälern im 5. Arrondissement, in der Verlängerung des Pont d'Austerlitz.

Lit.:

  • Léon Guignard, Le Jardin botanique de la Faculté de pharmacie de Paris. Résumé les caractères des familles végétales avec la liste des plantes cultivées en pleine terre et dans les serres et un plan du jardin, Editions Plan, 1922.
  • Léon Guignard, Le Jardin botanique de la Faculté de pharmacie de Paris. Résumé les caractères des familles végétales avec la liste des plantes cultivées en pleine terre et dans les serres et un plan du jardin, 4e édition, revue et mise à jour par M. Paul Guérin, professeur à la Faculté de pharmacie de Paris et à l'Institut national agronomique (Guignard war "membre de l'Institut et des Académies de médecine et d'agriculture").
  • Claude-Pierrette Bournique, Guide du jardin botanique de la faculté de pharmacie de Paris, Laboratoire de Botanique de la Faculté de ^harmacie, 1986.
  • Edouard Comarco, La faculté de Pharmacie de Paris (1882-1982), 207 S., 1982.

    Ansichtskarte: der Botanische Garten der pharmazeutischen Fakultät Paris, 1908.