Pharmazie


Giftflasche, grün

 

Gifte wurden zu unterschiedlichsten Zwecken verkauft - zum Töten von Ratten und anderm Ungeziefer, zum Desinfizieren von Ställen, von Aborten etc. Immer wieder kam es zu tödlichen Vergiftungen, wenn Kranke Nachts in der Dunkelheit oder im Fieberwahn die falsche Flasche aus der Hausapotheke entnahmen und sie ansetzten. Die Pharmaindustrie reagierte und brachte ab etwa 1870 Flaschen heraus, deren Farbe (Kobaltblau, Honigbraun, Smaragdgrün), Form (sechseckig, dreieckig) oder andere Auffälligkeiten (Rippen, Noppen, Totenkopf) den zerstreuten Benutzer warnen sollten.

"Hoscheid, 2. Sept. Ein höchst bedauerlicher Unfall durch Unvorsichtigkeit ereignete sich allhier gestern Abend. Der 45jährige Fuhrknecht Meisch von der Kehrmühle trat in die Behausung des Ackerers M., allwo ihm wie gewöhnlich von der Tochter des Hauses ein Schnäpschen angeboten werden sollte; doch dem Unglücklichen wurde anstatt Branntwein unvorsichtigerweise Karbol ausgeschenkt, den derselbe auch in einem Zuge zu sich nahm. Der arme Mann ist heute Morgen unter schrecklichen Qualen gestorben" (Luxemburger Wort vom 5.9.1900).

„Bis ins 19. Jahrhundert spielte die Form der Apothekerfläschchen eine entscheidende Rolle. Runde Flaschen enthielten in erster Linie Tropfen, die geschluckt wurden. Sechseckige Flaschen hingegen enthielten Flüssigkeiten, die zur äußeren Anwendung gedacht waren. In viereckigen Flaschen wurde vornehmlich Gifte aufbewahrt und dreieckige Flaschen wurden meist besonders akribisch unter Verschluss gehalten: in die dreieckigen Flaschen wurde Morphium (tinct. opii hydrochlor.) abgefüllt – allein die ungewöhnliche Form der Flasche signalisierte gleich wenn man sie in die Hand nahm, womit man es zu tun hatte – Verwechslungen wurden auf diese Weise ausgeschlossen“ (Planet Wissen ZDF 2006).

Grün galt früher vielfach als typische Farbe für alles was giftig war: grünes, nicht reifes Obst, von dem man Bauschmerzen bekam. Als giftgrün bezeichnet man ein sehr intensives helles Grün. Der Name "giftgrün" entstammt dem Umstand, dass man zur Erzielung eines intensiven Grüns früher den giftigen und heute verbotenen Farbstoff "Schweinfurter Grün" (Gemisch aus Kupferacetat und Kupferarsenit) verwendete.

Was haben ein Apotheker und ein Pirat gemein: beide künden ihr Unwesen mit einer Totenkopffahne an! Als Erster benutzte der englische Pirat Edward ENGLAND diesen Typ Fahne, um die Mannschaft des aufgebrachten Schiffes in Panik zu versetzen.

Amerikanische und englische Giftflaschen werden in grosser Zahl auf internationalen Märkten angeboten. In den USA ist das Sammeln von Giftflaschen zum beliebten Hobby avanciert, eine Organisation, die "APBCA" (American Poison Bottle Collectors Association) berät die Sammler. Vorgestellt wird eine dunkelgrüne Apotheken-Giftflasche mit Totenkopfmotiv, Rippenmuster und dem Hochrelief "Gift Flasche". Import aus dem Raume München. Gummistöpsel, altersbedingt verhärtet. Um 1900.