Pharmazie


Bueteburger Cholerapatrone

 

Zu den wenigen luxemburger Pharma- präparaten, die es zur Marktreife brachten, gehören die "Luxembur- ger Cholerapatronen", die bis in die 40er Jahre des 19. Jahrhunderts beworben wurden (Marienkalender 1941 S.151).

Der Überlieferung zufolge lebten gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jh. in "Bueteburg" (Boiten- burg), das damals eine Ortschaft für sich gewesen, heute aber nur mehr ein Stadtteil des inzwischen mächtig ausgedehnten Düdelingens geworden ist, ein Arzt und eine Hebamme, die dort ihren Beruf ausübten. Von diesem, infolge seiner Tüchtigkeit bis weit über seine engere Heimat und sogar über die Grenzen des Landes hinaus bekannten Arzt, stammt die Vorschrift der "Bueteburger Kraider". Nach seinem Tode ging die Vorschrift der "Bueteburger Kraider" in die Hände der Bueteburger Hebamme über, die Kräuter erhielten infolgedessen den Namen "Kraider vun der Bueteburger Hiewan". Wie aus der hier vorgestellten Werbung ersichtlich, hiess das Präparat zuletzt (vermutlich seit der Cholera-Epidemie von 1866) "Luxemburgerburger Cholerapatronen" mit den "echten Bettemburger Kräutern" - vermutlich kannte kein Luxemburger den Ortsteil Bueteburg und man assoziierte das Produkt mit der 3 km von Düdelingen entfernt legenden Ortschaft Bettemburg...

Der Name Patrone leitet sich nicht vom Begriff des SchutzPatrons ab, sondern von den Sprengkapseln, die ab 1870 in der Region Düdelingen beim Erzabbau benutzt wurden. In der Tat erinnert die Form des Präparates an eine Dynamitkapsel... (siehe Abbildung in: Sei sauber, eine Geschichte der Hygiene, herausgegeben vom Musée d'Histoire de la Ville de Luxembourg, Wienand 2004 S. 200).

Beachtenswert erscheint uns das Logo IHS am VerschlussSiegel. Das Logo fand sich auf dem Richtschwert, und drohte dem Fälscher mit der Hinrichtung. Seit dem 4. Jahrhundert existiert die Form ICH, die zu JHS latinisiert wurde. Volksetymologisch führt man das Monogramm auf J(esus) H(ominum) S(alvator), J(esus) H(omo) S(anctus), J(n) H(oc) S(igno) oder im Deutschen auf J(esus) H(eiland) S(eligmacher) zurück.

Dieses Kräutergemisch stellt eines der ältesten Haus- und Heilmittel unserer Heimat dar, ein Gemisch zahlreicher, die Verdauung und den Stoffwechsel in günstiger Weise beeinflussenden Pflanzenteile und Pflanzenextrakte. Im Laufe der Jahre hat sich das Mittel bei tausenden von Fällen bestens bewährt - bei:
"Magenweh, Magenkrampf, Verdauungsbeschwerden, Übelkeit, Aufstoss, Blähungen, Hartleibigkeit, Magensäure, Sodbrennen, Stuhlverstopfung usw." (siehe Anzeige). Die Beliebtheit des Präparates mag sich zum Teil erklären durch den Branntwein, den das Volk seit jeher als Allheilmittel bei Cholera ansah: endlich mal eine Medizin, die Rücksicht nahm auf die Volksseele und nicht gleich alles Volkstümliche verdammte!

Vorgestellt wird eine Anzeige aus dem "Luxemburger Landwirtschaftlichen Genossenschaftskalender" aus dem Jahr 1930 S.184. Ähnliche Anzeige in dem gleichen Kalender 1935 (S. 172). Aus den Anzeigen ist zu ersehen, dass das Kraut mit Branntwein angesetzt wurde und mindestens 8 Tage ziehen musste bevor es schlückchenweise getrungen werden konnte - wahrlich keine Medizin für den Notfall....