Schnabeltassen |
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Schnabeltassen (01a) |
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Zu den Objekten der häuslichen Krankenpflege gehören neben den Urinflaschen, Bettpfannen und Bettwärmern, die Schnabeltassen, Saftheber und Breischüsseln. "frz. canard, récipient à bec, permettant d'avaler sans risque de répandre le liquide sur le menton, les vêtements et les draps". Die ersten Schnabeltassen hatten zumeist eine gradlinige Seidelform mit Deckel oder Halbdeckel sowie seitlich angebrachtem, gekrümmtem Schnabel - sozusagen Giesskannen im Kleinen. In der Kunstgalerie "City Art Galleries" von Manchester (Sammlung Thomas Greg) wird eine grobe Tasse aus Delfter Porzellan gezeigt, die in London um 1680 entanden sein soll. Die erste gesicherte kleine Schnabeltasse für Behinderte stammt aus dem Jahre 1698 (Sammlung Wellcome).
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Schnabeltassen |
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Schnabeltassen (01b) |
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Entgegen der Feststellung von E. Bennion "bis heute gibt es noch keine Schnabeltasse für Linkshänder", konnten wir unlängst auf einem Strassenmarkt in Arlon/Belgien diese Tasse für Linkshänder erwerben, ein Bayrisches Fabrikat (20. Jh). |
Schnabeltassen |
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Schnabeltassen (02) |
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Tasse aus Email, Flohmarkt Arlon 2005 |
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Schnabeltassen (03) |
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Aus dem Raume Frankfurt a.M. stammt diese alte Tasse aus Porzellan. Man beachte den aufgesetzten "Deckel". Erstanden in Diekirch am 24.9.2005 auf einem Flohmarkt |
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Schnabeltassen (04) |
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Ob es sich bei diesem Kännchen um eine Schnabeltasse oder um ein Milchkännchen handelt - ich wage es nicht zu entscheiden. |
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Schnabeltassen (05) |
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Schnabeltasse aus Glas, gefunden 2003 auf dem Flohmarkt Wien, Händler aus Tschechien. |
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Schnabeltassen (06) |
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Bei diesem im August 2004 auf einem Trödelmarkt in Aix-en-Provence erstandenen Kännchen ist deutlich zu sehen, warum die Schnabeltassen den Namen "Schnabel"tasse und im Französischen die Bezeichnung „canard“ tragen: ursprünglich hatten sie einen Ausguss in Form eines Entenschnabels (kein Firmenstempel). |
Schnabeltassen |
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Schnabeltassen (07) |
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Am Übergang vom Medikamentenlöffel zur Schnabeltasse ist dieses Schiffchen - oder sollte man sagen "Schuh" - anzusiedeln, mit dem man kleine Mengen eines flüssigen Heilmittels einflößen konnte. "Victorian porcelain Medicine Shoe". Datierung um 1900. Was den ursprünglichen Verwendungszweck dieser Schüsselchen betrifft, so divergieren die Meinungen in der Literatur. Auch wenn es sich ursprünglich um Rahmtöpfchen handelte, so steht doch eines fest: man benutzte sie (wenn auch nur gelegentlich) zum Einflössen von Medikamenten an bettlägerige Patienten. Die meisten Objekte kommen aus England zu uns herüber, doch wurden sie gelegentlich auch in den Porzellanmanufakturen Meissen u.v.a.m. hergestellt ... |
Schnabeltassen |
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Schnabeltassen (08) |
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Tasse mit floralem Muster in die Keramikmasse eingearbeitet (nicht aufgemalt), hergestellt im französischen Digoin. Meist findet man Schnabeltassen ohne den begehrten Porzellan-Stempel. Das hier vorgestellte Kännchen zeigt den Stempel, wie er von 1920-1950 in Digoin benutzt wurde. Zum Werk Digoin Heutzutage kann der Besucher in Digoin die Exponate des Keramikmuseums bestaunen. Ob er auch eine Schnabeltasse vorgeführt bekommt? Zigfach gebrochene und immer wieder liebevoll zusammengekittete Schnabeltasse mit Braunverfärbung der Tülle infolge Diffusion von Suppe durch Glasurrissenetz: "in ihrem Saft" - "dans son jus" wie die Franzosen sagen: ein Objekt, das viel erlebt hat, erstanden im August 2009 auf einem Strassenmarkt in Gap/Alpes françaises. Nota: ein zweites, ganz ähnliches Modell Schnabeltasse wurde in Digoin hergestellt, mit den gleichen Längsrippen, aber ohne die Blume ... |
Schnabeltassen |
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Schnabeltassen (09) |
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Füttern (heute spricht man lieber von Essenanreichen, Esseneingeben und Essenreichen) gehört zu den täglichen Tätigkeiten unseres Pflegepersonals. In der Ausbildung kommt die Materie zu kurz. Ärzte haben davon überhaupt nie gehört, bestenfalls etwas von Aspirationspneumonie gelernt ... Eher von den Löffeln leitet sich dieses Fütterschälchen ("pipette de malade") ab: ohne Henkel, dafür mit einem (allerdings sehr stuppigen) Löffelstiel. Über die Halbwertszeit dieser Griffe wage ich nicht nachzudenken - knacks, und er war ab ... Die angebrochene Schnauze unseres Schälchens zeugt von einem Zweikampf mit den Schneidezähnen eines Patienten ... Schmunzelecke Erstanden im Juli 2012 auf Ebay von Simon Boyd in London. |
Schnabeltassen |
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Schnabeltassen (10) |
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Manchmal geschehen auch heutzutage noch Wunder: schauen Sie sich den Schnabel dieser Tasse an! Grenzt es nicht an ein Wunder, wenn ein so zartes Gebilde heile bis zu einem Flohmarkt gelangt? Fundort: Flohmarkt Bertrange, Centre Attert, 25.11.2012. |
Schnabeltassen |
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Schnabeltassen (11) |
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Die meisten Schnabeltassen sehen eher öde aus, mal ein Kreuz, mal das Logo einer Klinik, oft nicht einmal eine Herstellermarke.
Damit ist nun Schluss! Ich zeige Ihnen ein hübsches Kännchen mit bunter Keramikglasur, aus dem Werk der Gebrüder "Villeroy und Boch" in La Louvière im Belgischen Hennegau.
Das Werk wurde 1844 auf dem Hintergrund finanzieller Schwierigkeiten nach der Belgischen Revolution von 1830 gegründet und erlangte schnell seine internationale Anerkennung mit Diplomen grosser Ausstellungen. Zwischen 1920 und 50 wurden tausende kleiner Objekte hergestellt, teils aus feiner Faïence, teils aus Steingutware, wobei die unterschiedlichsten Emaillier-Techniken ausprobiert wurden, vom glänzenden über das kraquelierte bis zum matten Emaille, wobei vielfach Vorlagen aus Longwy nachgeahmt wurden, und oft florale oder tierische Art-Deko-Motive benutzt wurden, auch japanische Motive flossen ein.
Zu diesen Objekten kann an auch die hier vorgestellte Schnabeltasse zählen: blauer Hintergrund und japanisches Apfelblütenmotiv in der Manier der Manufaktur von Longwy. Objekt handdekoriert, Nummer D68 F3018 WL.
1948 wurde das Werk in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, was den Niedergang und schliesslich den Bankrott der "Gebrüder Boch S.A." nicht verhindern konnte.
Herkunft des Objektes: Patay / Fr (département du Loiret), Mai 2014. |