Naturmedizin |
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Afrikanische Medizin und Christliche Mission |
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Nur wenige Missionare ergriffen die Gelegenheit, um in ihrem Missionierungsgebiet die einheimische Heilkunde zu erforschen. Auch der bekannte "Urwalddoktor" Albert SCHWEITZER (1875-1965) aus dem Elsass sah die Kontakte mit Afrika als sehr eingleisiges Geschäft, in dem er christliche Nächstenliebe nach Afrika exportierte, und nur himmlischen Dank zurückerwartete. Von Afrikanern hat auch er nichts hinzugelernt... Vorgestellt wird ein in Salzburg gedrucktes "Heiligenbildchen", auf dessen Rückseite bescheinigt wird, dass der edle Spender aus Eich (einem nördlichen Vorort Luxemburgs) am 23. Januar 1935 fünfzig Franken eingezahlt hatte, um ein Negerkind loszukaufen, in einer Missionsstation aufzunehmen und zu unterhalten... Gräfin Maria Theresia Ledóchowska (* 29.4. 1863 in Loosdorf (Österreich), gest. 6. Juli 1922 in Rom) wird als "Mutter Afrikas" bezeichnet. - Ihre Bedeutung für die Kirchengeschichte liegt vor allem in ihrem überragenden Engagement für die afrikanischen Missionen. Gedanklich angeregt von Kardinal Charles-Martial-Allemand Lavigerie (Weiße Väter) gründete sie 1894 eine "Hilfsmissionsgesellschaft". Als Patron für ihre Organisation wählte sie den Jesuitenmissionar Petrus (Pedro) Claver und gab ihr den Namen "St. Petrus Claver Sodalität für die afrikanischen Missionen". Die "St. Petrus Claver Sodalität" war keine Missionskongregation im engeren Sinn, d. h. sie entsandte selbst kein Personal ins Ausland. Ledóchowska hatte sich zur Aufgabe gestellt, in Afrika tätigen Geistlichen in Europa durch Spendensammlungen [Geld, (Alt-)Kleider, Kirchenausstattung, usw.] und einer intensiven Missionspropaganda (Missionsschriften, Vorträge, Ausstellungen) zu helfen. In Salzburg gründete sie eine Druckerei, in der sie Berichte der AfrikamissionarInnen, aber auch religiöse Schriften und Schulbücher in mehreren hundert afrikanischen Sprachen druckte, die für die Missionsarbeit nach Afrika verschifft wurden. Die Motivation für ihren intensiven Einsatz zur Förderung des Missionsgedankens in der Österreich-Ungarischen Monarchie hängt eng mit ihrem Engagement im Kampf gegen die Sklaverei, insbesondere gegen den arabischen Sklavenhandel in Afrika zusammen. Die ärztliche Versorgung der Afrikakolonien erlangte allerdings erst nach 1914 einen wirklichen Aufschwung. Westliche Medizin in der Hand von Missionaren wurde zu einem Instrument der Christianisierung! . Sie diente dazu, den Einfluß der Medizinmänner zurückzudrängen, als sich diese als die größten Gegner der Missionare in politischen und kulturellen Dingen erwiesen. ... so trug der Spender aus Eich sein Scherflein dazu bei, dass ein Kind in Afrika von einem westlich ausgebildeten Arzt untersucht und geimpft wurde. |
Naturmedizin |
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Amboss und Medizin: heilende Schmiede |
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Chirurgen waren zweifelsohne die ersten Hersteller von Prothesen aus Metall. So liess der berühmte französische Chirurg Ambroise PARE (1510-1590) seine Prothesen bei dem "kleinen Lothringer" herstellen, einem in Paris ansässigen Schmied. Der Volksglaube schreibt dem Wasser, in dem der Schmied das glühende Eisen abkühlte, heilende Kräfte zu: das Wasser, in dem das feuerrote Eisen abgekühlt wurde, nahm die magischen Kräfte dieses Feuers auf und erlangte Heilwirkung: vielerorts hielt man das Wasser aus der Schmiede für heilkräftig - ein typischer Fall von Kräfteübertragung, bei dem die Kraft des Feuers durch Vermittlung des Eisens auf das Wasser übergeht (J. Hess, Altluxemburger Denkwürdigkeiten, S. 130). Dorfbewohner gingen aus ganz praktischen Gründen zum Zähneziehen zu ihrem Dorfschmied: er besass meist Bärenkräfte und verfügte über das grösste Arsenal an Zangen ...
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Naturmedizin |
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Amulett, Dogon |
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Man nimmt an, dass die Dogon die Ureinwohner des Nigertales waren und über tausende von Jahren Dörfer bewohnten, die entlang einer 200 km langen Felsklippe in den Felsen gehauen wurden. Obwohl sich die meisten Stämme nun in den Ebenen angesiedelt haben, bleiben diese alten Klippen immer noch bestehen. Die Dogon haben eine hochentwickelte handwerkliche Tradition. Die Klippen von Bandiagara wurden von der UNESCO als Weltkulturerbe eingestuft. Mythologie der Dogon Obwohl die Glaubensvorstellung der Dogon eine Art Schöpfergott "Amma" kennt, spielt im Alltag eher der Ahnenkult die Hauptrolle. Die Dogon sind eine patriarchalische Gesellschaft, deren Gemeinden ein Dorfältester vorsteht. Dieser besonderen Rolle der "Alten" begegnen wir auch in unserm Amulett, das es dem Träger gestattet, beständig in Verbindung zu seinen Ahnen zu leben. Diese leiten ihn bei seinen Entscheidungen und schützen seine Gesundheit ... Zur Dogon-Heilkunde
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Asiatisches Wassergefäss |
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Einen jeden von uns "Westlern" schüttelt es, wenn er die vielen Menschen am Ufer des Ganges beim Baden, beim Feiern, bei Verbrennen der Leichen von Angehörigen sieht. Der Ganges gilt als einer der ganz dreckigen Flüssen dieser Welt. Warum es hier nicht häufiger zur Epidemien von Typhus und Cholera kommt, verdanken die Hindi einer ganz eigentümlichen Art von Tieren, die in grosser Menge im Gangeswasser leben: den Bakteriophagen. Sie vertilgen eine Grosszahl der Bakterien ... Englische Truppentransporte waren erstaunt über die gute Haltbarkeit des Gangeswassers, das die Reise Bombay-London überstand, ohne zu faulen, während bestes englisches Quellwasser die Reise in umgekehrter Richtung nicht überstand. Die Erklärung verdanken wir einem Engländer: 1896 fand Ernest HANKIN (1865-1939) „antiseptische“ Eigenschaften des Gangeswassers gegen eine Vielzahl von Bakterien, insbesondere Vibrio cholerae, den Erreger der Cholera. Es war die bahnbrechende Arbeit des britisch-kanadischen Mikrobiologen Félix d’HERELLE (1873-1949), der 1917 den Grund für diese antiseptische Eigenschaft erkannte: Bakterienparasiten („Sur un microbe invisible antagoniste des bacilles dysenté- reiques“) und dabei auch den Begriff „Bakteriophage“ prägte. Der hier vorgestellte Transportkessel für Trinkwasser stammt aus Indien und erinnert an die Bakteriophagen, ihre Bedeutung insbesondere für die Beherrschung bakterieller Krankheiten in einer Zeit zunehmender Antibiotikaresistenz der Bakterien. |
Naturmedizin |
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Bezoare |
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Im 12. Jahrhundert kam der Bezoar über Spanien aus der islamischen in die europäische Medizin. Noch heute tragen die alten Bauerndoktors im alpinen Raum "Gamskugeln" in ihren Hausapotheken und verwenden sie: - bei Grimmen auf den schmerzenden Teil binden. - bei Kopfweh damit die Schlafstube ausräuchern. - gleich bei Morgengrauen ein wenig einnehmen, so bist du gegen Gift und Pest gefeit - trage die Kugeln bei dir und du wirst nicht schwindlig. - die Kugel wird auch als Talisman gegen alle Übel der Natur und der Geister getragen. Bezoar vom Steinbock wurde als Arznei u.a. gegen Pest, Fieber, Epilepsie und Sei- tenstechen eingesetzt. Da man den aus dem Magen von Gemsen stammenden „Gems- kugeln“ ähnliche Wirkung nachsagte, kam es auch zu Verwechslungen, Vermischungen. Dem orientalischen Bezoar wurde Wirksamkeit gegen Schwindel, schwere Not (?), Ohnmacht, Herzklopfen, Melancholie, Gelbsucht, Kolik, Würmer, harte Geburt, aufgebrochene Skrofeln, Krebs, Pest, böse Fieber....usw. nachgesagt.
Der „Bezoar occidentalis“ stammte von dem südamerikanischen Kleinkamel Vikunja, bei dem er sich nach Winkler (1932) in der Gallenblase bilden soll. Georg Niklaus Schurtz (1673, zit. in Rätsch & Guhr 1989) schrieb in seiner „Materialkammer“: „In Peru wachsen viel gifftige Kräuter. Die Bezoarkräuter kennen die Vicunnes und andere Tiere von Natur, und essen davon. Von diesem herrlichen Kraut wächst der Bezoarstein in ihrem Magen, und er hat die Krafft, daß er Gifft tödtet“.
Die 10 hier vorgestellten Magensteine sind federleicht - der grösste misst 20, der kleinste 5 mm im Durchmesser - sie stammen aus La Paz, Bolivien. Deutlich erkenntlich ist bei dem grossen Exemplar der schalenartige Aufbau. |
Naturmedizin |
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Einlauf, gegeben von der Mutter |
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Mutter knieend, den Mund auf den Darmausgang des Kindes gepresst (a). Ob unbehandeltes Wasser eingeblasen wurde oder aber besondere Zusätze verwandt wurden, ist nicht bekannt. Gewusst ist, das viele afrikanische Mütter, die ihr Kind mit zur Arbeit nehmen wollen, ihrem Kind allmorgendlich einen Einlauf (meist mit "piment", d.h. mit Nelkenpfeffer) verpassen, um den Darm auf der Stelle zu entleeren und so tagsüber auf der Arbeit sich nicht mit vollen Windeln herumplagen zu müssen. Und das Kind ?? - man denke an das massive Reizkolon, das sich auf Dauer entwickelt... Béatrice Fontanel(*) beschreibt eine ähnliche Einlauf-Szene: ".. am andern Ende des Körpers bläst die Mutter ein wenig Wasser in den After des Babys - hier schützen die Waschungen vor Verstopfung. Ausserden können die Mütter so die Sauberkeit ihrer Kinder, die keine Windeln kennen, kontrollieren und Medikamente verabreichen". Dass die Indikation zum täglichen EInlauf, insbesondere im Burkina-Faso, sehr viel weiter gehen, lesen wir im folgenden Internetbeitrag: Die hier vorgestellte Messingfigur wurden nach der Technik der "cire perdue", des "verlorenen Wachses", gegossen und auf einen Untersatz aus Messingblech aufgenietet. Derartige Skulpturen sind charakteristisch für das Volk der TUSSIAN (Tusia), die im Südwesten der Obervolta leben. Ähnliche Figürchen mt Darstellung alltäglicher Szenen dienten ehemals als Gewicht beim Abwiegen von Goldstaub, insbesondere im heutigen Ghana. Im Benin wurden sie von Gronzegiessern hergestellt, die früher "ausschliesslich für den Hof der FON-Herrscher arbeiteten, später haben sich daraus die bekannten kleinen Genrefiguren mit langen, dünnen Gliedern entwickelt, die bis heute für den Touristenmarkt hergestellt werden" (**). Die Postkarte der Jahrhundertwende (b) zeigt, dass die Technik des "geblasenen Einlaufes" in Afrika weitverbreitet war - wenn sie auch von europäischen Photographen als derart abwegig angesehen wurde, dass sie sich nicht scheuten, Mütter bei diesem Eingriff abzulichten! (*) B. Fontanel und Cl. d'Harcourt, Babys in den Kulturen der Welt, 2007 S. 37 |
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Einlauftrichter |
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Der Einlauf wurde vielfach mittels eines speziellen Trichters durchgeführt, den die behandelnde Person mit einem Medikament füllte, bevor sie den Einlauf "einblies". Der vorgestellte Trichter stammt aus dem Gebiete der KUBA, die am mittleren östlichen (rechten) Ufer des Kas(s)ai-Fluss im Kongobecken leben, südlich der Einmündung des Sankuru in den Kassai. Die (BA)-KUBA Zur Kunst der KUBA Die KUBA-Masken stellen Natur-Geister dar und werden bei Bestattungen und Initiierungsriten getragen; einige der Masken sind exclusiver Besitz des Königs und werden dazu benutzt, die Geschichte der Dynastie nachzuspielen. Die KUBA-Künstler fertigen auch alltägliche Gegenstände her, so Becher, Pfeifen, Klystiere, "oracles à frottement" und vielbeachtete sog. "raffia"-Stoffe mit symetrischen Mustern. Zur Mythologie der KUBA Zur Medizin der KUBA |
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Flussperlmuschel |
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Perlen halfen, Art und Ausmass von Verdauungsstörungen zu diagnostizieren: mit Eiweiß- überzügen versehene Perlen liess man auf natürlichem Wege den Darm passieren und stellte dann die Art und den Grad der Verdauung fest (Einhorn’sche Fadenprobe, in: Otto Dornblüth, Klinisches Wörterbuch 1927). Flussperlen wurden im Mittelalter empfohlen zur Therapie von Herzschmerzen. Unter Herzschmerz fiel nicht nur der Herzinfarkt, sondern auch das Völlegefühl, Über- anstrengung, Herzklopfen oder Lebererkrankungen (“die Leber versorgt das Herz mit Blut”). Dagegen also halfen Muskat, Gold, Margariten-Perlen, Knochen des Herzens eines Hirschen und, last not least, Amber. Das erste Buch über bayerische Perlen, verfasst vom Münchner Stadtarzt Malachias GEIGER (1606-1671), Spross einer auch in politischer Hinsicht interessanten Mediziner-Dynastie. GEIGER betonte in seinem Werk die – heute beispielsweise in China noch übliche – medizinische Verwendung pulverisierter Perlen der Margaritifera margaritifera: Das erste Buch über bayerische Perlen, verfasst vom Münchner Stadtarzt Malachias GEIGER (1606-1671), Spross einer auch in politischer Hinsicht interessanten Mediziner-Dynastie. Geiger betonte in seinem Werk die – heute beispielsweise in China noch übliche – medizinische Verwendung pulverisierter Perlen der Margaritifera margaritifera: „Bayerische Perlen sind nicht nur zum Frauenschmuck bestimmt“, heißt es im Vorwort, sondern hielten – wie er selbst an den kurfürstlichen Krankenhäusern in München erprobte – auch im medizinischen Gebrauch den asiatischen und amerikanischen die Waage. Die Perlfischerei war lange Jahre ein marginales, den Muschelbestand nicht gefährdendes Moment. Folgende Begebenheit aber gab in Oberfranken im Jahr 1729 den Anstoß zur intensiven Aufnahme der Perlfischerei: in diesem Jahr erkrankte einem Bauern in Fohrenreuth (bei Rehau) ein Ochse an einer Augenkrankheit. Der Bauer erhielt den Rat, Muscheln zu brennen und zu pulverisieren und dieses Pulver dem Ochsen in das kranke Auge zu blasen. Die Kinder des Bauern holten dazu Muscheln aus der Grünau (heute Perlenbach) und fanden in ihnen weiße, runde Kügelchen, mit denen sie spielten. Dadurch wurde die Sache bekannt. Der Besitzer des Fischwassers, ein Herr von Beulwitz, übergab die Perlen seinem Landesherren und machte ihn auf das zahlreiche Vorkommen der Perlmuscheln aufmerksam. Der Markgraf Karl Georg Friedrich besuchte 1730 den Perlenbach und im Jahr 1731 wurden erste Verordnungen zum Schutze der Muscheln und zur Förderung der Perlfischerei erlassen. Zur Zeit der deutschen Kleinstaaten und Fürstenhöfe im 18. Jahrhundert wurde sie teilweise gezielt angesiedelt und mit drakonischen Strafen geschützt, so im Odenwald und in der Eifel - z.B. im nach ihnen benannten Perlenbachtal in der Eifel. Dabei enthalten weniger als 4% der Muscheln eine Perle, nur jede 600te eine "schöne" Perle! Die hier vorgestellte Muschel stammt aus dem Erbe meines Grossvaters, der sie vermutlich bei einem seiner Fischereigänge aus der Our gezogen hat. Gefährdungsgrad: in der Roten Liste von 1999 als „ausgestorben oder verschollen" (RL 0) eingestuft. Aufgrund von Wiederfunden jüngeren Datums in der Eifel fiele ihr heute der Status „vom Aussterben bedroht" (RL 1) oder eventuell auch der Status „durch extreme Seltenheit gefährdet" (RL R) zu. Die Muschel ist äusserst selten - sie steht unter Naturschutz, darf weder eingesammelt noch besessen werden - soll ich mein Exemplar etwa wegschmeissen? |
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Gefässe für Heilmittel, Ost-TIMOR |
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Vorgestellt werden drie Gegenstände, die mein Sohn Thomas von einem Orientaufenthalt mitbrachte:
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Kapala, tibetische |
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Die Ursprünge der Hirnschalen reichen in graue, mystische Vergangenheit: Vor 14.700 Jahren tranken in der englischen Grafschaft Somerset Menschen aus Menschenschädeln - mit dieser Nachricht schockierten Experten vom London Natural History Museum die Briten im Februar 2011: sie hatten 3 Schädel untersucht, die alle sorgsam bearbeitet waren um als Trinkbecher zu dienen: Prost Opa ! Bei den Wikinger finden wir das Ritual später wieder. Aus den eurasischen Steppen wurde früher wiederholt von solchen rituellen Trinkvorgängen berichtet:
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Lehmfiguren, Kamerun |
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An Verhexung glauben viele Afrikaner, selbst im Falle von Krankheiten, bei denen seit Jahrzehnten Volksaufklärung betrieben wird, wie der Malaria. Im Benin haben bei einer Umfrage 0.01% der Befragten Verhexung als Ursache der Malaria angegeben. Die TIKAR glauben, dass aus dem mütterlichen Blut das Blut, die Muskeln und die Organe des Foeten entstehen, aus dem väterlichen Sperma aber die Knochen, die Zähne, das Herz und das Gehirn und - wenn es ein Junge wird - die Geschlechtsorgane. Dieser Mischzustand spiegelt die komplexe Tradition dieses Volkes wider, mit teils matrilinearen, teils patrilinearen Elementen. Die ältesten männlichen Sippe hüten die Schädel der Vorfahren als Sitz ihrer Geister. Auf kleinen Hausaltären werden Lehmfigürchen von Schutz-, Fruchtbarkeits- und MachtGottheiten verehrt. Der Glaube an Verhexung treibt "afrikanische" Blüten: glaubt ein Ehemann, seine Gemahlin werde von einem Rivalen verhext, der damit die Konzeption eines Jungen oder eines Mädchen verhindere, massiert er den Bauch seiner Gemahlin mit den hier vorgestellten Figürchen, um die Behexung zu neutralisieren: mit der Figur eines kleinen Jungen, falls er die Geburt eines Jungen wünscht, mit der Figur eines Mädchens, wenn er ein Mädchen wünscht. (Angaben des afrikanischen Verkäufers auf dem Strassenmarkt Arlon, 2.7.2006). "Le Ndoh est la statuette qui sert à désenvoûter et à enlever les mauvais sorts jetés sur quelqu'un. Il sert de protection de la chefferie et des concessions, contre les sorciers, les vampires, et les forces invisibles". Beachtlich an den Figürchen ist der "schwangere Bauch" der männlichen Figur: der Zweck der Figur ist eindeutig: eine Schwangerschaft erzwingen mit einem Jungen als Geburtsziel. Der Bauch der Figur zeigt an, dass sie an der Schwangeren anzuwenden ist, das Geschlecht der Figur bezieht sich auf das Geschlecht des erwarteten Kindes - eine äusserst skurrile Mixtur... |
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Mäuseorakel-Kasten |
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Der Mauskasten gehört noch heute zu den typischen Requisiten des afrikanischen Medizinmannes in der Sahelzone (*). Ihrer Tradition entsprechend fertigt das Volk der BAULE die für diese ethnische Gruppe typischen "mbekre-" oder "gbéklé sè-"Kästen aus Bronze oder Terracotta, zumeist aber aus Holz. Konsultationsgrund beim Schamanen sind im allgemeinen die Feststellung von Krankheitsursachen, ein Rat vor dem Antritt einer gefahrvollen Reise, vor einer Jagd, vor einem Kriegszug, oder aber ein auffälliger Traum. Auch bei der Namensgebung wird das Orakel befragt, damit der Name zum Neugeborenen passt. Der Klient entnimmt einer bereitstehenden Kalebassenhälfte eine kleine Menge Reisstreu oder Hirse und streut sie auf die sauber parallel angeordneten Knochen in der Schale, stellt diese anschliessend in den Mäusetopf und verschliesst den Topf - gespanntes Warten während einer Minute... Die Maus steigt währenddessen in die Schale, um ihr Futter zu holen, und bringt dabei die Knochen in Unordnung. Nach etwa einer Minute hebt der Klient den Deckel hoch, entnimmt die Schale mit den "verrückten Knochen" und reicht sie dem Wahrsager zwecks Interpretation der Verschiebungen (**)... Jeder Hühnerknochen steht für ein spezielles Element (1-5 steht für Lebende, 6-10 für Tote, resp. für abstrakte Begriffe). Nach der Konsultations opfert der Klient den Geistern (Yo's). *** Das Vordringen des Islam in die afrikanischen Dörfer entzieht vielen Heilern das Klientel. So gelangen manche bis dahin wohl gehütete kultische Gegenstände auf den Antikenmarkt, die zuvor als Kultobjekte eher Tabu waren und in europäischen Privatsammlungen entsprechend selten zu finden sind.
Exponat Der hier vorgestellte hölzerne Mäuseorakel-Topf wurde mir im März 2002 in La Somone im Senegal angeboten - er soll aus einem Dorf Njoch im östlichen Teil des Landes (Grenzgebiet zum Mali) stammen.
Funktionsweise Das ‘Mäuse-Orakel’ der Baule funktioniert so: Der Priester legt in das Innere des runden Gefäßes einige kleine Objekte, meistens Stäbchen. In einer bestimmten Ordnung. Dann gräbt er neben dem Gefäß einen kleinen, schmalen Gang und legt hier eine Spur von Mäuse-Futter aus. Wenn nun eine Maus kommt und das Futter frisst, gelangt sie unter den hölzernen Topf - und an der Unterseite des ‘Mäuse-Orakels’ ist ein Loch!
Der Boden des Untergeschosses besteht aus geflochtenem Seil, nicht aus Eisenblech, wie im Falle des Topfes, den Homberger beschrieb. Das Flechtwerk ist mit einem scharf riechenden schwarzen Saft imprägniert, der den Appetit der Maus vermutlich in Schach hielt.
(*) A. DELUZ, Organisation sociale et tradition orale: Les Gouro de Côte d'Ivoire, Paris-La Haye 1970. Eine ähnliche Praxis existiert bei dem Volke der Kirdi in Nordcameroun. Dort agieren nicht Mäuse, sondern Krabben, die in einer Schale eine Reihe von Stäbchen in Unordnung bringen. |