Naturmedizin


Salagram-Ammonit

 

 

   Das Himalaya-Gebirge wird seit Jahrmillionen - genauer gesagt seit dem Ende der Kreidezeit, aufgefaltet, wobei tiefe Meeres-Sedimentschichten allmählig auf mehrere Tausend Meter Höhe hochgestemmt werden - ein Prozess der zur Zeit anhält. So gelangen 50-100 Millionen alte, inzwischen versteinerte Pflanzen und Tiere des "Urmeeres" (Tethys) auf das Dach der Welt.


Besonders häufig finden sich die fossilführenden Schichten im Umkreis des Sees Damodar im nepalesischen Hochland. Mit dem Kali Gandaki - einem Bergbach, der sich zwischen den majestätischen Daulaghiri und Annapurna einen Weg gefressen hat - werden die Fossilien seither aus dem Gebirgsmassiv ausgespült, im Bergfluss werden sie zu Kieselsteinen "Sila's" rundgerieben, und liegen, insbesondere in der Nähe der Ortschaften Salagrama und Muktinath, als finger- bis faustdicke Knollen im Flussbett herum.

 

Bei den Naturvölkern erregten die schneckenähnlichen Muster seit jeher die grösste Aufmerksamkeit - es entstand die Legende vom Kleinen Wurm resp. Insekt, "vajra-keeta" genannt, das sich mit Diamantzähnen vor Urzeiten in die Steinchen hineinfrass und seither im Stein lebt ...


Seit Jahrtausenden gelten die Steine als "Zaubersteine" - saligrams, shaligrams oder salagramas genannt. Je nach Lage des Ammoniten im Stein unterscheiden die Leute hunderte von Typen (Lakshmi-Narayana, Padmanabda, Visvambhara etc.)... Je nach Beschaffenheit des Steines unterscheidet man rote, blaue, grüne, braune, schwarze, gelbe Salagrame, wobei die gelben und blauen (da seltener) als besonders "heilig" gelten. Kleine Steine dienen dem Hausgebrauch, grosse Exemplare werden in Tempeln verehrt.

Täglich trinken die Gläubigen Wasser, in das ein Saligram getaucht worden war, Sterbende trinken es, um auf kürzestem Wege in den "Himmel" zu gelangen, in die Nähe von Gott VISHNU: Salagram-Steine gelten als formlose, immaterielle Anbetungsform des Gottes VISHNU. Gebetet wird um Glück und Reichtum, die richtige Ehefrau, männliche Nachkommen - und schliesslich um Gesundheit.

 

 

Exponat

Aufgebrochener Sila aus der Nähe der Ortschaft Muktinath mit Ammonit-Fossil. Geschenk meines Sohnes Thomas.

 


Lit.:

Hagn, H., Saligrame - Gerölle von Malm-Kalken Ammoniten als Kultgegenstände Indiens. Mitteilungen der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Historische Geologie München 1977, 17 : 71-102.
Krystyn, L., Obertriassische Ammonoideen aus dem zentralnepalesischen Himalaya. Abhandlungen der Geologischen Bundesanstalt 36; 63 pp., 17 fig., 18 plts. h.t. 1982.
Oakley, K. P., Folklore of fossils. Part I. New York Palaeontological Society Notes 1974, 5 (1-2) 9-17.
Thenius Erich, Vávra Norbert, Fossilien im Volksglauben und im Alltag Bedeutung und Verwendung vorzeitlicher Tier- und Pflanzenreste von der Steinzeit bis heute, 1996. 179 Seiten, 197 Abbildungen, 30x21cm (Senckenberg Bücher, 71) ISBN 3-510-61051-2