Urologie


Spritze n. GUYON

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Spritze n. GUYON mit (äusserst unpraktischem) Schraubmechanismus.

 

Im Deckel befinden sich an der Innenfläche 2 Ösen, durch die je eine Schlauchverbindung gesteckt ist. Keine Nadel! (Schlauch fehlt). Um 1890.

 

Der Lederkolben zeigt, daß die Spritze aus der Zeit vor der Dampf- und Heißwassersterilisation stammt. Leder konnte bestenfalls mit 90%igem Alkohol- oder in einem Chloroformbad sterilisiert werden, in das die Spritze über Stunden getaucht wurde. Anschließend wurde der Kolben mit Vaseline/Öl und einem Desinfektionsmittel (Eukalyptol oder Guajakol) eingerieben.

 

Der Stiel ist in Millimetern graduiert – jeder mm steht für einen Tropfen. Insgesamt fasste eine solchen Spritze 45 Tropfen – zwei Tropfen pro ganzer Drehung.

 

Die beiden Koni dienten möglicherweise zum Durchspülen der Tränenkanäle. Für subcutane Injektionen waren sie jedenfalls völlig ungeeignet, es sei denn, man hatte die Haut vorab auf einer Länge von etwa 4 mm inzidiert.

 

Dass die ersten subcutanen Injektionen effektiv mit umfunktionierten ANEL-Augenspritzen vorgenommen wurden erfährt man in der Literatur: "It has been claimed that Anel's syringe was used for subcutaneous injection. Kane (1880) quoted that Taylor and Washington* claimed to have given morphia by injection in 1839 by using a small Anel syringe, inserting the nozzle into a lancet incision. This was a variation of the Lafargue (1836) technique and is a reasonable claim" (John Price Medical history 1969 S.352). 

*New York, Isaac E. Taylor und James Augustus Washington

 

https://www.cambridge.org/core/services/aop-cambridge-core/content/view/6C339B42D105DC35BBF9C3B8AA9E6FBA/S0025727300014770a.pdf/dominique-anel-and-the-small-lachrymal-syringe.pdf 

 

Kane,H.H.,Hypodermic Injection of Morphia, Its Dangers and Advantages, NewYork, 1880.
(cité par Oscar Schwidetzky, History of needles and syringes, Curr. Res. Anesth. Analg., 1944, 23, 34).  

 

Auf dem Hintergrund des Kane'schen Berichtes macht auch die Abbildung (5-10) einer ANEL-Spritze in dem Buch von Ludwig Brandt "Illustrierte Geschichte der Anaesthesie, Stuttgart 1997" neben einer PRAVAZ-Spritze Sinn. ABER: für den Tränenkanal ist der Konus zu dick. 

 

 

Exponat

Es gibt nur eine Offnung, wo die Koni perfekt hineinpassen: die Harnröhre. So kommen wir zur Erkenntnis, daß es sich bei unserer Spritze um eine solche n. Jean Casimir Félix GUYON (1831–1920) handelt: "Guyons vulcanite mounted glass syringe in its original case. The syringe was typically used for applying nitrate of silver to the neck of the bladder (i.e. the prostate) in cases of venereal disease around the late 19th century".

cf. http://phisick.com/item/guyons-syringe-for-urethral-injections/