Innere Medizin


Lepraklapper

 

 

1179 bestimmte Papst Alexander III., dass die von Lepra Befallenen nicht mit den Gesunden in den Städten zusammenleben dürften - und zementierte so für Jahrhunderte deren Status als Aussätzige. Entstellt und dem Tode geweiht, mussten sie den Rest ihrer Tage abseits menschlicher Siedlungen fristen - mit einer Klapper in der Hand, die Herannahende vor dem Leprösen warnte.

 

Die Absonderung erfolgte einmal gesellschaftlich, da sich die Erkrankten durch bestimmte Kleidung bzw. Verhüllung kennlich machen mussten, sowie durch akustische Signale. Die Klapper, das wohl bekannteste Merkmal eines Aussätzigen, war vom Kranken immer zu benutzen, um die Mitmenschen auf sich aufmerksam zu machen, um die Gesunden zu warnen. Ein Brauch, der vermutlich aus alten germanischen Recht stammte: Es war im frühen Mittelalter jeder Ortsfremde dazu verpflichtet, auf Reisen mit einem Horn auf sich aufmerksam zu machen. Tat er es nicht, mußte er damit rechnen, umgebracht zu werden.

 

Auch die Leprakranken benutzten zunächst ein Horn, das jedoch durch die Klapper ersetzt wurde. Ein akustisches Warninstrument, zusätzlich ein Stock, mit dem der Lepröse auf Gegenstände zeigte, die er kaufen wollte, vervollständigten die so genannte „Leprosentracht“. Es gab regionale Unterschiede. Da die Krankheit auch die Stimmbänder angriff, waren die Leprösen angehalten, sich durch Rufen bemerkbar zu machen - wo dann die schrille, verzerrte Stimme entsprechend abstossend wirkte.

 

Ratsche, Lazarusklapper, frz. „cliquète“, resp. „cliquette“; nl. „Melaatsenklepper“. Der Name der Klapper übertrug sich auf einige Leprahäuser - „Klapperhaus“ (Medebach), „Klephuis“ (Vreden), „Klapperhuys“ (Nienborg). In Vreden gibt es eine „Klepweide“, von der Klapperwiese abgeleitet. In einigen wenigen Fällen übertrug sich der Gebrauch der Rassel auf den Weg, der zur Leproserie führte. Auf ein in Uedorf (heute ein Stadtteil von Bornheim im Rhein-Sieg-Kreis) gelegenes Lepra-Haus weist noch der Flurname "auf dem Klappermann", jetzt "auf dem Klasmann" hin. Ebenso gab es einen "Klappermannspfad", der 1790 in der Nähe erwähnt wurde.
- Klappergasse in Aachen (Die Leprosen hatten sich durch Rasseln und Klappern bemerkbar zu machen),
- Klappergasse in Ladenburg,
- Klappergasse in Simmern.

 

Wir kennen nur drei im Original erhaltene Klappern

- eine reich mit Heiligen dekorierte Klapper, die in Brugge im "Musée Notre-Dame de la Poterie" ausgestellt ist - kaum anzunehmen, dass sie von einem Leprosen benutzt wurde. Am ehesten gehörte sie zu einer verschollenen Heiligenstatue.

- eine Siechenklapper, die im historischen Museum Aschaffenburg zu sehen ist, mit Metallscharnieren (ist verschollen).

- die hier vorgestellte Klapper, bestehend aus einem Holzgriff und drei Holzblättern. Das mittlere Blatt ist die Verlängerung des Griffes. Die beiden äußeren Blätter sind beweglich an Lederbändern befestigt, die beim Schütteln gegen das mittlere Blatt schlugen und ein lautes "Storchengeklapper" erzeugten. Herkunft des Objektes: ein (betont) anonymer Privathaushalt in Bakel in den Niederlanden (zw. Einthoven und Venlo). Aus dem Gemeindearchiv der Stadt Venlo geht hervor, daß 1464 hier ein Leprosenhäuschen gebaut wurde, das 1545 aufs neue in Stein aufgebaut wurde. Einthoven besass das armseligste Leprosenhaus des Landes.

Nach einem Bericht von van Dort ist die Lepra in Holland bereits im 5. Jahrhundert n.Chr. bekannt gewesen. Maßnahmen zur Isolierung wurden jedoch erst im 13. Jahrhundert eingeleitet. Das Absinken der Lepra führte zur Schließung der Leprosorien im 16. und 17. Jahrhundert - das letzte Leprosorium der Niederlande wurde 1672 in Leeuwarden geschlossen. Bis Mitte des 19. Jh. gab es landesweit kein Leprosorium mehr. Dann aber zahlte das Land dem internationalen Handel und den Verflechtungen mit den epidemischen Lepragebieten in Fernost seinen Tribut. Eine Lepraepidemie brach 1867 unter ehemaligen Soldaten der Ost- und Westindientruppe aus. Von 1870 bis 1897 wurden 17 Fälle amtlich registriert. Diese Zahl ist nicht wirklich exakt, da zahlreiche Kolonialangestellte ein- und ausreisten wodurch sie einer genauen Lepraregistrierung entgingen. Ein neuzeitliches, staatliches Leprosorium in Veenhuizen (Gemeinde Noordenveld in der Provinz Drenthe) beherbergte zwischen 3 und 13 Patienten auf einmal und bestand bis 1891 - als die beiden letzten Kranken nach Amsterdam in eine Isolierabteilung verbracht wurden ..