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Schlingenschnürer n. WILDE

Schlingenschnurer n. WILDE
 

"Wenngleich die Idee, die Polypen durch einen um sie herum gelegten Faden abzubinden, auf die Hippokratiker zurückgeführt werden muss, so ist der Gebrauch der Schlinge in der heute üblichen Weise doch verhältnismässig jungen Datums. Die erste Beschreibung einer solchen Vorrichtung habe ich bei William ROBERTSON gefunden, der dieselbe im Jahre 1805 abbildete und zur Beseitigung von Nasenpolypen warm empfahl. (..) Durch Modification desselben entstand später die Wilde'sche Ohrenschlinge, die den meisten Nasenpolypen-schlingen das Vorbild wurde. (..) Das erste Instrument von Wilde, das er in seiner Arbeit „Die Ursachen und Behandlung des Ohrenflusses" (Stralsund 1846) im Origin. Dublin Journ. of med. sc. 1844 Jan., S.37 ff. beschreibt und abbildet, war noch gerade; die jetzt allgemein gebräuchliche Knickung rührt, soviel ich habe finden können, von Wilde her und ist zuerst in seinen „praktischen Bemerkungen über Ohrenheilkunde", Göttingen 1855, S.64 u. 482, beschrieben worden. Wilde giebt selbst an, dass er das Princip seiner Schlinge dem Instrumente von Robertson entlehnt habe" (P. Heymann in: P. Bergengrün, Handbuch der Laryngologie und Rhinologie, Wien 1900 S. 837-838).

 

 

Polypen wurden seit jeher abgebunden, diejenigen der Gebärmutter ab dem 18./19. Jahrhundert mit dem Schlingenschnürer (frz. serre-noeud) n. Desault (1738-1795) oder Schreger (1766-1825), diejenigen in Nase und Ohr ab dem 19. Jahrhundert mit dem hier vorgestellten Instrument, von dem wir eine Abbildung im Katalog des Medicinischen Waarenhauses Berlin 1910 S.153 fanden (oben im Bild).

 

Benannt wurde das Gerät nach seinem Erfinder, dem irischen Chirurgen, Ophthalmologen und Otologen William Robert Wills WILDE (1815-1876), dem Vater des Schriftstellers Oscar Wilde (1854-1900).

 

Seine Anwendung wird wie folgt beschrieben:

"Therapie. Das schnellste Verfahren zur Heilung von Schleimpolypen ist die Abtragung mit dem durch v. Tröltsch in Deutschland allgemein bekannt gewordenen Wilde'schen Schlingenschnürer und sofort nachfolgender Galvanocauterisation des Wurzelrestes. Wegen der Schmerzhaftigkeit dieses combinirten Verfahrens ist es von vielen Patienten nicht ohne Narcose zu ertragen, es bietet aber dafür den Vortheil, dass auf diese Weise nicht selten mit einem einmaligen operativen Eingriff das Leiden gründlich und dauernd beseitigt werden kann. Viel schonender und bei einiger Geschicklichkeit fast ausnahmslos ohne Narcose, auch bei Kindern leicht ausführbar, ist das Abschnüren mit der Wilde'schen Polypenschlinge und erst am folgenden Tage begonnene Aetzen des Wurzelrestes mit Höllenstein, das nach jeder Abstossung des Aetzschorfes so lange wiederholt werden muss, bis keine Prominenz mehr erkennbar ist. Dazu sind häufig Wochen und Monate erforderlich. Die Vorzüglichkeit der Wilde'schen Schlinge wird bewiesen durch die Benutzung des gleichen Mechanismus für Polypen des Kehlkopfes und der Nase" (Hermann Schwartze, Die chirurgischen Krankheiten des Ohres, in: Deutsche Chirurgie, Verlag Enke Stuttgart 1885 S.218).

 

"Mit dem WiLDE'schen Instrumente lassen sich auf das Schonendste ohne Narcose unter Vermeidung jeder Nebenverletzung auch kleine, auf dem Trommelfell oder innerhalb der Paukenhöhle wurzelnde Polypen entfernen. Besteht bei letzteren nicht bereits ein grösserer Defect im Trommelfell zur Einführung der Schlinge, so kann die vorherige Spaltung des Trommelfells erforderlich sein. Zur Armirung des Schlingenschnürers habe ich im Laufe der Jahre der Reihe nach Silberdraht, Platindraht und ausgeglühten Stahldraht benutzt, und bin schliesslich beim Stahldraht geblieben" (E. Berthold, Lehrbuch der Ohrenheilkunde, Verlag von C.W. Vogel, 1893 S.723). Auch konnten mit der Wilde'schen Schlinge Hammer und Amboß extrahiert werden (S.772). Über die ungewöhnliche Extraktion eines Messingknopfes aus der Paukenhöhle mit Hilfe dieser Schlinge berichtete v. Tröltsch.

 

Exponat

Unser Schlingenschnürer stammt aus dem Nachlaß eines Arztes aus Hall und tauchte im September 2018 auf dem Flohmarkt am Innsbrucker Hafen auf …

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Spiegel n. GLATZEL

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Ernst Glatzel *3. Juli 1867 in Malapane in der damals deutschen Provinz Schlesien als Sohn des Knappschaftsarztes Dr. Paul Glatzel.


Er gehörte der K.W.-A. an vom 30.3.1887 bis 30.9.1891, wurde promoviert am 25.2.1891 mit einer These "Differentialdiagnose der Jacksonschen Rindenepilepsie". Am 26.7.1892 wurde er zum Assistenzarzt befördert. Er war bei der K.W.-A. tätig vom 27.7.1898 bis 31.3.1902, erhielt Kommando an die Hals- und Nasenklinik der Kgl. Charité in Berlin in der Zeit vom 20.1.1900 bis 31.3.1902, die damals Bernhard Fränkel leitete.
1901 berichtete er erstmalig über seine Versuche mit einer polierten Metallplatte, mit der er eine hygrometrische funktionelle Untersuchung der Luftdurch-gängigkeit der Nase durchführte. Die erste Mitteilung (1887) über die Möglichkeit, den «Atem- oder Hauchfleck», der bei der Ausatmung vor der Nase auf einer Glasplatte entsteht, diagnostisch zu verwenden, stammt von Hendrik Zwaardemaker (1857-1900) in Utrecht. Glatzel verwendete einen desinfizierbaren polierten Spiegel aus vernickeltem Zinkblech und gab ihm eine handliche Form. Die «Glatzelsche Spiegelprobe» wird noch heute in vielen Ländern als grobe Orientierung zur Nasenwiderstandsmessung benutzt.

 

"(Aus der Klinik für Hals- und Nasenkranke von Professor B. Fränkel in Berlin.) Zur Prüfung der Luftdurchgängigkeit der Nase. Von Dr. Glatzel. Die schädlichen Folgen gestörter Nasenathmung fallen zum Theile mit jenen der Mundathmung zusammen: Katarrhe sämmtlicher Luftwege, Schädigung des Geschmack- und Geruchsinnes u. s. w. Es ist demnach für den praktischen Arzt oft wichtig, sich von der Durchgängigkeit einer Nase zu vergewissern, was nicht immer ganz einfach ist, da selbst die Untersuchung mit dem Nasenspeculum im Stiche lassen kann. In hervorragend einfacher und sicherer Weise lässt sich die Durchgängigkeit der Nase mittelst der Spiegelprobe feststellen. Der Spiegel— von Dr. Schneider in Berlin, Bülowstrasse, um 3 Mark zu beziehen— ist aus einem auf galvanischem Wege hergestellten Metallpapier gefertigt, auf welchem die Athemflecke sehr deutlich sichtbar werden. Er trägt eine aus Kreisbögen bestehende Eintheilung. Derselbe darf vor der Benützung nicht erwärmt werden. Der zu Untersuchende entfernt die den Hals beengenden Kleidungsstücke, reinigt die Nase durch Schneuzen und athmet dann einmal bei geschlossenem Munde ruhig über den horizontal an die Oberlippe ungehaltenen Spiegel hin. Bei freier Nasenathmung entstehen zwei schmetterlingsflügelförmige, bis zum Halbkreis IV und darüber reichende, annähernd symmetrische Athmungsflecke, welche in einer bis drei Minuten verschwinden. Ist auf einer Seite die Nase verengt, so ist hier der Athemfleck kleiner und verschwindet rascher. Ist die Nase beiderseits verengt, so sind beide Athmungsflecke kleiner. Bleibt ein Athmungsfleck auch nach Coca'inisirung der betreffenden Nasenhälfte klein, so handelt es sich um mehr als um eine Schleimhautschwellung, nämlich um ein solides Hinderniss (Crista, Spina, Septumverbiegung, Polypen etc.). Der Spiegel kann auch zur Feststellung offener Nasensprache benützt werden. Beschlägt er sich beim Hersagen des Alphabetes ausser bei m und n noch bei anderen Lauten, so liegt offene Nasensprache vor (Die Therapie der Gegenwart, 1901. Nr.8)" (Wiener klin. Wochenschrift 6. März 1902 S.272).

 

Glatzels weiterer Lebensweg ist wissenschaftlich nicht ergiebig. Er gehörte der Schutztruppe für Südwestafrika vom 22.9.1904 an, nahm teil am Herero- und Hottentotten-Feldzug 1904/05 und war in Ostafrika in Dar-es-Salam Chefarzt des Sara-Hadji-Hospitals vom 7.9.1905 bis 26.11.1905. Glatzel war preussischer Militärarzt und signierte alle seine Veröffentlichungen mit «Stabsarzt Dr. Glatzel» - 1910 war er Oberstabsarzt und Regimentsarzt des Infanterie-Regimentes Nr.54 in Kolberg (Ostsee). Er heiratete am 11.8.1906. Sein Todesjahr ist unbekannt.

 

Ein immer noch beliegter Test

"Die ersten Versuche zur Objektivierung der Nasenatmung wurden 1877 unternommen. Sie bestanden in der Überprüfung der Kraft des Ausatemstroms am Handrücken und der Erfassung des Atemgeräuschs bei forciertem Ausatmen aus der Nase.
Die Messung des Kondensationsflecks auf einer polierten Metallplatte beim Ausatmen wurde von Glatzel 1904 eingeführt. Der Glatzel’sche Spiegel erfreut sich seit der letzten Modifikation durch Zwaardemaker 1925 heute noch grosser Beliebtheit. Seine aktuellste, jedoch weniger gebräuchliche Form stellt die Rhinohygrometrie dar. Die durch den Wasserdampf der Ausatemluft mittransportierte Wärme wird auf einer thermosensiblen Platte gespeichert. Die Grösse des Niederschlags kann anschliessend exakt ausgemessen werden. Die Variationen des Glatzel - Spiegels sind von der Feuchte der Umgebungsluft, der Temperatur und der unterschiedlichen Feuchte der Schleimhaut abhängig.
Die Messung der Luftdurchgängigkeit - die Rhinomanometrie - wurde durch Kaiser 1885 eingeführt. Er saugte eine bestimmte Menge Luft bei geöffnetem Mund durch die Nase und mass die dafür benötigte Zeit, dieses Verfahren wurde passive, posteriore Rhinomanometrie genannt. Courtadé entwickelte 1902 den Grundstein zur anterioren, aktiven Rhinomanometrie, indem er den Druck der einen Nasenhälfte auf einem Manometer aufzeichnete, während der Patient durch die andere Nasenhälfte atmete. 1958 führte Semerák die heute noch gebräuchliche Form der anterioren, aktiven Rhinomanometrie ein" (Maranta).

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1453476620082/Funktionsdiagnostik-der-Nasenatmung-1994.pdf

Lit.:
Glatzel E., Zur Prüfung der Luftdurchgängigkeit der Nase, in: Ther Ggw N F, 3:501–504 (1901).
Prof. Günther Habermann
Wätzold, Stammliste der Kaiser Wilhelm-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen, Springer 1910.

3.

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Stimmverstärker

 

Zu den gutartigen Veränderungen der Stimmbänder gehören Stimmbandknötchen oder Stimmbandpolypen. Die Polypen werden meist im Rahmen einer kleinen Operation entfernt. Diese Operation erfolgt mit Hilfe eines Endoskops, das - ähnlich wie bei der Nasenendoskopie - durch den Mund zum Kehlkopf vorgeschoben wird. An der Spitze des Endoskops befinden sich die notwendigen Operationsinstrumente.
 Der Polyp wird dabei entweder mit einer kleinen Zange von der Schleimhaut abgetrennt oder es kommt dafür ein Laser zum Einsatz.
Zu den bösartigen Veränderungen gehört der Kehlkopfkrebs oder das Lippenbandkarzinom. Die anatomisch-pathologische Erstbeschreibung eines bösartigen Kehlkopftumors geht auf Giovanni-Battista Morgagni (1682-1771) zurück, der 1732 einen entsprechenden Sektionsbericht verfasste. Stimmlippenkrebs kann es erforderlich machen, eine Stimmlippe operativ zu entfernen - erste Totalentfernung des Kehlkopfes im Jahre 1873 durch Billroth bei einem 36jährigen Mann mit einem Kehlkopfkarzinom (der Fall wurde durch Gussenbauer publiziert). 1886 berichtete Fränkel über die transoral vorgenommene Resektion eines frühen Stimmlippenkarzinoms.

Die Operation an den Stimmlippen (Stimmlippen-entfernung, Chordektomie) erfolgt in Vollnarkose, bisweilen genügt auch eine örtliche Betäubung. Der Zugang zu den Stimmlippen kann von außen oder von innen erfolgen.
- Bei der Operation von außen wird die Haut am Hals in Querrichtung eingeschnitten und der Schildknorpel in Längsrichtung durchtrennt. Die betroffene Stimmlippe kann dann unter einem OP-Mikroskop herausoperiert werden. Die beiden Seitenteile des Schildknorpels (Flügel) werden im Anschluss wieder zusammengefügt.
- Die Operation von innen erfolgt durch den Mund. Ein optisches Gerät (Laryngoskop) wird in den Kehlkopf vorgeschoben, so dass ebenfalls unter Vergrößerung die jeweilige Stimmlippe mit mechanischen Instrumenten oder mit Laser herausgetrennt werden kann.

Ein historisches Beispiel eines Eingriffes an den Stimmbändern
Gaius Aurelius Valerius Diokletian (243-313/316), römischer Kaiser von 284–305, war an Kehlkopf- resp. Zungenkrebs "Verjauchung der Zunge und des Rachens" erkrankt - eine Therapie gab es damals noch nicht. Im Sommer 1903 klagte Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) über Heiserkeit - Panik! War doch Kaiser Friedrich III 1888 nach "Heiserkeit" an einem Kehlkopfkarzinom gestorben! In England war Prinz Alfred (1844-1900), der zweitälteste Sohn von Queen Victoria und Prinz Albert, 1900 an Kehlkopfkrebs gestorben! Der junge Laryngologe Gustav SPIESS (1862-1948) wurde aus Frankfurt nach Potsdam gerufen, zunächst in Vertretung seines Lehrers Prof. Moritz SCHMIDT, um den hohen Patienten zu untersuchen - und dann als bravureuser Operateur zu fungieren: am 7. November 1903 unterzog sich der Kaiser einer Stimmlippenoperation. Der Eingriff erfolgte ohne Komplikationen, es handelte sich um einen gutartigen Stimmbandpolypen und nicht, wie der Kaiser befürchtet hatte, um ein Karzinom ...

Es versteht sich von sebst, dass diese Stimmverstärker nicht nur von Kranken, sondern auch von Lehrern, Trainern, Museumsführern benutzt werdn können.

Vorgestellt wird ein zur Verstärkung der Flüstersprache (eines Stimmlippenoperierten) benutzter Stimmverstärker (frz. amplificateur de voix) der Fa. Hassheider Medizintechnik. Das Gerät wurde im Dezember 1983 bei der Fa. Laryngomed France in Stiring-Wendel / département Moselle erworben. Geschenk von Frau Wynne Williams.




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Tonsillotom n. MATHIEU (1)

um 1900

 

 

Die Entfernung der Mandeln gehörte schon um die Jahrhundertwende zu den Standardeingriffen der Chirurgie. Da die Möglichkeiten der Anaesthesie noch sehr begrenzt waren, musste der Eingriff möglichst schnell erfolgen. So erklärt sich die Entwicklung komplexer Geräte, bei denen die Entfernung der entzündeten und geschwollenen Mandel blitzschnell in einem einzigen Arbeitsgang erfolgen konnte.

 

Dass dennoch gar mancher versuchte, sich an der Operation vorbeizumogeln, beweist der Fall des Komponisten Georges Bizet (1838-1875). Sein früher Tod war nach Auffassung seriöser Biografen die Folge einer Angina tonsillaris mit Endo-Myokarditis. Einen tragischen Akzent erhält der „Fall Bizet" dadurch, daß der an rezidivierenden Anginen leidende Komponist sich aus panischer Angst vor einer Operation nicht zu einer Tonsillektomie hat durchringen können, obwohl ihm die behandelnden Ärzte dies immer wieder dringend geraten hatten. Eine Tonsillektomie, die zwar in der damaligen Zeit wegen unzureichender Operationstechniken mit häufigen Blutungskomplikationen nicht ungefährlich war, hätte Bizet mit Sicherheit vor diesem Ausgang der primären Erkrankung bewahren können (zit. Dr. Dieter Leithäuser, Warburg).

 

Schon Samuel D. GROSS und Wilhelm FAHNESTOCK, beide aus Philadelphia, hatten um 1828 guillotineartige Tonsillotome angegeben, die in der Folgezeit eifrig weiterentwickelt wurden.

"Die Tonsillotomie (Gaumenmandelkappung) war in der Praxis unserer Väter und Großväter bis etwa zum Ende des zweiten Weltkrieges eine gängige Operationsmethode. Indikation war die exzessive Mandelhyperplasie mit Atmung- oder Schluckproblemen. Als Instrumentarium wurde die Guillotine nach Guersant-Fahnestock verbreitet angewendet. Noch in der dritten Auflage der „Operationen an Nase, Mund und Hals“ von A. Seiffert, erschienen 1947, ist diese Technik der Tonsillotomie beschrieben und das Instrument abgebildet. Ein zweites Verfahren, das nach Sluder, hielt sich länger, wohl weil das Ergebnis im Idealfall einer klassischen Tonsillektomie (TE) nahekommen konnte. Ich erinnere mich, daß Professor Mittermaier, Ordinarius in Marburg bis 1956 und danach in Frankfurt a.M., dieses Verfahren noch gerne angewendet hat. Denecke hat es im Operations-Handbuch „Die Oto-rhinolaryngologischen Operationen im Mund und Halsbereich“ noch 1980 beschrieben.
Warum geriet die chirurgische Tonsillotomie (TO) ins Verdikt? Infolge der intratonsillären Vernarbung befürchtete man eine Obliteration von Tonsillenkrypten mit nachfolgender Sekretstauung und Neigung zu intra- und paratonsillärer Abszeßbildung. Hinzu kam – und darauf wird heute kaum noch eingegangen – die Furcht vor der Entstehung eines tonsillären Focus, war doch die Herdlehre damals allgemein anerkannt (Literatur bei Falk und Maurer 1963). So haben wir Alle nur die extrakapsuläre TE gelernt. Etwa seit zehn Jahren gibt es aber wieder Versuche, die TO neu zu beleben. Im Internet fand ich 28 Publikationen zum Thema, u.a. aus Schweden, England und den U.S.A. In Deutschland hat sich Scherer mit seinem Berliner Team zum Vorreiter gemacht" (Prof.Dr. Horst Ganz, Marburg. 2005).

 

 

Exponat

Zu den raffiniertesten Operationsinstrumenten der Jahrhundertwende gehörte das Tonsillotom des Pariser Fabrikanten MATHIEU, das die Fixierung, das Hocheben und die Excision der Mandeln in einem einzigen Handgriff vereinte. Anschaffungspreis 1910: 15,5 Mark.

Das hier gezeigte "Amygdalotom" nach MATHIEU wurde in 4 verschiedenen Grössen geliefert, hier die Grösse 3. Im September 2018 konnte ich die N°2 und 4 auf einem Trödelmarkt in München / Olympiapark dazufinden.

Die Tonsillotome nach BAGINSKY, BAGINSKY-ROSENSTEIN, LAVOYENNE und MACKENZIE arbeiteten nach dem gleichen Prinzip, waren aber z.T. robuster, indem der empfindliche Schneidring durch einen scharfen Schieber ersetzt war.


© 2008 Dr. André Kugener


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Tonsillotom n. MATHIEU (2)

 

 

Aus dem Nachlass des Arztes Camille GLAESENER stammt dieses Tonsillotom in seiner Original-holzschatulle mit Austauschmessern. Oft scheint der Arzt die "Guillotine" nicht benutzt zu haben - war auch besser so, dafür gibt es ja Fachärzte ...


 

Ein gefährliches Instrument

"Wien, 4. September. (Die Zunge herausgeschnitten) Der Arzt Dr. Fritz G., hatte sich wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit zu verantworten. Der neunjährigen Erna Foinley sollten am 10. März die Mandeln entfernt werden. Der Eingriff dauerte ungewöhnlich lange. Nach eineinhalb Stunden wurde das Kind blutüberströmt aus dem Operationssaal gebracht. Es mußte durch längere Zeit in Behandlung bleiben. Die Zunge hing nur mehr wie an einem Faden. Der Arzt erklärte den Eltern, daß sich die Kleine die Zunge selbst abgebissen habe. Nach einigen Tagen erhielten die Eltern einen anonymen Brief, in dem ihnen mitgeteilt wurde, daß das Kind sich die Zunge nicht abgebissen habe, sondern daß sie von dem Arzt aus Unachtsamkeit abgeschnitten worden sei. Die Kleine wird zeitlebens  einen Sprachfehler haben. Der angeklagte Arzt bekannte, daß er die Zunge nicht absichtlich abgeschnitten habe. Seit sieben Jahren arbeite er als Arzt an der Klinik" (Salzburger Volksblatt, 4. Sept. 1936).

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Untersuchungsstuhl

Untersuchungsstuhl Dr. MEIERS 

Der in Ettelbrück etablierte Augen- und HNO-Arzt Jean-Joseph MEIERS (1898-1992) schaffte bei seiner Niederlassung 1925 diesen einfachen Stuhl an.


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Vernebler n. SIEGLE

 

 

"Die Listersche antiseptische Operationamethode war kaum erfunden, als schon Herr Dr. Nik. Metzler, Esch-Alzette über seine ersten erfolgreichen Operationen in Carbolspray berichten konnte. Nun konnten auch die früher mit einer erschreckenden Mortalität belasteten Laparatomien (Operation im Bauchraum) relativ gefahrlos ausgeführt werden, und Herr Dr. Klein und Dr. Grechen berichten in der Mitte der 80er Jahren über die ersten in Luxemburg erfolgreich ausgeführten Bauchoperationen" (zit. Dr.J.F., in: Escher Tageblatt vom 18.12.1937).

"L'appareil de Lucas Championnière (un chirurgien) est un pulvérisateur. Il fonctionne avec une petite bouilloire. La vapeur produite fuse par la buse aspire le contenu du réservoir et le projette sous forme d'un brouillard. D'abord conçu pour traiter les plaies et les blessures, il a été occasionnellement utilisé pour pulvériser des huiles essentielles ou des solutions sédatives". Vorgestellt wird ein derartiger Inhalationsapparat nach Just LUCAS-CHAMPIONNIERE (1843-1913) mit Federventil und Metallwinkel, auf ovalem Fuss, mit Holzgriff und festsitzendem Mundgals, erstanden 4/2001 auf dem Flohmarkt in Arlon. Weissblech. (Originalpreis 21 RM).

 

Als Weiterentwicklung des Lister'schen Carbolzerstäubers finden wir kleine handliche Geräte zum Zerstäuben von Desinfektionsmitteln im häuslichen Milieu, z.B. bei Diphtherie.

 

Exponat

"Dr Siegle's steam-powered inhaler, invented in Stuttgart in 1864, was manufactured in England by Krohne & Sesemann from 1871". Inhalationsapparat mit Federventil und Metallwinkel, auf ovalem Fuss, mit Holzgriff und festsitzendem Mundgals, erstanden 4/2001 auf dem Flohmarkt in Arlon. Weissblech. (Originalpreis 21 RM). Ein ähnliches Gerät wurde geliefert, ohne Ventil, mit Korkverschluss (Originalpreis 18,30 RM). Katalog der "Thüringer Glasinstrumenten-Fabrik" S. 120/121.

 

Das gleiche Modell wird auch als OHKAWA's inhalor bezeichnet.

(www.t3.rim.or.jp/~lisalabo/Museum/Museum.html).

 

Zum Erfinder

Siegle, Emil, geb. 2. Juli 1833 in Scheer a.d. Donau, studierte in Pisa, Tübingen, Wien und Paris, wurde 1862 promoviert. Er war seit diesem Jahre prakt. Arzt und Spezialarzt für Hals- und Ohrenleiden in Stuttgart, auch königl. württ. Hofrat. Er erfand einen Dampfinhalationsapparat (1864) und den pneumat. Ohrtrichter (1864).

Er erfand einen Dampfinhalationsapparat (1864) und den pneumat. Ohrtrichter (1864).

Er schrieb: Die Behandlung der Hals- und Lungenleiden mit Inhalationen, 1864; 3. Aufl. 1869.

 

 

Die Wirksubstanz wird in Wasser gelöst oder als Suspension in einem Behälter des Verneblers gegeben und über 5-10 Minuten lang inhaliert. Die Inhalation kann mittels Maske oder Mundstück erfolgen, wobei die Mundatmung vorzuziehen ist, da die Nase zuviel Wirksubstanz herausfiltern würde.
In Kliniken werden Medikamentenvernebler zur dosierten Verabreichung von Aerosolen verwendet. Eine ausgewogene Nebelmenge, hohe Nebeldichte und ein wirksames Teilchenspektrum von 0.5 – 7µ garantieren eine effiziente Behandlung der Atemwege und Atmungsorgane. Ein spezielles Ventil zur Verneblungsunterbrechung sorgt für sparsamen Medikamentenverbrauch. Der Anschluss der Medikamentenvernebler kann wahlweise in Kombination mit dem entsprechenden Stecker mit Absperrventil über die zentrale Sauerstoff- oder Druckluftversorgungsanlage erfolgen.

Heutzutage werden eher Ultraschallvernebler angewandt.


Randbemerkung
Auf LUCAS-CHAMPIONNIERE stossen wir ganz unvermutet in der "Illustrierten Geschichte der Medizin" von R. Toellner (Bd. 1 S. 45) als "Experimentator" in Sachen Trepanation bei den Kabylen. Er schrieb:
- Les origines de la trépanation décompressive. Trépanation néolithique, trépanation pré-colombienne, trépanation des Kabyles, trépanation traditionnelle. Avec 32 figures. Paris : Steinheil, 1912. 

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Watteschraube

Watteschraube 3
 

Für den HNO-Arzt wurde dieser Tamponträger entwickelt, "Watteschraube" genannt.

(Katalog Medizinisches Waarenhaus AG Berlin, 1910 S.163).

 

 

Exponat

Porte-tampon de Hartmann pour la cavité naso-pharyngienne (Katalog P.J. Berg S. 314)

Herkunft: Besteckkasten eines Hall'er Allgemeinpraktikers, Flohmarkt Hafen/Innsbruck 9/2018.

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Zerstäuber (1)

Nasenspray-Ballon der Fa. VAAST, um 1930 

Von der Pariser Firma "Armand VAAST, 22 rue de l'Odéon" wurde dieser "Pulvérisateur contre les Rhumes" hergestellt (Patent 1924), bei dem Luft über einen Handballon in eine Glasbirne geblasen wurde. Eine kleine Düse saugte Öl an und vermischte es mit dem Luftstrom, der es dann in die Nase des Patienten verwirbelte.




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Zerstäuber (2)

 




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Zerstäuber (3)

 

Les Rhumes et les Affections du Nez et de la Gorge Vaincus par l'emploi du PULVÉRISATEUR - ATOMISEUR "PULVIBUS" Toxa.

P.C.B. - 12, Rue du Téléphone - Bruxelles"




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Zungenspatel (1)

abb100
 

Vorgestellt werden drei Spatel, zwei aus Metall, einer aus Kristallglas nach BUCHWALD, mit dem man die Oberfläche der Zunge besser beurteilen konnte (Scharlachdiagnostik?)