Gynäkologie


Scheidenspecula (21), dreiblättriges -3

Vaginalspeculum n. GUTTMANN, um 1930 

Der Pariser Paul SEGOND (1851-1914) etablierte die Gynäkologie als eigenständiges Fachgebiet an der Medizinischen Fakultät Paris - er galt als begnadeter Didakt.

Sein Speculum wurde leicht abgeändert und ist noch heute unter der Bezeichnung "Speculum n. GUTTMANN" im Einsatz. Ein wertvolles Instrument, da es eine gute Sicht auf die Scheidenwände gestattet. In Europa wird dieses Modell leider nicht mehr hergestellt, alle GUTTMANN's sind Importe aus den USA.


Gynaekologie


Scheidenspecula n. RICORD (1838)

Ricort
 

Der Dermato-venerologe Philippe RICORD (1800-1889) lebte anfänglich in New York, kam dann nach Frankreich und arbeitete in Paris am Hôpital du Midi.

 

"On dit qu'il possédait un spéculum en or et ivoire réservé à l'impératrice Joséphine" (Dupont 1999).

 

Nach RICORD wurden die beiden hier vorgestellten Specula hergestellt:

- eines mit 2 Blättern, signiert: CAPRON. Ein Traditionshaus: "by Capron, dating from the last quarter of the 18th-century". L'orfèvre Jean Casimir CAPRON exerça à Paris à partir de 1822. CAPRON le Jeune : XIXe - 10 rue de l’Ecole de médecine, Paris, succéda à son père, Capron l'Aîné". "M. Capron, coutelier, fait hommage d'un forceps pour les accouchemens difficiles , exécuté d'après les idées qui lui ont été fournies par M. Mairieux" (Bulletins de la Faculté de médicine de Paris, 1820). Das Markenzeichen dieses Capron senior war der gekrönte Stern, den man auch auf unserm Spekulum vorfindet …

- eines mit 4 Bättern, signiert: BLANC. Maison Blanc, 22 r. de l'école de médecine au coin de celle du Paon, "maison Charrière, voisin direct de Blanc. De même dans la collection de l'ancien musée Fauchard dans une série d'instruments marqués Charrière on trouve une petite scie marquée Blanc. Probablement pour certains instruments il devait y avoir une collaboration entre confrères. On sait qu'il (Blanc) était le successeur, et probablement l'élève d'Henry, célèbre fabricant d'instruments chirurgicaux installé au 28 rue de l'Ecole de Médecine".

 

Erworben am 31.12.2014 bei einem Händler in Longuenesse, Nord-Pas-de-Calais /Frankreich. Der grosse Londoner Sammler Phisick schreibt zu seinem Exemplar: "A fine Philippe Ricord modified bi-valve folding vaginal speculum with ebony handles by Capron. If you had to rave about a speculum – this would be the one. Superb build quality. The beautiful crosshatched ebony handles fold parallel with the blades. When opened they lock solidly as the blue tempered steel latches click reassuringly into place … just as they did over 170 years ago".

Gynäkologie


Scheidenspüler (01)

Mutterrohre, um 1930 

"Soweit die kausale Behandlung nicht in der Beseitigung eines Uteruskatarrhs, Operation eines Carcinoms, Entfernung eines Decubitus erzeugenden Pessars, Heilung eines Prolapses etc. besteht, empfehlen sich für die Formen der Vaginitis, welche nicht sekundären Ursprunges sind, Ausspülungen mit Desinfizientien resp. Adstringentien. Dieselben werden von den Kranken selbst mit einem Irrigator ausgeführt; das in die Vagina einzuführende Mutterrohr sei am besten eine leicht zu reinigende, einfache, schwach gekrümmte gläserne Röhre. Auf eine sorgfältige Reinigung des Mutterrohres vor und nach der Ausspülung ist besonderes Gewicht zu legen. Aufbewahrt werde es in einem hohen, mit Alkohol oder Sublimat­lösung (l: 1000) gefüllten Glase. Die Irrigation werde l-2mal täglich in Rückenlage vorgenommen, das Mutterrohr auf etwa 6 cm eingeführt. Als Desinfizientien nehme man 2-proz. Karbol-, 1-proz. Kreolin-, 0,3-prom. Sublimat-, 2-5-proz. Borsäure-, 0,3-proz. Salicylsäurelösung, 3-proz. Wasserstoffsuperoxyd, 1-proz. Ichthyol, 1-proz. Milchsäure, Lösung von Kali hypermanganicum von schwach roter Färbung, Formalin. Als Adstringentien wähle man Zincum sulfuricum 1-proz., Plumbum aceticum 0,2-proz., Alsol 1-proz., Liquor alumin. acet., Holzessig, je l-2 Eßlöffel auf l Liter Wasser" (Otto Küstner, Lehrbuch der Gynäkologie, 4.Auflage 1910).

Vorgestellt werden mehrere sog. "Mutter-rohrgarnituren", mit denen die Scheide ausgespült wurde - zur Desinfektion ebenso wie zur Kontrazeption:
a) Garnitur aus Elfenbein
b) Garnitur aus Hartgummi (caoutchouc durci)
oben: mit Hahn, Öffnung endständig
unten: ohne Hahn, Öffnungen seitlich
c) Garnituren aus Glas, endständige Öffnungen
d) Garnituren aus Glas, seitliche Öffnungen


Seit der Augsburger Frauenarzt Albert DÖDERLEIN (1860-1941) im Jahr 1892 nachgewiesen hat, dass die Scheide im Normalzustand Bakterien enthält, die mit ihren sauren Stoffwechselprodukten zur Gesundheit der Scheide beitragen, hat das Ausspülen der Schiede stark abgenommen ...




Gynäkologie


Scheidenspüler (02)

Mutterrohr, Besteck in Originalverpackung 

Beim Klistier wird warmes Wasser in den Darm eingelassen. Es gibt dabei drei unterschiedliche Geräte. a. Klysopomp ist ein Gummiball mit Stiel. Der Gummiball wird mit Wasser gefüllt und dann wird mit der Hand das Wasser ausgepresst. Man kann nicht loslassen, sonst würde das verunreinigte Wasser in den Gummiball wieder eingesogen werden. b. Irrigator ist ein Wasserbehälter mit Schlauch. Er wird mit Wasser gefüllt und irgendwo so hingehängt, so dass er höher hängt als der Darm. Dann fließt das Wasser langsam in den Darm. Meistens gibt es am Schlauch einen Wasserhahn, mit dem man die Wassereinlauf-Geschwindigkeit steuern kann. c. Seringue ist eine Art Spritze, die mit Wasser gefüllt ist. Der Stiel wird in den After gesteckt, und das Wasser kann dann wie bei einer Spritze durch Drücken einlaufen. Der Bediener hat die volle Kontrolle über die Einlaufgeschwindigkeit. d. Glasrohr mit Aufsatz das nach Einführung in den Darm, langsam auf und nieder geschwenkt wir, so dass die Spülflüssigkeit in den Darm hinein- und herausläuft.

Bei der Scheidenspülung bedient man sich der Spülbirnen, z.T. in Kombination mit speziellen Spekula zum Öffnen der Scheide.

Das hier vorgestellte Set ist eine Weiterentwicklung aus dem Besteck 1/b.

Lit.:
Karl SUDHOFF, Mutterrohr und Verwandtes im medizinischen Instrumentarium der Antike, in: ArchGeschMed 18, 1926, S. 51.




Gynäkologie


Scheidenspüler (03)

Porzellanspeculum 

 

 

1894, zwei Jahre nachdem DÖDERLEIN die Notwendigkeit des sauren Scheidensekrets erkannt hatte, verordnete COLPE einer Patientin vaginale Spülungen mit 1%-iger Milchsäure und später mit 3%-iger Salicylsäure.

 

Lit.: Colpe J., Hefezellen als Krankheitserreger im weiblichen Genitalcanal, in: Arch. f. Gynäk., 47 (1894)


Diese Therapie erforderte einige Geduld, denn COLPE berichtet, dass ”etwa acht Wochen nach der ersten Anwendung der Säure nur noch ganz wenig Sekret vorhanden war”.


1895 empfahl Von HERFF, einer der grössten Kenner der Vulvovaginalmykosen seiner Zeit, vaginale Spülungen bei Pilzubefall, mit Sublimat (HgCl2) (1: 5000) und Quecksilbercyanid (Hg(CN)2). In ihrer Anwendung waren diese Substanzen sehr unangenehm, da sie oft ein stundenlang anhaltendes, schmerzhaftes Brennen verursachten, auch wenn sie zu deutlichen Therapieerfolgen führten. Von HERFF beschäftigte sich viele Jahre mit der Vulvovaginalmykose und deren Therapie und konnte später die besten Effekte mit verschiedenen antiseptischen Präparaten wie Silbernitrat (AgNO3), Salicylsäure, Lysol und Jodoform erzielen. Nachteilig waren dabei jedoch die Resorptionsgefahr, vorallem in der Gravidität, sowie die fast völlige Zerstörung der natürlichen Vaginalflora. Nach v.WINKEL konnte eine Entfernung der Pilzrasen bereits durch regelmässige vaginale Spülungen mit 1-2 Litern warmen oder kühlen Wassers erreicht werden, bei Persistenz empfahl er die Anwendung von Kupfersulfat, Salicylsäure- und Karbollösungen sowie Sublimat.

 

Vaginale Spülungen mit Kupfersulfatlösungen, Bleiwasser, Sublimat und Quecksilbercyanid, Silbernitrat, Salicylsäure, Lysol und Jodoform wurden empfohlen.


1897 schrieb FISCHER: "Es wird wohl mit allen Anticepticis gelingen, die Keime in Kurzem zu zerstören. Besonders empfehlen kann ich aber konzentrirtere Lösungen von Kalium hypermanganicum".

 

Lit.:
Gisela Scheininger, Geschichte der Entdeckung und Therapie von Mykosen in der Gynäkolgie und Geburtshilfe, Dissertation, LMU Medizinische Fakultät München (2004).

Anstelle eines Glasrohres konnte die Patientin auch diesen Porzellan-Adapter in die Scheidenöffnung einführen, wobei der vorstehende Zapfen mittels Gummischlauch mit dem Irrigatorbehälter verbunden wurde. Das verbrauchte Wasser floss über eine Öffnung ab, ohne spezielle Auffangmöglichkeit...

Strassenmarkt Arlon 3.7.2005.




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Scheidenspüler (04)

Porzellanspeculum 

Speculum mit stärkerer Lochung.

Metz, Rentrée des Puces, 21.8.2005




Gynäkologie


Scheidenspüler (05)

Porzellanspeculum 

 

 

Zur Funktion des Scheidenspülers: die Spülflüssigkeit wurde über einen zentralen Gummischlauch in die Scheide injiziert - sie lief über die seitlichen Öffnungen nach innen in das Porzellanteil, von dort über einen Stutzen nach draussen ab, wo ein Gummischlauch an den Stutzen befestigt werden konnte um die Flüssigkeit in ein Auffangbecken zu leiten ...

 

frz. "canule d'Aran" - benannt nach François-Amilcar ARAN (1817-1861) aus Bordeaux, Arzt am Hôpital St. Antoine in Paris, Erstbeschreiber der Spinalen Muskeldystrophie, Spezialist für die anatomische Struktur der Gebärmutter, nach dem der "Sphincter tubae" am Übergang der Tube zum Cavum uteri benannt ist .

 

Lit. zu ARAN
www.whonamedit.com/doctor.cfm/72.html

Herkunft des Objektes: das "mittelalterliche" Burgdorf Najac, Midi-Pyrénées / Frankreich




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Scheidenspüler (06)

Gitter-Speculum, um 1930 

Bei dem hier vorgestellten "Spül-Spekulum" handelt es sich um einen sog. "Pulver-Bläser", mit dem kontrazeptive Pulver auf die Zervix gepustet wurden.

Der Pulverbläser war ein gängiges Verfahren der Schwangerschaftsverhütung. Das verwendete Pulver bestand aus 50 Teilen Borsäure, 2,5 Teilen Zitronensäure, 2,5 Teilen Gerbsäure, 10 Teilen Gummiarabicum und 35 Teilen Puder. Die so eingestäubte Scheide gewährt 30 Minuten lang Schutz gegen Schwängerung, erfolgt die Ehepflichtleistung erst später, so ist der absoluten Sicherheit halber die Manipulation zu wiederholen.“ (zitiert aus: ‚Das neue Naturheilverfahren – Lehr- und Nachschlagebuch der naturgemäßen Heilweise und Gesundheitspflege’ von F.E. Bilz in der 73. Auflage erschienen um 1900.)
Link:
ub-ed.ub.uni-greifswald.de/opus/volltexte/2006/17/pdf/ Pulverblaeser_oLoEoD.pdf




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Scheidenspüler (07)

 

 

"Colonia-Badespekulum zum Universal-Spülapparat der Firma Max Wunderlich Köln, Lupusstr. 22.


Das komplette Badespekulum besteht aus dem eigentlichen vernickelten, in 3 Teile zerlegbaren Metall-Spekulum (Brauserohr, Körbchen und Abdichtglocke) sowie den damit zu verbindeten [sic] Klyso und Abfluss-Schlauch. Da zu einer zweck-dienlichen Körperpflege eine richtige Temperierung des Wassers gehört, wird ausserdem ein Spezialthermometer dazu geliefert, auf welchem die bei den einzelnen Bädern benötigten Wärmegrade angezeigt werden".

 

In der Gebrauchanweisung werden Weissfluss, Gebärmuttersenkung- und Knickung, schmerzhaftes Eintreten der Menstruation, Menstruationsstörungen und Stockungen erwähnt. Unter den Personen, die sich belobigend über den Apparat äusserten, findem wir den Gauvorsitzenden des Vereins für Sexualhygiene und Lebensreform in Altenburg - ein wichtiger Hinweis auf die Hintergründe der Benutzung des Gerätes. "Von Mitgliedern der "Freien Arbeiter Union Deutschlands" (FAUD) wurde 1923 der ‘Verein für Sexualhygiene und Lebensreform’ (VSL) gegründet, der seinen Sitz in Chemnitz hatte und dessen Tätigkeit sich auf Bayern, Sachsen, und Thüringen erstreckte. In der FAUD galt der Grundsatz, daß die “Geschlechtsfrage (...) keine Privatsache” sei, sondern “in die Öffentlichkeit und in alle Arbeiterorganisationen” gehöre. Dies zeigen nicht nur die vielen Beiträge zu den verschiedensten Aspekten der Sexualität in den Publikationen der FAUD, sondern auch und vor allem das große Engagement vieler AnarchosyndikalistInnen in den Laienorganisationen für Sexualreform. Im Unterschied zu den meisten anderen Verbänden in Europa und den USA wurde die Sexualreformbewegung in Deutschland in erster Linie von diesen Laienorganisationen getragen und nicht von Ärzten, Intellektuellen oder Fachleuten aus der Mittelschicht" (zit.: Dieter Nelles, Anarcho-syndikalismus und Sexualreformbewegung in der Weimarer Republik).

 

Nix Hygiene, dem FAUD ging es um "Sexualreform" sprich Familienplanung - leider durfte man das in der Weimarer Republik nicht öffentlich artikulieren ...

 

 

Link:
www.geocities.com/syndikalist2002/nelles.htm

 

 

Exponat

Vorgestellt wird die im Raum Eisfeld/Thüringen erworbene Scheidendusche (Ebay). Es fehlt das Thermometer; Originalverpackung, 2 Kanülen für rectale Einläufe und Gebrauchsanweisung sind erhalten.




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Scheidenspüler (08)

Scheidenspuler 2
 

 

"Erlass des k.k. Ministeriums des Innern vom 6. August 1900, Z.22.155, an alle politischen Landesbehörden, betreffend das Verbot des Vertriebes anticoncep-tioneller Apparate durch Colportage. Durch einen Bericht der k.k. Landesregierung in Klagenfurt ist das Ministerium des Innern zur Kenntniss gelangt, dass von der Firma C. Bretschneider, „Hansa“, hygienisches Specialgeschäft in Hamburg, Apparate zur Verhinderung der Conception (Scheiden-pulverbläser) sammt Reclameschriften und Bestellscheinen an Buchhändler zum Zwecke des Vertriebes derselben auf dem Wege der Colportage eingesendet wurden. Nachdem der Vertrieb solcher Apparate mit dem h.o. Erlasse vom 24. Juni 1899, Z.14.968, verboten wurde, wird die k.k.. hievon zur entsprechenden Veranlassung im Zwecke der Hintanhaltung der Umgehung dieses Verbotes durch Colportage und unbefugte Gewerbeausübung in die Kenntniss gesetzt" (Drogisten-Zeitung, 8. Okt. 1900).

 

Trotz dieses und ähnlicher Dämpfer wurde mit diesem und ähnlichen Geräten bis in die 1920er Jahre Zitronenpulver auf den Muttermund gespritzt in der Hoffnung, daß damit das Sperma abgetötet wurde.

 

Dieser Scheidenspüler (Pulverbläser ?) besitzt die Besonderheit, daß er über ein Ventil verfügt, das den ungewünschten Rückfluß der Spülflüssigkeit (des Pulvers ?) verhinderte. Einen eigentlichen Rückfluß hatte dieses Speculum nicht - daher meine Vermutung, daß damit nicht Wasser, sondern ein Pulver gespritzt wurde ...

 

Herkunft: Flohmarkt Hafen / Innsbruck 8/2018.

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Scheidenspüler von Marvel

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Original Spül-Schlauch mit 2 Stöpseln aus Porzellan

 

 

Das Problem bei Scheidendouchen ist, daß sie nur selten einen Hersteller aufweisen. Umso mehr habe ich mich über diese Porzellandouche gefreut, die mitsamt ihrer Verpackung auf dem Markt auftauchte.

 

Exponat

Scheidendouche der amerikanischen Firma MARVEL,

25 West 45th Street (Times building), New York mit ihren drei Filialen:

63 St. John’s street, 11 Queen Victoria Street, London

42 rue du Marché, Paris,

416-18 George Street, Sydney, Australia

 

die offenbar eine Vertretung in Frankreich hatte, da der Karton französch beschriftet ist. Auch eine beiliegende Gebrauchsanwendung für die "Rotierende Douche" ist auf französich verfaßt.

 

In Frankreich wurde diese Art von Douchen von der Pariser Fa. Duffaud et Cie, 11 rue Dupuytren verkauft als

 „Article n°6479. - Canule en porcelaine à double courant pour injections chaudes à 50 degrés ».

 

Die wichtigsten Indikationen dieser heißen Scheidenspülungen bildeten chronisch entzündliche Prozesse, bei denen eine resorptionsfördernde Wirkung erstrebt wurde.

Heiße Scheidenspülungen wurden in den 1920er Jahren auch im Zusammenhang mit Pathologien des Wochenbettes appliziert:
„Die gestörte Rückbildung der Genitalien gibt sich dadurch zu erkennen, daß der Uterus groß, schlaff und weich bleibt (..) Behandlung: dreimal täglich 15 Tropfen Extr. Secal. Cornuti fluid.; zwei tägliche heiße Scheidenspülungen, längere Bettruhe“ (G. v. Bergmann, Die Therapie des praktischen Arztes, Berlin 1920 S.360).

„Bei den übrigen Nachgeburtsblutungen suche die Hebamme bis zur Ankunft des Arztes die Gebärmutter gleichmäßig zu reiben, bei gefüllter Harnblase diese zu entleeren, dann in allen Fällen Bettruhe, Rückenlage mit geschlossenen Beinen und niedrig gelegtem Kopfe anzuordnen, ferner kalte Umschläge auf den Bauch und eine stets mit dem Thermometer zu messende 50°C heiße Scheidenspülung von 2-4 Liter mit Lysol vermischtem Wasser zu machen“ (Karl Waibel, Leitfaden für die Prüfungen der Hebammen, Springer 1923 S.91). 

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Scheidenspüler n. PINKUS

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Heißwasser-Scheidenspüler nach Felix PINKUS / Berlin

um 1910

 

 

Wichtige Indikationen der heißen Scheidenspülungen bildeten chronisch entzündliche Prozesse, bei denen eine resorptionsfördernde Wirkung erstrebt wurde.


"Beitrag zur Technik der heißen Scheidenspülung von Dr. Heinr. Baumgärtner jun.
In der gynäkologischen Praxis werden vielfach heiße Ausspülungen der Scheide verordnet, wo es sich darum handelt, Uteruskontraktionen anzuregen, Blutungen zu stillen, alte Exsudatreste und Verwachsungen zur Resorption und chronisch entzündliche Zustände der Beckenorgane zur Heilung zu bringen" (Monatsschr. Geburtshilfe Gynäkol. 1897; 5:7-11).

 

Bei beginnender Fehlgeburt sollte die Hebamme einen heiße Scheidenspülung vornehmen:
"Bei einer im Gange befindlichen Fehlgeburt: die Frau wird ins Bett gebracht und erhält eine heiße Scheidenspülung" (Friedrich Kirstein, Leitfaden für den Hebammenunterricht, Berlin 1912 S.98).

 

Besonders häufig scheint die Anwendung im frühen Wochenbett gewesen zu sein
"Bezüglich der bei Blutungen zu verfolgenden Therapie ist zu bemerken, daß heiße Scheidenspülungen nur eine vorübergehende Hämostase bewirken und daß man sich deshalb nicht auf dieselben verlassen kann. So lange eine Retention besteht, geben heiße intrauterine Spülungen ebenfalls eine gewisse Hämostase; sie haben aber nur insoweit eine Berechtigung, als sie die Expulsion befördern" (Oskar Beuttner, Zur Behandlung des unvollständigen Abortus nebst einigen Bemerkungen über Atmokausis, Uterusperforation und Hysteroskopie, in: Anton Bum, Wiener Klinik, Vorträge aus der gesammten Praktischen Heilkunde 1900, S.152).

 

Ein Wechsel kalt/warm löste die Plazenta:
"(..) wegen fortdauernder Blutung Versuch, die teilweise gelöste Placenta durch Credé zu exprimieren. Der Versuch scheiterte. Die andauernde mäßige Blutung wurde dann durch nochmalige heiße Scheidenspülung ganz zum stehen gebracht, der Uterus kontrahierte sich fest. Die Halbentbundene wurde nun mit Eisblase auf dem Leibe vom Operationstisch ins Bett zurückverbracht, und während der Kontrolle des Uterus wurde die Placenta spontan nach Modus Duncan ausgestoßen" (Interntionale klinische Rundschau, Nr.16, 1903 S.278).

 

„Die gestörte Rückbildung der Genitalien gibt sich dadurch zu erkennen, daß der Uterus groß, schlaff und weich bleibt (..) Behandlung: dreimal täglich 15 Tropfen Extr. Secal. Cornuti fluid.; zwei tägliche heiße Scheidenspülungen, längere Bettruhe“ (G. v. Bergmann, Die Therapie des praktischen Arztes, Berlin 1920 S.360).

 

„Bei den übrigen Nachgeburtsblutungen suche die Hebamme bis zur Ankunft des Arztes die Gebärmutter gleichmäßig zu reiben, bei gefüllter Harnblase diese zu entleeren, dann in allen Fällen Bettruhe, Rückenlage mit geschlossenen Beinen und niedrig gelegtem Kopfe anzuordnen, ferner kalte Umschläge auf den Bauch und eine stets mit dem Thermometer zu messende 50°C heiße Scheidenspülung von 2-4 Liter mit Lysol vermischtem Wasser zu machen“ (Karl Waibel, Leitfaden für die Prüfungen der Hebammen, Springer 1923 S.91).

 

Die Spülbirne eignete sich auch für die Selbstbehandlung bei Unterleibsentzündungen:
"(..) Dann folgt die Selbstbehandlung durch die Patientin daheim: Am folgenden Tage abends vor dem Zubettgehen eine heiße Kamillenteespülung oder eine Spülung mit Thiosept-Emulsion (1 bis 2 Eßlöffel auf 1 Liter heißes Wasser). Jeden zweiten Tag nach vorgenommenem Sitzbad (in bekannter Weise) lasse ich nach dem Zubettgehen ein Thiosept-Vaginal-Globulus soweit als möglich in die Scheide einführen, am darauffolgenden Tage wiederum abends eine heiße Scheiden-spülung vornehmen. Je nach dem Grade der Entzündung läßt man die Patientin nach der zweiten oder vierten Selbstbehandlung wieder in die Sprechstunde kommen" (Wiener medizinische Wochenschrift Nr.37, 1939 S. 939).

Rupert Franz in Wien empfahl bei Gonorrhoe mehrmals täglich heiße Scheidenspülungen (in: Carl Bruck, Josef Jadassohn, Gonorrhöe: allgemeine Ätiologie, Pathologie, bakteriologische Diagnose, Berlin 1934 S.683).

 

1913 erwähnten Carl Menge und Erich Opitz die PINKUS'sche Spül-Birne in ihrem Handbuch der Frauenheilunde S.277.

Noch Anfang der 1950er Jahre findet die Methode in der Literatur Erwähnung:
"Scheidenspülungen zu rein hydriatischem Zweck einer Zirkulationsumstimmung (Hyperämisierung, Resorptionsförderung) sind nur dann von Wert, wenn man große Mengen Spülflüssigkeit (bis zu 20 Liter) von hoher Temperatur (allmählich steigend von 40 bis 50°C) verwendet. In diesen Fällen muß der Irrigator natürlich ein gehörig großer Eimer sein und für eine ebenso großes Ablaufgefäß gesorgt werden. Da überdies die meisten Frauen solch hoch temperierte Duschen am Introitus als schmerzhaft empfinden, verwendet man dazu statt des einfachen Scheidenrohres besser eine Pinkus'sche Spülbirne, welche das ein- und rücklaufende heiße Wasser vom Introitus durch die isolierende Luftschicht fernhält" (Rudolf Th. v. Jaschke, Leitfaden der Gynäkologie, Berlin 1950 S.51).

 

Zum Erfinder
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Der am 4. April 1868 in Berlin geborene Felix Israel PINKUS wurde am 1. April 1908 zum leitenden Arzt der Geschlechtskrankenstation im Städtischen Obdach in Berlin ernannt, eines Obdachlosenasyls. Nach Eröffnung des Frauenkrankenhauses in Reinickendorf am 15.12.1924 wurde er Direktor dieses Krankenhauses, das er bis 1933 leitete. Nach der Machtergreifung Hitlers verblieb er zunächst in Deutschland und durchlitt die Eskalation der Unterdrückung:
- 1933 wurde er als Sekretär der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten abgesetzt.
- 1934 wurde er aus dem Lehrkörper der Berliner Universität gestrichen. Er musste Wohnung und Praxis aufgeben.
- 1938 wurde allen jüdischen Ärzten die Bestallung entzogen, nur 709 erhielten die Erlaubnis weiter ärztlich tätig zu sein, jedoch nur für jüdische Patienten und nicht als Ärzte, sondern als "Krankenbehandler".


Im August 1939 emigrierte Pinkus nach Oslo, wo ihn die Nazi im April 1940 drohten einzuholen - über Kopenhagen, Moskau und Wladiwostok konnte er sich in letzter Sekunde über Japan nach San Francisco retten, wo er im Januar 1941 ankam und von seinem Sohn in Empfang genommen wurde. Er starb am 19. November 1947 in Monroe-Michigan/USA.
Er war ein Vetter des Salvarsanforschers Paul EHRLICH (1854-1915), der mit einer Pinkus verheiratet war.
Nach ihm ist die "Pinkus'sche Krankheit", der Lichen nitidus benannt.

 

Lit.:
Langenhagen, De l’emploi abusif et inconsidéré des irrigations vaginales trop chaudes en gynécologie. Gynécologie 1913 Jg.17 Nr.3 p.141-146.
Pinkus, Felix, Haut- und Geschlechtskrankheiten. Verlag: Dr W. Klinkhardt Vlg Leipzig 1910.
Boruttau, Heinrich, Zur Quecksilberresorption bei der Schmierkur, Dtsch Med Wochenschr 1913; 39(29): 1409 [Aus der Physiologisch-chemischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses im Friedrichshain (Leiter: Prof. Boruttau) und aus der Abteilung für Geschlechtskrankheiten im Städtischen Siechenhaus (Dirigierender Arzt: Priv.-Doz. Felix Pinkus) in Berlin]

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