Chirurgie


Schnepper (6)

Fliete aus Laufen
 

 

 

Zur Operation hielt der Chirurg die Fliete zwischen Daumen und Mittelfinger der linken Hand - die spiralförmige Aufwicklung der "Ferse" zur "Handhabe" erleichterte diesen Zugriff und verhinderte ein Umknicken der Fliete in dem Moment, wo der Finger (oder der Kamm des Bartscherers) aufschlug. Mit dem rechten Zeigefinger klopfte der Operateur nämlich - zum Einschnitt in Haut und Vene - auf das Eisen - zum durchstechen der derben Kuh/Pferdehaut bedurfte es dazu eines besonderen Schlägels (siehe vorhergehenden Artikel).

 

Grammatikalische Besonderheit

"Ihm wurde nun zur Ader gelassen" (Medicinisch-chirurgische Zeitung 1816,1 S.382).

"Man hatte einem Pferde zur Ader gelassen, und das Blut auf den Boden fließen lassen" (Obermoselzeitung, 17 Januar 1885). Nicht "Ein Pferd", sondern den Dativ "Einem Pferd" - heute benutzt man nur noch den Akkusativ.

 

Von wann bis wann wurde die Fliete benutzt?

Noch im 18. Jahrhundert wurde das Laßeisen in Deutschland benutzt, auch wenn es anderwärts seit dem 16. Jahrhundert durch die Lanzette abgelöst worden war. So schrieb Lorenz HEISTER 1752: "Viele Chirurgi in Teutschland, sonderlich in Schwaben, Francken, Bayern und Nieder-Sachsen, brauchen noch oft das alte teutsche Lass-Eisen, welches sie auch eine Fliete nennen (Tab. XI. Fig. 3), dasselbe setzen sie mit dem scharffen Theile auf die Ader, halten es [an der Handhabe], schlagen hernach mit dem Finger drauf, und eröffnen also hiermit die Ader, fast wie die Schmiede, wenn sie den Pferden zur Ader lassen" (Chirurgie, Neue Aufl. Nürnberg 1752 S.380).

 

Hilfsmittel

Wenn das Gefäß nicht zu fühlen war, legte der Operateur eine Staubinde an. Schon CELSUS kannte deren Nutzen im 2. Jh. n.Chr..

Henri de MONDEVILLE führte im 14. Jh. den Stab ein, den der Patient beim Aderlass an der Ellbeugenvene in der Hand halten und "pumpen" soll.  

 

Und danach?

Nach dem Aderlass wurde ein lockerer Verband angelegt: "Aderbinde, besteht aus einem schmalen Streifen von ziemlicher Länge der auf beyden Seiten entweder einen subtilen Saum hat oder auch nur bestochen ist, worzu gemeiniglich klare weiße Leinwand genommen wird. Wenn nämlich die Incision mit einer Fliete, Laßeisen im Arm oder Fuß geschehen, und die verlangte Quantität Blut gelassen worden, tunkt man Baumwolle in Wein, legt solches auf die Öffnung und bindet nur beschriebenen Streifen ganz locker herum, damit die Ader nicht wider aufspringen möge" (Georg Heinrich Zink, D. Georg Heinrich Zinkens Allgemeines oeconomisches lexicon, Leipzig 1800).

 

Exponat

17 cm langes, grob geschmiedetes Laßeisen aus dem oberbayerischen Laufen (Ebay 11/2017).