Chirurgie


Kippflasche (1)

Kippflasche 1
 

 

   Fäden von der Bobine abzurollen und sie dabei nicht unsteril zu machen, war eine hohe Kunst,die erst mit den sog. Kippflaschen der Fa. Braun / Melsungen gelang.

 

Am 23. Juni 1839 erwarb Julius Wilhelm BRAUN (1808-1850) die Rosenapotheke in Melsungen. Ende September 1908, auf einer Zugfahrt von einem Treffen der Ärzte und Naturforscher in Köln (Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Köln vom 20.–26. September 1908) zurück nach Melsungen, traf sein Enkel Carl BRAUN (1869-1929), der die Apotheke 1900 geerbt hatte, im Speisewagen ganz zufällig auf den Chirurgen Dr. Franz KUHN (1866-1929), der Chefarzt des Elisabeth-Krankenhauses in Kassel war und ihm sein Leid klagte: Kuhn hatte ein Verfahren zur sterilen Produktion von Katgut entwickelt und erprobt, doch fehlte ihm ein Partner für die Fertigung im größeren Stil. Schnell konnte Kuhn sein Gegenüber zum Einstieg in die Forschung und industrielle Fabrikation des so wichtigen Nahtmaterials bewegen: in enger Zusammenarbeit – Melsungen liegt nur 34 km südlich von Kassel - entwickelten beide noch vor Ablauf des Jahres 1908 das erste Verfahren zur industriellen Fertigung von sterilem Catgut aus Hammeldärmen, dem "Kuhn'schen Katgut", wie das Produkt in der Fachwelt genannt wurde.

Verwendet wird Catgut in der Chirurgie in drei Formen: dem sterilen Catgut (Chorda resorbilis sterilis), sterilem Catgut im Fadenspender (Chorda resorbilis sterilis in receptaculo) sowie sterilen, resorbierbaren Kollagenfäden (Fila collagenis resorbilia sterilia).

 

Exponat

Wiederbefüllbarer chirurgischer Fadenspender (H: 16 cm, D: 6,5 cm) der Fa. Braun Melsungen (um 1951). Der 100 Meter lange Faden lag in einer desinfizierenen Flüssigkeit. Jeweils vor Gebrauch wurde die Flasche gekippt (daher der Name "Kippflasche") und damit das Fadenende desinfizert. Danach wurde der Deckel geöffnet und Nahtmaterial entnommen, danach verschlossen und durch erneutes Kippen wieder desinfiziert.

Pressglas

Fadenspender mit "dickem Kopf"