Paediatrie


Windeln

Ansichtskarte, um 1910 

Schon "Klein-Jesus" wurde in Windeln gewickelt. Das wohl um die Mitte des 2. Jh. nach Chr. verfasste Protevangelium des Jakobus berichtet anlässlich der Geburt Jesu, dass eine der beiden anwesenden Hebammen, Salome, die Jungfräulichkeit Mariae überprüfen wollte, wobei ihre Hand verdorrte, aber bei der Berührung der Windeln Jesu wieder verheilte - ein Motiv, das auch in der Kunst dargestellt wurde, z. B. um 543/553 auf einem Elfenbeinrelief an der Maximians-Kathedrale in Ravenna oder von Robert Campin um 1420/30. Die Windeln - auf die Schnelle aus den Fusslappen sprich Strümpfen des Heiligen Joseph zusammengeschustert - sie waren also heilkräftig: Grund genug, die Windel Jesu als Reliquie in den Aachener Dom zu schaffen. Sst es die gleiche Windel, die einst in Konstantinopel in der Blachernenkirche resp. der Hagia Sophia verehrt wurde ?

Eine Windel als Zeichen des Erdenlebens Jesu. Das antike Textil (man benutzte damals ausschliesslich Stoffwindeln) befindet sich in Aachen vermutlich seit den Zeiten Karls des Großen, der es 799 von einem Mönch aus Jerusalem überreicht bekommen haben soll. Dabei waren zur Zeit Jesu Windeln den Wohlhabenden vorbehalten! Arme konnten sich eine derartige Verschwendung von Tüchern nicht leisten ...

Das "Bureau d'Assistance à l'Enfance" des Amerikanischen Roten Kreuzes warb in Frankreich mit Bildern der Künstlerin H. STEPHANY für einen sorgfältigen Umgang mit Säuglingswindel:
"Changez nos couches dès qu'elles sont mouillées".

Damals wurden noch Stoffwindeln benutzt, die täglich gewaschen wurden. Grosse (ca. 80x80cm) Windeln wurden gefaltet und ums Baby gewickelt. Üblicherweise wurden hierfür Mullwindeln benutzt, auch Köperwindeln. Beide hatten jedoch eine relativ geringe Saugkraft - daher die Warnung vor "überlaufende Windeln" auf der Ansichtskarte.

Erst lange nach dem 2. Weltkrieg kamen die Wegwerfwindeln in Gebrauch - zunächst sehr zögerlich, da die Dinger ziemlich hautunverträglich waren ... und teuer.
"Die moderne Wegwerfwindel wurde gleich zweimal erfunden, erst von Victor Mills und dann von Carlyle Harmon und Billy Gene Harper. Mills arbeitete für Procter & Gamble und wurde dort zur Legende. 1957 kaufte Procter & Gamble die Chamin Paper Company in Green Bay (Wisconsin), und Mills erhielt den Auftrag, sich für die Papiersparte neue Produkte auszudenken. Da er Grossvater war und das Windelwaschen immer gehasst hatte, kam er auf die Idee, eine Wegwerfwindel zu entwickeln. «Einer der Entwickler der ersten Stunde erzählte mir, sie seien als Erstes in einen Spielzeugladen gefahren und hätten eine dieser Gliederpuppen gekauft, denen man Wasser in den Mund schütten kann, worauf es am anderen Ende wieder herausrinnt», berichtet Ed Rider, der Leiter des Firmenarchivs von Procter & Gamble.
«Im Labor montierten sie solche Puppen auf einer Tretmühle; an ihr testeten sie die Windeln.»
Das Ergebnis war das Produkt Pampers, das 1961 erstmals auf den Markt kam. Die erste Wegwerfwindel hatte eine schlichte rechteckige Form. Ihr Futter, das direkt auf der Babyhaut lag, bestand aus Rayon, die Aussenhaut war aus Kunststofffolie. Dazwischen lagen zahlreiche Schichten Krepppapier. Festgezurrt wurde die Windel mit Sicherheitsnadeln. Das Innenfutter war teilweise plissiert, damit sich die Windel besser an die Beine des Babys anschmiegte.
Wegwerfwindeln sind in den letzten zwanzig Jahren kleiner und kleiner geworden. In den frühen achtziger Jahren waren sie noch dreimal so sperrig wie heute – dicker und im Schritt erheblich breiter. Ein paar Jahre später schrumpften die Huggies (und ebenso das Konkurrenzprodukt Pampers von Procter & Gamble) um rund fünfzig Prozent. Mitte der neunziger Jahre brachte ein neuer Entwicklungssprung eine Reduzierung der Masse um ein weiteres Drittel. Und in den kommenden Jahren könnten die Windeln noch kleiner werden."

Quelle:
www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=1995&CategoryID=60