Paediatrie


Impffedern (1)

um 1950

 

 

Es gibt verschiedene Methoden, den Impfstoff in die Haut des Oberarms einzubringen (Skarifikation = lat. Ritzen). Zur Anwendung kommen Kanülen mit ihrer scharfen Seite, Impflanzetten und Bifurkationsnadeln. Letztere "zweizackige Impfnadeln" sind so aufgebaut, dass sie durch einmaliges Eintauchen in die Impfflüssigkeit genau 0,0025 ml Impfserum durch Kapillarkräfte aufnehmen. Diese exakte Dosierung sowie eine einfache Anwendung ermöglichen einen möglichst hohen Impferfolg.

 

 

Zum Erfinder

Der Name Docteur MARESCHAL klingt gut im Ohr eines historisch informierten Arztes. Ein aus Irland stammender Georges MARESCHAL (1658-1738) war in der Tat ab 1703 königlicher Chirurg von Louis XIV und gründete 1731, zusammen mit François de LAPEYRONIE (1678-1747) die "Académie royale de chirurgie" - mit Impflanzetten aber hatte er sicher nichts am Hut.

Aus Schreibfedern entwickelte der französ. Militärarzt, der im Hôpital du Val de Grâce tätige "médecin-inspecteur aux armées" Henry MARESCHAL (1849-1918) um 1890 diese Impflanzetten - die individuelle Lanzette sollte die Übertragung der (in Soldatenkreisen besonders häufige) Syphilis ausschließen! 

 

Exponat

Die Bestecke mochten noch so elegant aussehen, sie bargen die Gefahr in sich der Übertragung von ansteckenden Krankheiten. Dies erklärt den Gebrauch von Einmallanzetten ab dem 1. Weltkrieg.Die Bestecke mochten noch so elegant aussehen, sie bargen die Gefahr in sich der Übertragung von ansteckenden Krankheiten. Dies erklärt den Gebrauch von Einmallanzetten ab dem 1. Weltkrieg.Vorgestellt wird eine Schachtel mit Federn (frz. "plumes à vaccin") der Firma Blanzy-Conté-Gilbert, mit 100 "Vaccinostyles individuels du Docteur MARESCHAL". Auf der Rückseite ist zu lesen:"Conservation & stérilisation des vaccinostyles.Le meilleur moyen de les mettre à l'abri de toute oxydation consiste à les conserver indéfiniment dans un flacon à large ouverture contenant une solution de bicarbonate ou de borate de soude à 1/100, dans laquelle on peut aussi les faire bouillir pour les stériliser. L'eau bouillante simple les oxyde".

 

Zum Hersteller

Die Firma Blanzy gibt es noch heute, wenn auch in abgeänderter Form. Um 1790/95 begann der französische Artist und Wissenschaftler Nicolas-Jacques Conté damit, in seiner Heimat Bleistifte herzustellen. 1793 eröffnete er, zusammen mit seinem Bruder Louis, eine Fabrik, litt aber bald unter dem britischen Embargo auf Graphit (man bezog den besten Rohstoff lange Zeit aus Borrowdale). Conté erfand daher 1795 ein Verfahren mit dem er gepulvertes französisches Graphit mit Kreide strecken, mit Wachs binden, und in einen Holzstift einfüllen konnte... 1846 gründeten Pierre Blanzy und Eugène Pouré eine Schreibfederfabrik in Boulogne-sur-Mer. Aus dem Werk wurde die Fa. Blanzy-Conte & Gilbert, die Stahlfedern herstellte. Schon Victor Hugo schrieb nachweislich mit einer Blanzy-Pouré-Feder...

Wer Stahlfeder sagt, denkt als Mediziner unwillkürlich an Impflanzetten, deren Form derjenigen von Federn äusserst nahe kommt. In der Tat finden wir um 1900 im Sortiment von Blanzy-Conté ... Impflanzetten, und auch die Nachfolgefirma Blanzy Poure & Cie führt noch heute unter der Nr. F288 den "Vaccinostyle du Dr. Marschal" [beachte die veränderte Schreibart]. Auch die Firmen Soennecken und Blankertz stellten um 1910 derartige Impffedern her und verkaufte sie im Hunderterpack.

Eine andere Schreibfederfirma, Brause in Iserlohn, lieferte gleichfalls Impflanzetten...
"Die beste Feder, lieber Sohn,
ist die von Brause, Iserlohn"
Das Unternehmen Brause wurde 1850 von den Brüdern Friedrich-Wilhelm und Karl Brause gegründet und stellte ursprünglich Nadeln und Fischereihaken her. Ab 1895 wurden Fahrradspeichen und Schreibfedern aus Stahl produziert...