Innere Medizin


Lebenswecker (1)

Lebenswecker n. BAUNSCHEIDT, um 1880 

 

 

Am Übergang der Chirurgie zur Inneren Medizin ist ein kurioses Gerät angesiedelt: der "Baunscheidt'sche Lebenswecker. Er nutzte die Eigenschaft der Haut aus, dass es an Punktionsstellen - unter Mitwirken von Krotonöl - zur Bildung von Pusteln kommt. Diese Pusteln wurden von BAUNSCHEIDT als "Abzugsstelle für die im Körper abgelagerten Krankheitsstoffe" angesehen.

 

Carl BAUNSCHEIDT (1809-1873) aus Endenich bei Bonn war Mechaniker. Von Gicht und rheumatischen Schmerzen der rechten Hand geplagt saß dieser an einem Sommerabend in seinem Garten während eine Mückenplage seine kranke Hand zerstach. Die Pusteln auf der Hand am nächsten Morgen waren nicht verwunderlich, aber das Verschwinden der rheumatischen Schmerzen. Die Erfindung bestand nun darin diese Mückenstiche nachzuahmen: Ein Nadelgerät - vom Erfinder schlicht "Mücke" genannt, von dankbaren Patienten später als "Lebenswecker" bezeichnet, und ein Hautreiz-Öl, welches die Quaddeln auf der Haut erzeugt. Das Verfahren wurde an vielen Kranken erprobt, von der damaligen Bonner Medizinischen Fakultät empfohlen und ging als Heilverfahren um die ganze Welt.
BAUNSCHEIDT wurde ein reicher Mann, der Schloss Dottendorf bei Bonn kaufen und restaurieren konnte...

Rein formal ist sein "Lebenswecker" eine Weiterentwicklung derjenigen Instrumente, die man Jahre zuvor bei der Markierung von Deserteuren benutzt hatte.


Das Gerät wandte sich zunächst an Mediziner und betraf eine klar umrissene Pathologie. Schon bald aber wurde die Methode kritiklos gegen alle erdenklichen Leiden benutzt.

Das Gerät fand auch in Luxemburg Anwendung. So schrieb 1857 ein zufriedener Patient, dass "Mr. ALBERTY, curé à B.....sur la Moselle dans le grand-duché de Luxembourg" die Methode in unserer Provinz eingeführt habe und zahlreiche Lebenswecker erworben und verteilt habe. Daraufhin habe mancheiner sich wegen unbefugten Ausübens der Heilkunde vor Gericht verantworten müssen. In 5 von 6 Fällen sei der Angeschuldigte freigesprochen worden, weil er nur Freunde behandelt habe. Eine Hebamme aber habe die Behandlungen gegen Geld durchgeführt und sei zu 52 frcs Strafe verurteilt worden: "Les auditeurs indignés de cette décision arrangèrent sur le champ une collecte de 65 frcs. qui a largement indemnisé la pauvre femme".
Von A., "Pfarrer im Grossherzogtum Luxemburg", lesen wir, dass er im November 1856 4 Lebenswecker nach Arlon verschickt hatte.

 

Exponat

Vorgestellt wird ein Gerät aus Vulcanite, ohne Herstellerangabe. Eine zentrale Nadel, erster Kranz 6, zweiter Kranz 12, äusserer Kranz 13 Nadeln. Ein grosses B in Hochrelief auf der Platte, auf der die Nadeln stehen als Hinweis, dass es sich um ein Originalgerät handelt ...