Innere Medizin


Krankenkassenwesen (1)

 

Jahrhundertelang hatte es für Hilfsbedürftige keinen Anspruch gegeben auf Hilfe im Krankheitsfall. Bei Lohnausfall durch Krankheit konnte der Unglückliche nur auf Hilfe aus der öffentlichen Armenpflege hoffen, und auch dann erst, wenn er seine Ersparnisse aufgebraucht hatte. Am ärgsten betroffen waren Arbeitnehmer ohne persönlichen Besitz und ohne Rücklagen.
Dem Bismarck'schen Beispiel folgend, entstand auch in Luxemburg im ausgehenden 19. Jahrhundert ein gesetzliches Hilfswesen. Durch Gesetz vom 11.7.1891 wurden die Tätigkeiten der sog. "Unterstützungsvereine auf Gegenseitigkeit" geregelt. Diese durchaus sinnvollen Einrichtungen erreichten ihr Ziel nur teilweise, weil viele Arbeiter es versäumten, diesen Vereinen beizutreten. In Betrieben, wo der Arbeitgeber nicht bereit war, bei der Gründung eines Unterstützungsvereines mitzuwirken, kam ein solcher vielfach erst gar nicht zustande!
Der Staat sah sich genötigt, einzugreifen und die Versucherung der Arbeitnehmer zwangsweise einzuführen. Durch Gesetz von 1901, das am 1.12.1902 in Kraft trat, wurde in Luxemburg eine obligatorische Krankenersicherung eingeführt. Neben Zwangsversicherten konnten auch Freiwillige als Mitglieder aufgenommen werden, sei es dass sie dazu ein Anrecht hatten, sei es, dass dieses Recht erst durch das Kassenstatut erlangten. Die alten Unterstützungsvereine wurden - nach eingehender Überprüfung durch den Staat - beibehalten. Ihre Mitglieder brachten sich nicht neu zu versichern. Wenige Vereine genügten den neuen Anforderungen:

  • 1. der Luxemburger Arbeiterunterstützungsverein (in Luxemburg)
  • 2. der Felser Fortbildungs- und Unterstützungsverein (in Larochette)
  • 3. der Schreinerbund (in Luxemburg).
  • 4. der Allgem. Luxemburger Handwerker- und Arbeiterunterstützungsverein (in Ettelbrück).

    Auch hatten manche Betriebe schon seit langen Jahren sog. Betriebs- oder Fabrikkrankenkassen, in denen Teile ihre Arbeiter freiwillig versichert waren. Auch diese Kassen durften bestehen bleiben: ihre Zahl betrug beachtliche 48 im Jahr 1902, allmählich sank ihr Anteil ...
    Neu hinzu kamen nach 1902 die Bezirkskrankenkassen (Capellen, Clerf, Diekirch/Vianden, Echternach, Grevenmacher, Mersch, Redingen, Perlé, Remich, Wiltz, Petingen, Esch/A., Rümelingen, Bettemburg, Luxemburg I (Bauten), Luxemburg II (Metall), Luxemburg III (Nahrungsmittel), Luxemburg IV (Bekleidung), Luxemburg V (Handel), Luxemburg VI (Allgemeine), Luxemburg VII (Land) - 21 an der Zahl. Nur die Bezirkskassen des Kantons Luxemburg unterstanden einem Zentralvorstand.

    In Luxemburg gab es ab 1901 Pflichtversicherungen für Arbeitnehmer ...


    Nach der militärischen Besetzung Luxemburgs durch deutsche Truppen im Mai 1940 kam das Land unter deutsche Zivilverwaltung. Ab dem 2. August 1940 gehörte der Distrikt Diekirch zum Bezirk des Chefs der Zivilverwaltung im CdZ-Gebiet Luxemburg. Zu seiner Verwaltung wurde ein deutscher Verwaltungskommissar in der Stadt Diekirch eingesetzt.

    Die Verordnung über den Verwaltungsaufbau in Luxemburg vom 14. November 1940 bildete ab 1. Dezember 1940 den bisherigen Distrikt Diekirch in den neuen Landkreis Diekirch nach deutschem Vorbild um. Sitz der Kreisverwaltung, die nunmehr ein Landrat leitete, blieb die Stadt Diekirch.

    Durch Verordnung des Gauleiters vom 30.9.1940 wurde mit Wirkung vom 1.10.1940 die Reichsversicherungsordnung und damit auch die reichsbesetzliche Krankenversicherung im Gebiet Luxemburg eingeführt.
    Das deutsche "Gesetz betreffend der Krankenversicherung der Arbeiter" trat am 1. Dezember 1884 in Kraft - ein Bollwerk der Monarchie gegen die aufstrebende Sozialdemokratie. Alle im Handwerk und in der Industrie beschäftigten Arbeiter mussten nun in Krankenkassen versichert werden. Die bestehenden Krankenkassen, und damit auch die Innungskrankenkassen, die aus der Tradition der Zunft- und Gesellenkassen entstanden waren, wurden als Träger der neuen Gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen. Die deutsche AOK wurde 1884 gegründet - unmittelbar nach der Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung (1883) durch Reichskanzler Otto von Bismarck. Anfangs gab es 8.200 Ortskrankenkassen, denen die Arbeiter zugewiesen wurden, wenn sie nicht anderweitig zu versichern waren. Ab 1892 konnten auch Angestellte und Heimarbeiter neben gewerblichen Arbeitern Mitglied werden. 1933 wurde die deutsche AOK "gleichgeschaltet" und von parteitreuen Beamten verwaltet.

    Vorgestellt wird das Türschild der Wiltzer "Allgemeinen Ortskrankenkasse". Zu den kleinen Gehässigkeiten des Besetzers gehörte die Vergewaltigung der Namen: am 12. 3. 1941 erfolgte die Umbenennung der Stadt Wiltz in Wilz