Innere Medizin


Elektrokardiograph (1)

Fa. Schwarzer / München um 1956 

Wie fast alle Erfindungen, ist auch der Elektrokardiograph das Resultat einer jahrzehntelangen, multinationalen Gemeinschafztsaktion: 1843 konnte der Italiener Carlo MATTEUCCI (1811-1868) eine mit der Muskelbewegung einhergehende elektrische Reaktion nachweisen - auch am Herzmuskel.

1876 gelang dem Franzosen Etienne Jules MAREY (1830-1904) die graphische Darstellung dieser elektrischen Ströme. Bei dieser Darstellung erwies sich das 1873 von dem luxemburgischen Physiker Gabriel LIPPMANN (1845-1921) entwickelte Kapillarelektrometer als wenig praktisch. Erst als man 1900 über das Saitengalvanometer des Holländers Willem EINTHOVEN verfügte, gelang es, praktisch verwertbare Herzstromkurven aufzuzeichnen .

Unter dem Datum des 2.9.1936 finden wir im "Escher Tageblatt" diese sonderbare Beschreibung eines frühen Eletrokardiographen:
"Die feinste Analyse dieser Art wird mit Hilfe des sogenannten Elektrokardiographen ausgeführt ; die Kurve ist das Elektrokardiogramm. Bei dieser Untersuchung werden feine Nadeln in zwei verschiedene Stellen der Haut eingestochen und durch Drähte mit der Apparatur verbunden. So werden die feinsten Schwankungen der elektrischen Eigenströme registriert, die von der Haut ausgehen, und diese Schwankungen entsprechen der jeweiligen Durchblutung, die wieder ihrerseits in unmittelbarer Abhängigkit von der Herztätigkeit steht.
Dr. E.J.".

Die ersten Geräte zeichneten die Kurve auf Photopapier, das in einer Dunkelkammer entwickelt werden musste: für die Praxis war die Methode nicht reif. Als aber nach dem 2. Weltkrieg neue Registrierverfahren (Thermoschrift und Flüssigkeitsstrahl) zur Verfügung standen, hielt das EKG Einzug in die medizinische Praxis: ab 1948 wurden Elektrokardiographen als "Direktschreiber" auf den europäischen Markt gebracht, so von den Firmen HELLIGE und SIEMENS.

Der hier vorgestellte tragbare "CARDIOSCRIPT II" der Firma SCHWARZER (Baujahr vermutlich 1956) stammt aus dem Nachlass des Arztes Pierre BRÜCK (1926 - 2001) aus Gasperich, der sich 1957 als Internist in Ettelbrück niederliess. Der Einkanal-Direktschreiber wiegt stolze 17 Kilogramm!


Zur Firma SCHWARZER
Als Elektrofrequenz Fritz Schwarzer & Co. gründete der Namensgeber sein Unternehmen 1936 in Falkensee bei Berlin. Nach dem Krieg verlegte die Firma ihren Sitz ins niedersächsische Alfeld an der Leine. Schon 1946 brachte Schwarz den ersten in Deutschland industriell hergestellten Elektro-Encephalographen zur Messung von Gehirnströmen auf den Markt. Zwei Jahre später folgte der erste in Europa hergestellte direktschreibende Elektrokardiograph. 1953 erfolgte wiederum ein Umzug, diesmal nach München. Seit dieser Zeit firmiert das Unternehmen als Fritz Schwarzer GmbH. Auch nach dem Verkauf der Schwarzer GmbH an den US-Konzern American Optical schrieb die Schwarzer GmbH weiter Medizingeschichte. 1973 wurde das erste digitale EKG-System TS 5000 vorgestellt - mit Zwischenspeicherung auf Kassette und digitaler Fernübertragung. 1981 wurde Schwarzer von der US-Firma Picker International übernommen, und elf Jahre später verkaufte Picker das Unternehmen für Medizintechnik an den Pharmakonzern Madaus.
Dieses Engagement fand 1995 ein Ende; im Rahmen eines Management-Buy-Out wurde die neue Schwarzer GmbH gegründet...