Innere Medizin


Der Wasserturm auf Limpertsberg

Fotokarte, August 1914 

Gleich zwei unnütze Sachen erkennt man auf diesem Bild:
- die deutsche Kanone, die man 1914 aufstellte, um den Deutschen Kaiser vor französischen Angreifern zu schützen,
- den Wasserturm, den die Stadt Luxemburg 1902 erbauen liess, um sich aus den Kopstaler Quellen mit Trinkwasser zu versorgen.

Zur Kanone
Am 1. August drangen deutsche Truppen im Norden Luxemburgs ein und bereiteten sich zum Vorstoss nach Frankreich vor. Am gleichen Tage mobilisierte Frankreich seine 5. Armee im Norden und Osten Frankreichs. Am 3. August erklärte Deutschland seinem Erbfeind Frankreich den Krieg – es war zur grossen Hatz geblasen.... In den Vormittagsstunden des 9. August wurden französische Flieger über Luxemburg gesichtet und aus Ballonabwehrkanonen (BAK) beschossen (Faber S. 40). In der Nacht vom 22. zum 23. August 1914 warf ein französischer Lenkballon Bomben auf die Gleisanlagen am Hauptbahnhof. Getroffen wurden ein Garten auf Bongeschgewan, die Gleise südlich der Bonneweger Brücke, das Fürstenpavillon neben dem Hauptbahnhof und das Hôtel International - die Stadtluxemburger mussten von nun an täglich mit Luftangriffen rechnen ... Die Bombardierung vom 22/23. August war eine unmissverständliche Warnung an die deutschen Truppen, die sich in Luxemburg sammelten und zum Grossangriff auf Frankreich ansetzten... Der deutsche Kaiser war „persona non grata“ in Luxemburg - seine hochkarätiges Gefolge (Reichskanzler v. Bethman-Hollweg, Generalstabschef v. Moltke, Kriegsminister v. Falkenhayn ab dem 28. August 1914 machte die Stadt zu einem möglichen Ziel des Gegners – die Stadtbevölkerung war alles andere als beglückt ob dieses brisanten Besuches. Auch die Deutschen empfanden das Risiko und postierten ein „Abwehrkanönchen“ (zit. Robert S. 18) auf der höchsten Erhebung der Stadt, auf dem Limpertsberg. Das „Kanönchen“ sollte also das Quartier des Kaisers in der deutschen Gesandschaft im Eicherberg absichern, das Quartier von Moltke im „Kölnischen Hof“ in der av. Porte Neuve, die Quartiere des Reichskanzlers und des Ministers des Äusseren in der Maison Dutreux (heutiges Museum der Stadt Luxemburg) sowie die Unterkunft der Herren vom Stab im Hotel Staar am Bahnhof. Geschützt wurde schliesslich das eigentliche Quartier des Generalstabs im Schulgebäude Aldringen gegenüber der Hauptpost... Schliesslich wimmelte die Stadt und Umgebung nur so von Truppen die für französische Flugzeuge eine lohnenswertes Ziel abgegeben hätten: das Zeltlager auf dem Plateau Bourbon, von der Bevölkerung „Buffalo Bill“ genannt, war aus der Luft kaum zu verfehlen.

Kanonentypen
Die Forderung nach der Entwicklung von Spezialgeschützen führte zur Konstruktion verschiedener BAK - Typen der Firmen Ehrhardt (Rheinmetall) und Krupp. So entstanden die Typen
- 5 cm L/30 (Ehrhardt 1906),
- 6,5 cm L/35 (Krupp 1908) mit Reichweiten bis zu 5 000 m, später die Typen
- 6,5 cm L/35 auf Kraftwagen ) Kw) von Ehrhardt und der
- 7,7 cm BAK L/27 von Krupp mit erweiterter Geschoßlughöhe und größerer Anfangsgeschwindigkeit (Vo).

"In 1907 German Army tested as anti-aircraft-guns the guns then adopted by field and foot artillery: 7.7cm field gun, 10.5cm light field howitzer and 10cm heavy gun. In spite of the lack of interest shown by the Army, studies went on. Between 1908 and 1910 a lot of new guns appeared. Krupp produced a 7.5cm L/35 gun on wheels and a 7.1cm L/30 gun on a motor car, while Rheinmetall a 6.5cm L/35 pivot gun. War Ministry ... laid down the rules for the Ballonabwehrkanone (Bak = anti-balloon gun). These demanded the calibre and the ammunition of the 7.7cm L/27 field gun and devices for a rapid change in azimuth and elevation. The gun had to be transported by a field carriage or mounted on a motor car with a pivot. Between 1911 to 1914 both Krupp and Rheinmetall produced some different pattern of Bak.
In August 1914 Germany had available six motor Bak with a 77mm L/27, two wheeled 77mm L/27 with pivots, and ten mixed older models of experimental 77mm dating back to 1910-1914. The horsedrawn Bak were emplaced near bridges over the river Rhein at Dusseldorf and Mannheim, at the Zeppelin wharf at Friedrichshafen, and at the dirigible hangar at Metz. The six motorized Bak went to the 4th, 5th, 6th, 7th (two) and 8th Army. They were emplaced to protect areas and objects important for mobilization. The development of anti-aircraft artillery in German Army was very quick."

1909 präsentierte die Firma Krupp eine Anzahl von Varianten ihrer 65-mm-, 75-mm- und sogar 105-mm-Geschütze für die Luftabwehr. Bei Beginn des Ersten Weltkriegs war die 75-mm-Kanone das deutsche Standardgeschütz, das auf einer transportablen Lafette montiert war. Ab 1916 wurde von Krupp die 8,8 cm Kraftwagen-BAK ausgeliefert.

Zum Wasserturm
Unter medizinischem Gesichtspunkt interessiert uns besonders der Wasserturm, im Hintergrund des Bildes zu erkennen. 1885/87 war auf Anregung eines Stadtrates, des Arztes Jean-Pierre HERRIGES (1842-1907) von den Unternehmern Pies und Betz ein Wasserhochbecken auf der höchsten Stelle des Limpertsberges erbaut worden, die "Waasser-Knupp", ein mit Erde überschütteter "unterirdischer" Behälter, der aus Quellen am Eicher Tor gespeist wurde. Diese Quellen aber erwiesen sich 1890 als typhusverseucht - den Luxemburgern steckte der Schrecken der letzten Typhus-Epidemie von 1878 noch tief in den Knochen; man beschloss daher umgehend, Trinkwasser aus dem fernen Kopstal über den Bridel nach dem Limpertsberg heranzuleiten und es von diesem Punkt aus über die Stadt zu verteilen ...
Am 31.3.1902 wurden die Pläne und Kostenanschläge für einen neuen Hochbehälter auf dem Limpertsberg genehmigt, die Arbeiten an den Unternehmer Ledrut vergeben. Der Turm wurde 1902/03 neben dem ersten Behälter erbaut. Der Überlauf des neuen Turmes lag bei 365 müM (der Höhe der Kathedraltürme): das Niveau des Kopstal-Brideler Behälters aber lag 45 m höher. Damit war der Limpertsberger Wasserturm komplett überflüssig, unnütz wie ein Kropf, und wurde nie (!) als Druckausgleichsturm benutzt - er ist und war stets "trocken". Bezeichnenderweise hat nie ein Photograph den Weg dorthin genommen, um den (ansonsten esthetisch durchaus ansprechenden) Turm abzulichten und das Motiv für eine Ansichtskarte zu verwerten.

Dennoch blieb der Wasserturm das Wahrzeichen des aufstrebenden Wohnviertels !
Nota: der Behälter am Fusse des Turmes ist in Betrieb; davon aber sieht der Wanderer nichts ...