Geburtshilfe


Instrumententasche (1)

Maulbügeltasche, um 1940

Zur charakteristischen Requisite der Landhebamme wurde ihr Handkoffer, in dem sie - dem unkeuschen Auge der Dorfjugend verborgen, ihr geheimnisvolles Material mit sich führte.

Bekam dennoch ein Kind den Handkoffer zu Gesicht, so wurde ihm die Geschichte vom "Koffer mit dem Kind" aufgetischt: die sagenumwobene Tasche wird von Simon, (dessen Urgrossmutter Hebamme gewesen war) beschrieben . Noch als Erwachsener vermochte er sich vorzustellen, wie er als "Ungeborener" in der Tasche eingepackt, auf die Geburt warten musste. Er schreibt: "Die Tasche war gross. Oben war ein starker, eiserner Verschluss, versteht sich, denn was wäre geschehen, wenn eine falsche Hand einmal hineingegriffen hätte? Niemand anders als die Hebamme hatte den Schlüssel dazu. Die Tasche war aus schwarzem Tollzierih. Wer den Stoff nicht kennt, denke an "toile cirée", man wird dann schnell schon das richtige finden.

Was also enthielt die Tasche wirklich? Das Luxemburger Gesetz vom 20.1.1843, reglement III, art.2. hatte von den Hebammen eine minimale Ausstattung verlangt:
"une grande seringue, une seringue pour les enfants, une sonde de femme, des ciseaux à pointe mousse".

Auf Dauer war diese Ausstattung nicht ausreichend. So begann man ab 1877, den Abgängern der Luxemburger Hebammenschule eine verbesserte "Trousse" als Belohnung mit auf den beruflichen Weg zu geben. Unter dem Deckmantel der Belohnung wurden diese Taschen an die besten Schülerinnen verteilt: Basisarbeit. 1894 hatten die ledernen Taschen folgenden Inhalt: ein Irrigator, ein Schlauch von 1,5 m mit Hahn, eine Milchpumpe, ein Fläschchen "acide phénique, ein Fläschchen mit Zimmt-tinctur, ein Fläschchen mit Hoffmannstropfen, ein Massbecher, eine Einlaufbirne, eine "canule à lavement en étain", eine "canule pour injections en étain", eine Frauenurinsonde, eine Badethermometer, ein Maxima-thermometer, ein Stillhütchen "tétine", ein Paar Scheren, eine Bürste und eine Nagelfeile.

Geburtshilfe auf dem Lande war Frauensache. Eine Hebamme sagte mir, weshalb Hebammen früher immer eimerweise heißes Wasser verlangten - um die Männer zu beschäftigen und aus dem Weg zu schaffen.

Da manche Hebammen (im Mittelalter vor allem die "nicht vereidigten") sich als Engelmacherinnen betätigten, will ich hier hurz beschreiben, was sich noch so alles an dunklen Mitteln in dem Köfferchen befunden haben mag ...

  • Lebensbaum, Sadebaum, enthält Thujon, einen stark nerventoxischen Wirkstoff, der starke Krämpfe und Blutungen der Gebährmutter auslöst.
  • Angelika( Wurzel und oleum angelicae = Öl, aus den Samen) in der Literatur sind Vergiftungen durch höhere Dosen zu Abtreibungszwecken erwähnt. Daher wohl der Name "Engelwurz".
  • Arnika: bei innerer Anwendung :konnte sehr schnell zum Abort führen
  • Rosmarin: grosse Mengen können zu Krämpfen und Gebährmutterblutungen führen.
  • Aloe, Bärentraubenblätter, Basilikum, Beifuss, Liebstöckel, Muskatnuss, Osterluzei , Raute, Thuja wirken alle abortiv!
  • Apiol, ein Wirkstoff der Petersilie, wirkt stimulierend und, allerdings erst in sehr hoher Konzentration, abortiv. Der heutige Strassenname "Pertersilienstrasse" stammt noch aus dem Mittelalter und bezeichnet eine Strasse, in der vorwiegend Huren wohnten (und arbeiteten).
  • Salbeitee hilft, gering dosiert, gegen Regelschmerzen. In hohen Konzentration soll man mit ihm abtreiben können.
  • um 1900 wurde mit geringkonzentrieter Blausäure abgetrieben.