Innere Medizin


Apotheken-Rezept (8), 1941

Herzmittel 

Am 27. Mai 1941 verschrieb Dr. Alfred WIROLLE (1893-1955) seinem Patienten H. Greiveldinger PUROSTROPHAN, ein orales Strophantinpräparat. Amüsant ist die empfohlene Dosierung: 3-4 Tage die Woche !!! Das erinnert mich an meine Mutter selig, die ihre Herztabletten nur bei herannahender Föhnfront einnahm: alte Praktiker rieten auch bei dem früher als Herzmittel viel eingesetzten Digitalis zu einer "Wochenendpause", aus Angst vor einer Überdosierung! Auf diese Art kam keine Vergiftung, aber auch nie ein wirklich ausreichender Wirkspiegel zustande ...

Interessant ist das Rezept auch auf dem Hintergrund der aktuellen Bestrebungen, orales Strophantin von der Rezeptpflicht zu entbinden.

Zur Geschichte des Strophantins
Strophanthin kommt im Samen von verschiedenen afrikanischen Pflanzen der Gattung Strophanthus (Familie der Hundsgiftgewächse) vor. Die Eingeborenen Afrikas verwenden die Samen der Strophanthus-Arten als Pfeilgift. Die Herzwirkung des Strophanthus-Samens wurde 1859 per Zufall entdeckt:
"1859 erkrankte der Engländer Dr. Kirk, Konsul von Sansibar, auf einer seiner Reisen ins Sambesigebiet an einer Tropeninfektion. Er klagte über beklemmende, stechende Schmerzen in der Herzgegend. Kirk hatte in sein Reisegepäck Samen der Liane Strophantus gratus gesammelt. Er hatte erfahren, dass die dortigen Eingeborenen aus diesen Samen ein Pfeilgift herstellten. Die eingesammelten Strophantussamen verunreinigten seine Zahnbürste, die er wie die Samen in seinem Reisegepäck mit sich trug. Beim Zähneputzen verschwanden wie durch ein Wunder seine Herzbeschwerden. Mit diesem Urdoppelblindversuch beginnt die Geschichte eines der segensreichsten Arzneimittel, das der Menschheit zufällig in die Hände fiel: Dr. Kirk brachte den Strophantussamen nach England. Konsul Kirk berichtete über seine Erfahrung, die er während seiner Reise ins Sambesigebiet beim Zähneputzen gemacht hatte: Sie deutete auf eine verblüffende Arzneiwirksamkeit"

(https://herzinfarkt.twoday.net/20050225/).

 

Der schottische Botaniker Dr. Johann Kirk, Begleiter David Livingstones auf einer Expetition in Süd-Ost-Afrika im Jahre 1859, hatte seine Zahnbürste eines Tages versehentlich in eine Tasche gesteckt, die mit pulverisierten Samen des Kletterstrauches Strophantus kombé verunreinigt war. Als Dr. Kirk, der an Angina pectoris litt, diese beim Zähneputzen unbemerkt mitbenutzte, spürte er erst einen bitteren Geschmack im Mund, und daraufhin verschwanden unmittelbar seine Herzbeschwerden.


1862 gelang es dem Pharmakologen und Kliniker Thomas FRASER (1841-1920) aus Edinburgh, aus dem Samen des Strophanthus kombé k-Strophanthin zu isolieren. 1885 wurde der Gesamtextrakt von S. kombé als Tinctura strophanthia in die Herztherapie eingeführt und 1893 ins deutsche Arzneibuch aufgenommen. 1888 isolierte der französische Chemiker Arnaud das g-Strophanthin aus Strophanthus gratus und Acokanthera ouabaio, welches ab 1904 als Reinsubstanz zur oralen Einnahme zur Verfügung stand.
Die therapeutische Weiterentwicklung und der Nachweis der schnellen und starken Wirkung bei intravenös verabreichtem k-Strophanthin geht auf den deutschen Arzt Albert FRAENKEL (1864-1938) zurück, der es ab 1905 bei Herzinsuffizienz anwandte. In Zusammenarbeit mit ihm entwickelte das damalige Pharmaunternehmen Boehringer Mannheim die erste intravenöse Darreichungsform Kombetin®, die bis zum Ende des 20. Jahrhunderts im Handel war. Ab 1906 war der Einsatz intravenös applizierten Strophanthins allgemein anerkannt.

 

Zur Geschichte der oralen Verabreichung des Strophantins
Historisch ist die orale Verabreichung die ursprüngliche Darreichungsform: in der Tat wurde die Herzwirkung des Strophanthus-Samens 1859 entdeckt, als während der Livingstone-Expedition in Afrika die Zahnbürste des Arztes und Biologen Dr. John KIRK (1832-1922) von diesem unbemerkt in Kontakt mit dem Strophanthus-Pfeilgift kam und unmittelbar darauf ... dessen Herzbeschwerden verschwanden.
Da in den damaligen Ostafrikanischen Kolonien das Deutsche Reich laufend mit gewollten oder ungewollten Vergiftungen mit diesem Pfeilgift konfrontiert war, zeigte sich die deutsche Forschung dieser Substanz gegenüber besonders "aufgeschlossen" - man ersann (nicht wirksame) Impfstoffe, Antidote etc. Auch die Grundlagenforschung war in höchstem Masse an der Substanz interessiert, zumal das wirtschaftliche Interesse an einem wirksamen Herzmittel nicht zu unterschätzen war ...


Ernst EDENS (1876-1944) setzte ab 1928 intravenöses (!) Strophanthin auch bei Angina Pectoris und Herzinfarkt erfolgreich ein, einer damals noch seltenen Erkrankung. Der Stuttgarter Internist Berthold KERN entsann sich der oralen Form und führte 1947 oral (!) verabreichtes g-Strophanthin zur Vorbeugung und Behandlung der Angina Pectoris und des zunehmend aufkommenden Myokardinfarktes ein. Aus der ärztlichen Praxis ist die Substanz so ziemlich verschwunden, sehr zur Verdrossenheit der Anhänger des oralen Strophantins als vorbeugendes Mittel gegen Herzinfarkt ...

https://strophanthin.twoday.net/
https://www.neuwinger-online.de/ethnobot.html
https://herzinfarkt.twoday.net/topics/Strophantin%2Bvor%2Bdem%2BAUS/