Chirurgie


Nahtmaterial: sog. Raupendarmfäden

Silkworm, um 1920 

 

Aus den FANDRE-Werken in Nancy kommt das kuriose, heute verlassene Material "silkworm gut" (Crins de Florence).


Während bei der klassischen Seide der fertige Kokkon abgewickelt wird, tötet man zur Herstellung von "silkworm gut" die Puppe direkt v o r dem Kokkonstadium (durch Eintauchen in ein Säurebad), öffnet den Körper des Tieres und extrahiert den Faden aus der Seidendrüse.


Klassische Fabrik wurde J&J: 1887 stellten die Brüder Robert Wood und James W. JOHNSON antiseptische und resorbierbare Nahtmaterialien her (Catgut und Seide), die in Öl konserviert wurden. Schon 1888 lieferte das Werk Meterware (der Chirurg konnte aus einer Glasflasche exakt die Menge Faden herausziehen, die er benötigte).


1890 kam "Silkworm gut" ins Sortiment, 1892 Silberdraht, gefolgt von Kanguruhsehne, Pferdehaar und Nabelschnurfäden, die man inzwischen verlassen hat.

Gustav KLEIN berichtete 1907 über seine sehr positiven Erfahrungen mit der Silknaht bei Laparotomien (Zbl.Gyn. nr.33 1907 S. 1004). Auch R. Benndorf lobte die Vorzüge des Materials (Zbl.Gyn. 1907 nr.51 S. 1602)
Das Material war bei Chirurgen beliebt. Da es sich nicht auflöste und lokal gut vertragen wurde, eignete sich insbesondere als intrauteriner Fremdkörper: so wundert es nicht, wenn der deutsche Arzt Richard RICHTER aus Waldenberg bei Breslau 1909 eine ringförmiges Geflecht (Durchmesser 27 mm) aus Draht (gedrillter Bronze-Aluminium-Draht) und "silkworm gut" in die Gebärmutter einführte, und auf einen kontrazeptiven Erfog hoffte - er publizierte nie irgendwelche Erfolge, da die Kontrazeption in Deutschland verboten war und sich RICHTER ernstlichen Schwierigkeiten ausgesetzt hätte. So kam es, dass der Berliner GRAEFENBERG die Methode um 1928 "neu entdecken" konnte und in der Zeit 1928/30 drei Arbeiten publizierte, in denen er über Kontrazeption mit verschiedenen Formen seines "Silk Star"-Intrauterinpessars berichten konnte.