Chirurgie


Hautklammerbesteck

Klammerungsset n. MICHEL, um 1930 

Schon "primitive Völkerschaften" hatten Techniken der Wundversorgung entwickelt. So benutzten brasilianische Indianer Ameisen mit starken Zangen, um eine Wunde zu klammern: die Köpfe werden den TIeren abgerissen sobald sie sich an den Wundrändern festgebissen haben.

Die moderne Chirurgie entdeckte diese Klammertechnik wieder und entwickelte sie zur "serre-fine" und zu den "Kölner Sparklammern". Mit ihnen konnte man im Ernstfall Wunden klammern, ohne die Haut zu betäuben.

a) Vorgestellt wird ein Besteck zur Wundnaht, frei nach Dr. Paul MICHEL (Congrès international de médecine 1900, section de chirurgie) -

Das ursprüngliche Gerät war eine "pince-revolver", ein Automat, aus dem man, ohne abzusetzen, 50 Agraffen schiessen konnte.

Die meisten Chirurgen aber waren eher an den Umgang mit normalen Pinzetten gewohnt und zogen es daher vor, die MICHEL'schen Klammern mit einer Pinzette zu setzen; allerdings benötigte man eine spezielle Pinzette mit 3 Zähnen auf jeder Seite. Der hier vorgestellte Kasten, ein vom Instrumentenmacher Moitzheim in Luxemburg geliefertes Metalletui, enthielt ursprünglich:

  • eine schmale Pinzette zum Anheben der adaptierten Wundränder,
  • eine breite Pinzette zum Anlegen der Klammern,
  • 25 Wundklammern aus Reinnickel und
  • 2 Häkchen zum Entfernen der Klammern.

Mit speziellen Agraffenhebern (nach MICHEL oder JOLY) wurden die MICHEL'schen Wundspangen geöffnet und "ausgehoben".

b) Die hier vorgestellte einzelne kombinierte Pinzette/Zange der französischen Firma DRAPIER dient zum einen zum Setzen der Klammern (rechter Teil), zum andern zum Entfernen (linker Teil). Im SIMAL-Katalog von 1936 finden wir sie als "pince à double usage pour poser et retirer les agrafes"

c) Rechts daneben eine moderne, US-amerikanische Klammer-entfernungszange einer Fa. "A". Leichtmetall, feste Nietung.


In der luxemburgischen Tagespresse finden wir gelegentlich Belege für die Anwendung dieser (oder ähnlicher) Klammern:
"Schieren, 3. Juni. Am Biertisch. Eine geringe Diskussion in einer hiesigen Gastwirtschaft führte abends zwischen zwei Gästen zu Streit, wobei der Landwirt Joh. Metz vom Schierenerhof seinen Gegner so unbarmherzig schlug, daß derselbe des Arztes bedurfte. Dieser mußte zum Schließen der Wunden einige Klammern ansetzen" (Escher Tageblatt vom 3.6.1935).
"Düdelingen, 14. Nov. Beim Spiel im Schulhof prallten zwei Kinder mit solcher Wucht mit den Köpfen zusammen, dass beide eine zentimeterlange Wunde über dem Auge davontrugen, die der Arzt zuklammern musste" (Obermoselzeitung vom 14.11.1936).
"Wiltz. 9 . Mai. Der 12-jährige Sohn des Gasthausbesitzers Herrn Wilmes von der Lann in Niederwiltz, erlitt beim Holzzerkleinern eine ernste Handverletzung. Er wollte ein Stück Holz festhalten, das ein anderer Knabe spalten sollte. Dabei wurde er vom Beil an der Hand getroffen. Der Arzt musste Klammern einsetzen" (Luxemburger Wort vom 9.5.1940)
"Petingen. Sturz von der Treppe. Dieser Tage stürzte der pension. Eisenbahninspektor Mich. D. aus der Neustraße in einer Gastwirtschaft so unglücklich die Treppe hinunter, daß er sich außer schweren Quetschungen eine klaffende Wunde am Hinterkopf zuzog u. das Bewußtsein verlor. Erst zwei Stunden später fand das Dienstmädchen den Verletzten. Sofort sorgte man für eine Ueberführung in die Klinik. Der Arzt mußte D. mehrere Wundklammern einsetzen" (Escher Tageblatt vom 19.12.1941).