Antike


Skalpell (2), Griff

Skalpellgriff, um 100 n.Chr. 

 

lat. scalpellum, bzw. scalpellus, in der gleichen Bedeutung benutzte der Römer das Wort scalprum.

 

Skalpell lat. (scalpellus, scalper, culter)

 

" Von allen medizinischen Instrumenten ist das Skalpell sicher das bekannteste. Auch in diesem Bereich haben die römischen Ärzte wieder einmal einen Standart definiert, denn die Funde unterscheiden sich lediglich im Design der Verziehrungen. Die hier dargestellten Skalpelle stellen den Typ Skalpell mit Spatelende dar. Alle gemachten Funde, die datiert werden konnten, sind nicht älter als die frühe römische Kaiserzeit. Das könnte ein Anzeichen dafür sein, dass dieser Skalpelltyp eine römische Entwicklung ist. Da sich Form und Aussehen in der Kaiserzeit nicht mehr grundlegend ändern, kann davon ausgegangen werden, dass das Skalpell für die römischen Ärzte als ausgereift angesehen wurde.


Der Aufbau des Skalpells ist typisch für medizinische Instrumente der Römer, denn die meisten Instrumente waren zweiseitig benutzbar. Auf der einen Seite das eigentliche Skalpell, auf der anderen Seite ein myrtenblattförmiger Spatel, der dazu genutzt werden konnte, den mit dem Skalpell gemachten Einschnitt auseinander zu drücken, ohne ein anderes Instrument in die Hand nehmen zu müssen. Die Form der Klingen und der Spatel variieren sehr stark von Skalpell zu Skalpell und können als Spezialisierung der Skalpelle für bestimmte Aufgaben angesehen werden. Der Griff der Skalpelle besteht in der Regel aus Bronze, die Klinge hingegen aus Eisen, was auch erklärt, warum die Skalpelle meist ohne Klinge gefunden werden, da die Eisenklinge im Boden schneller vergeht als der Bronzegriff.


Um die Klinge am Griff zu befestigen, wurde der rechteckige Schaft am Griff mit einem schmalen Einschnitt versehen, der in einer Bohrung endete. In der Bohrung konnte dann die Klinge fixiert werden. Abgebrochene oder schartig gewordene Klingen konnten so ausgetauscht werden, ohne das komplette Skalpell entsorgen zu müssen. Da die Skalpellgriffe zum Teil kleine Kunstwerke waren, ist es erst recht verständlich, dass die Klingen ausgetauscht werden konnten.


Die Griffe der Skalpelle waren je nach Geldbeutel des Auftraggebers reich verziert. Oft wurden die Griffe mit Tauschierungen versehen, bei denen in eine Rille ein Metalldraht (z.B. Gold oder Silber) festgehämmert wurde. Es kann davon ausgegangen werden, dass so manches Skalpell bereits in der Antike nahezu unbezahlbar teuer war. In unserer heutigen Zeit wird man Mühe haben, einen Handwerker zu finden, der diese Kunst überhaupt noch beherrscht. Die Verzierungen waren vielfältig und reichen von Kreisen und Punkten über Efeuranken bis zu figürlichen Motiven wie zum Beispiel Vögel. Um schöner auszusehen, wurden die Griffe aber zum Teil auch mit Querwülsten zwischen Spatelende und Schaft versehen"
(zit.: https://www.antike-heilkunde.de/).

 

Mehrere griechische und römische Reliefs überliefern uns die Form der damals gebräuchlichen Chirurgenmesser, ein Relief aus römischer Kaiserzeit zeigt Messer mit runden Klingen und Spatelgriff, zwei Messer mit schmaler gekrümmter Klinge. Die runden Klingen konnten unterschiedlich lang und mit verschiedener Krümmung sein - je nach Verwendungszweck:
"sowohl spitze wie breite Messer zu verwenden, also nicht in allen Fällen einunddasselbe" zu benutzen (Der Arzt, Kap. 6).
"zum Schröpfen verwende man gebogene, an der Spitze nicht allzu schmale Messer" (Der Arzt, Kap.7).

 

Häufiger als die korrosionsanfälligen Stahlklingen haben sich die Messergriffe erhalten, die meist als Spatel ausgebildet sind. Diese Grifform ist so charakteristisch, das sich allein an ihr chirurgische Messer identifizieren lassen, auch wenn die Klingen verloren sind: zumeist war der bronzene Messergriff (lat. manubrium scalpelli) zu einem myrtenblattförmigen, beidseitig stumpfen Spatel ausgebildet, mit dem Varizen, Leistenbrüche, oder Tumoren nach der Durchtrennung der darüberliegenden Haut freipraepariert werden konnten, ohne dabei Blutungen auszulösen.


Einige spätrömische Messer zeigen Einlegearbeit aus Gold oder Silber im Schaft: Cave, Prominentenchirurg am Werk - das könnte teuer werden!

 

Der kräftige, im Querschnitt rechteckige oder runde Griff hatte am oberen Ende eine schlitzförmige, innen stabartig erweiterte Einlassung, in die die Klinge mit einer Nut eingepasst wurde - sie konnte nach Abnutzung entfernt und durch eine neue ersetzt werden.
"Das Heft trägt an seinem einen Ende einen mehr oder weniger tiefen Einschnitt, der bald in seiner Länge die gleiche Breite zeigt, bald jedoch sich nach der Mitte des Heftes zu gleichmäbig verjüngt. An seinem Ende aber verbreitert der Einschnitt sich wieder in der Weise, dab sein Querschnitt an dieser Stelle kreisförmig ist. In diesen Einschnitt passt nun das zur Befestigung im Heft bestimmte Ende der Klinge genau hinein. Die walzenförmige Verbreiterung hatte dabei den Zweck, ein Herausgleiten oder unfreiwilliges Herausdrücken der Klinge aus dem Heft zu verhindern" (*).

Diese Verbindung von Klinge und Griff bewährte sich so sehr, dass man sie in Kleinasien ebenso wie in Griechenland und Italien, Deutschland und England antrifft.

(*) Th. Meyer-Steineg und Sudhoff, Geschichte der Medizin im Überblick mit Abb. 1922, S. 17.

Fundort: Trier, am sog. Fleischmarkt
Länge 110 mm