Geburtshilfe


Nabelklemme (1)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sauberes Abnabeln war schon früher oberstes Gebot bei der Geburt – eine Verschmutzung barg die Gefahr der Sepsis oder des Nabeltetanos.
Bevor die Klemmen nach Dr. BAR in Umlauf kamen, unterbanden die Hebammen die Nabelschnur entweder

- indem sie die Nabelschnur verknoteten,

- sie mit Frauenhaar (v. Lesseps berichtet 1788 über diese Methode bei den Frauen in Kamtschatka),

- mit einem Faden abbanden, den die Hebamme von einem Garnknäuel abwickelte (vgl. Stich von Jost Amman für das Hebammenlehrbuch von Jakob RUEFF (1500-1558), später „fil ciré“,

- mit einem Leinenbändchen, oder

- mit einer Klemme unterbanden, die ihrerseits mit einem dünnen Faden an den Griffen vertäut wurde – die Arrêtierung mittels Haken war noch nicht erfunden. Zum Ligieren der Nabelschnur selber hätte sich dieser dünne Faden nicht geeignet, da er die Nabelschnur nicht abgeklemmt, sondern durchgeschnitten hätte… Dadurch wäre die Gefahr ernsthafter Blutungen aus der Nabelwunde resultiert!


Auf der Innenseite des Storchenkörpers befindet sich ein „Fatschenkind“ - nur bei geöffneter Klemme sichtbar!

Eisen, versilbert, 1850-1900.

Der Zweck dieser Klemme ist umstritten:

- "They are sometimes called umbilical cord clamps, or scissors, but were actually given as a present to the new mother to congratulate her on her new addition, and bring good luck".
- " Probably not for use by a midwife for putting on the umbilical cord post delivery (a function which is commonly attributed to them), but more likely used to thread ribbons in baby garments, which were removed for washing" (cit Phisick - Internet)".
- "a ribbon puller for threading ribbon through the eyelets in the top of antique cloth diapers".

- "Barocke Storchen-Nabelklemme. Solche storchförmigen Nabelklemmen wurden tatsächlich von Ärzten der Barockzeit bei Entbindungen verwendet. Der Storch als Kinderbringer trägt hier ein Wickelkind im Bauch und steht auf einem Glücksfrosch, dem volkstümlichen Symbol für die Gebärmutter. Die Klemme kann als Tischobjekt stimmungsvoll aufgestellt werden. Original: Silber, um 1710. Ursprünglich aus der Silberkammer der Münchner Residenz, heute in Privatbesitz. ARA-Museumsreplikat in versilbertem Metallguss. Länge 13 cm." (Verkaufspreis 35 Euro)

Abgebildet ist eine sehr ähnliche Klemme in dem Katalog „Geburtshilfe und Geburtsmedizin, Eine Veranstaltungsreihe des Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseums Wien, Oktober 1998 S. 91“. Während das Wiener Exemplar zwei Standplatten an den Storchenfüssen aufweist, findet man bei unserer Klemme eine einzige Platte – als Frosch resp. als Kröte ausgeformt. Gelegentlich werden im Handel Störche mit Schildkrötenfuss angeboten – u.E. fälschungsverdächtig, da die Schildkröte, im Gegensatz zur Geburtshelferkröte, in der geburtshilflichen Symbolik keinerlei Bedeutung aufweist.

 

Der Deutsche Ärzteverlag, der die Replik einer solchen Klemme zum Preis von 48 Euro anbietet, schreibt dazu:

"Solche storchförmigen Nabelklemmen wurden tatsächlich von Ärzten der Barockzeit bei Entbindungen verwendet. Der Storch als Kinderbringer trägt hier ein Wickelkind im Bauch und steht auf einem Glücksfrosch, dem volkstümlichen Symbol für die Gebärmutter. Die Klemme kann als Tischobjekt stimmungsvoll aufgestellt werden. Original: Silber, um 1710. Ursprünglich aus der Silberkammer der Münchner Residenz, heute in Privatbesitz. ars mundi-Museums-Replikat in versilbertem Metallguss, von Hand gegossen. Länge 13 cm".

Dazu eine persönliche Bemerkung: Ärzte haben nie, schon gar nicht in der Barockzeit, Kinder abgenabelt; das war stets Aufgabe der Hebamme.

 

Zur Omphalotripsie
Gelegentlich verzichtete der Geburtshelfer auf die Ligatur der Nabelschnur und quetschte stattdessen den Nabelstrang mit einem Omphalotriben (z.B. dem Modell n. HACQUET: Académie des Sciences de Paris, 1784). Verfechter dieser Methode war der 1845 in Paris geborene Charles PORAK. Er studierte Medizin in Paris, wurde "Interne" bei Just-Marie-Marcellin LUCAS-Champonnière (1843-1913), und promovierte 1878. Nach einigen Jahren Tätigkeit als "chef de clinique" bei Jean Anne-Henri DEPAUL (1811-1883) wurde er 1882 "accoucheur des hôpitaux" und war als leitender Geburtshelfer im Hôpital Saint-Louis und in der Maternité tätig, wo er Modernisierungsarbeiten durchführen liess. Er war ab 1894 Mitglied der "Académie de médecine", starb 1921 in Paris.

Er schrieb:

- Considérations sur l’ictère des nouveau-nés etc. Thèse de doctorat, 1878.

- De l’absorption des médicaments par le placenta et de leur élimination par l’urine des nouveau-nés. Paris, 1878.

- De l’influence réciproqué de la grossesse et des maladies de coeur. Thèse d’agrégation, Paris, 1880.

- De l’omphalotripsie au lieu de la ligature du cordon après l’accouchement, 1889.

- Statistique des présentations du siège à propos du pronostic et du traitement de ces présentations. Bull de la Soc obstétr., 1887.

- B. Porak, G. Durante, Les micromélies congénitales. Achondroplasie vraie et dystrophie périosteale. Nouvelle iconographie de la Salpêtrière, Paris, 1905, 18: 181-538. Vrolik’s syndrome.

Nota: in der Literatur werden vielfach Nabelschnurklemmen abgebildet, die sich bei näherem Hinschauen als … Zuckerzangen entpuppen!