Gynäkologie


Damenbinden (4), Torf-Moos

engl. "turf moss sanitary napkin", um 1900 

1882 wurde in Neustadt am Rübenberge (bei Hannover) durch den aus Bremen stammenden Carl Moritz Marwede (1851-1932) die “Fabrik für Torfstreu mit lokomobilem Betrieb” gegründet. Später entdeckte Marwede, dass Torfmoos (Sphagnum) aus den heimischen Mooren antiseptische Eigenschaften hat. Daraufhin stellte er die Produktion um und nannte die Firma ab 1888 „Fabrik für Chirurgische Moospräparate“. Erstmals wurde Torfmoos aus den Mooren als Naturstoff für Heilmittel, später auch für Hygieneartikel des Alltages, entwickelt und vertrieben. Die Produktpalette umfasste Verband-Moos, Moos-Pappe, Moos-Satteldecken und Geschirr-Unterlagen, Unterlagen für Wochenbetten, Periodenbinden für Damen, und Moos-Einlegesohlen.

1894 warb die Firma im Bilz-Gesundheitslexikon „Das neue Natur Heilverfahren“ in ganzseitiger Anzeige für „Marwede`s Moos-Binden“, einer modernen Damenbinde, im Versand. Dass diese Binden für den Einmalgebrauch gedacht waren, ersieht man ganz klar aus der Werbung: Moosbinde. Preis: Packet à 5 Stück 75 Pfg. Gürtel. Preis 60 Pfg. Jahresbedarf: 50 St. Binden inkl. 1 Gürtel 8 Mk. franko Zusend. u. Nachnahme. Nach Österreich-Ungarn zollfrei".

Man kann sich leicht vorstellen, dass diese Binden für die normale Verbraucherin zu teuer war, bis zum Durchbruch der Wegwerfbinden sollte es bis in die 30er Jahre dauern.

"Hygienische Consumartikel - Moosbinden für Damen, Mooseinlagesohlen, Moosunterlagen für Sieche, Wöchnerinnen, Gelähmte, Verbandkissen.
G. Beckstroem, Fabrik für chirurg. Moospräparate
Neustrelitz, Mecklenburg-Vorpommern" (aus: Bilz - das neue Naturheilverfahren, 25. Auflage).

Vorgestellt wird eine 5/8x36x1 cm messende Moos-Binde aus Privatbesitz, mit einer ganz persönlichen Geschichte. Dazu der Vorbesitzer, ein älterer Herr aus Düsseldorf:
"Ich glaube, dass es eine alte Damenbinde ist, weil ich dieses Stück bei der Wohnungs-auflösung einer Verstorbenen so um 1950-1960 mitgenommen habe. Soweit ich mich erinnere, war die Frau über 90 Jahre alt geworden. Geht man 40 Jahre zurück, wäre die Binde demnach 100 Jahre alt oder geringfügig älter. Als ich das Ding damals in den Händen hielt und als junger Bursche nicht wußte, was dies war und nachhakte, wurde es mir aus den Händen genommen mit der Bemerkung, "dass es nichts für mich wäre". Das hat mich natürlich neugierig gemacht und deshalb habe ich es wieder aus dem Korb genommen, dessen Inhalt für die Mülltonne bestimmt war. Ich habe das Teil mit spitzen Fingern angefaßt, auf den Dachboden gelegt … und vergessen. Später hatte ich es bei einem Umzug noch einmal in der Hand, jetzt, beim Aufräumen, habe ich dieses "Gebilde" wieder in den Händen gehalten und mich dazu durchgerungen, eine Fachmann zu fragen".
Die Binde stammt demnach rein rechnerisch aus dem frühen 20. Jahrhundert.